Ihr Kinderlein kommet

Weihnachten war für mich als Kind das schönste Ereignis des Jahres. Nichts war so spannend wie das Warten aufs Christkind und die funkelnde Ungewissheit, ob es das kleine Wesen im goldenen Kleid auch wirklich gibt. Schon nach dem Aufwachen hatte ich das Gefühl, dass heute, am 24. Dezember, das Haus anders aussieht, die Leute auf der Straße anders gehen, die Lichter noch heller funkeln. Das Baumschmücken, Michel aus Lönneberga gucken und zur Kirche Gehen, alles war zum Ritual geworden. Nichts schien schöner als der Moment, wenn ich die letzte Strophe von „Macht hoch die Tür“ schmettern konnte. Dann schnell raus zur Kirchentür und ab nach Hause, mit klopfendem Herzen. Auch der nächste Tag hatte noch diesen besonderen Glitter. Im Schlafanzug das neue Playmobil aufbauen oder den Puppenwagen das erste Mal ausführen, das waren echte Glücksmomente.
Nach und nach, mit zunehmendem Alter, hat das Fest ein bißchen an Zauber verloren. Das Christkind war eigentlich nur Papa, die Geschenke kamen in Geldscheinen daher und mit 18 Jahren ging ich sogar nachts noch feiern. In den letzten Jahren ist es zu einem schönen Come together geworden und ich habe mich auf meine Schwester, Onkel, Tante und Fondue gefreut. Es gab viel Sekt und gute Gespräche, aber auch zwei furchtbar langweilige Feiertage danach in Gammelklamotten und zu vielen Süßigkeiten.

Aber jetzt!!!! Juchuuu, er ist wieder da, der Glanz und Zauber. Seit mein Sohn Weihnachten, die Geschichte von Maria und Josef und die Sache mit dem Beschenktwerden versteht, ist es fast wieder wie früher. Wir waren alle mindestens so begeistert wie er von all dem Firlefanz rund um Adventskalender und Co. Wenn mein Sohn nicht wollte, las ich die Weihnachtsgeschichten eben für mich und fast war ich aufgeregter, als mein Papa als Nikolaus verkleidet an der Tür klopfte. Und der Heiligabend? Ich bin mir sicher, ich habe das Christkind noch gesehen, als es aus dem Fenster flog. Mein Sohn jedenfalls lief mit schnellen Schritten an die Tür, um ihm hinterherzuschauen, und seine Ernsthaftigkeit hat mich zu Tränen gerührt. Dann das Staunen über Wunderkerzen am Baum und die Geschenke darunter, die Begeisterung über die Straßenbahn und das verträumte Spielen mit den neuen Sachen -es ist wieder alles so, wie es sein muss. Und wenn ich mal wieder das Gefühl habe, Kinder zu haben und diese zu vernünftigen Menschen zu erziehen ist eine unüberwindbare Aufhabe und ich flipp aus bei all der Arbeit, dann weiß ich genau, dass alles tausendfach wieder zurück kommt. Und niemals lacht man so laut, als dann, wenn der zweieinhalbjährige Muckel auf meinem Arm während des Krippenspiels in der Kirche drei Mal laut das schlimme Wort mit Sch… ruft!

Alles Liebe,
Pia

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