Nein heißt Nein aus Elternsicht – Blogparade

Susanne vom Blog Geborgen-Wachsen und Andrea, die den Runzelfüßchen-Blog schreibt, haben zur Blogparade aufgerufen. Das Thema ist sehr interessant, darum möchte ich unbedingt auch etwas dazu schreiben. Es geht um das „Nein“ in der Erziehung, und zwar sowohl aus Eltern- als auch aus Kindersicht. „Nein“ ist nämlich das zweithäufigste Wort, das in unserer Familie verwendet wird, und kommt gleich nach „Hex-Hex“, dem Dauerbrenner meiner Bibi Blocksberg-verliebten Kinder.

Mein Nein

Ich muss zugeben: ich sage dauernd „Nein“. Was Gefahren betrifft, bin ich rigoros. Aber oft denke ich im Nachhinein auch, dass es doch jetzt gar nicht so schlimm gewesen, wenn Luise mit ihren Schuhen in die Matschpfütze gesprungen wäre. Dann hätten wir die Turnschuhe eben hinterher auf der Heizung getrocknet. Oder warum habe ich die Bitte um ein Überraschungsei im Supermarkt verneint, anstelle einfach mal ein Auge zuzudrücken oder zumindest eine plastikfreie Alternative anzubieten?

Ich würde fast sagen, dass 50 % meiner „Neins“ nicht sein müssten. Stattdessen könnte ich die Kinder lieber einfach ablenken, was sie meiner Ansicht nach nicht tun, essen oder spielen wollen – das funktioniert nämlich meist ganz gut. Oder einfach öfter mal „Ja“ sagen! Trödeln und ein bisschen zu spät kommen, noch auf dem Spielplatz bleiben, obwohl Zeit zum Abendessen ist, den Balkon unter Wasser setzen, weil Luise und Jimmy Lust zu planschen haben, aus dem Wohnzimmersofa eine Höhle bauen, auch wenn nachher die Bude total unaufgeräumt aussieht? Wieso eigentlich nicht? In diesen Punkten könnte ich viel lässiger werden, schließlich geht es um diese wunderbaren Spaßmomente, die entstehen können! Denn beim Kinderarzt müssen wir sowieso immer warten, da sind 10 Minuten Verspätung doch eigentlich egal. Und auf dem Spielplatz findet gerade so ein tolles Fußballmatch statt, da könnten wir doch auch mal um halb sieben essen, statt um sechs! Wie traumhaft sind diese kostbaren Momente, wenn wir uns gegenseitig mit Wasser bespritzen und unseren Sommerbalkon genießen, oder uns einfach in einer dunklen Höhle zusammen kuscheln und Bibi Blocksberg hören…

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„Nein“ klingt auch immer dann aus meinem Mund, wenn ich keine Lust zum Aufräumen und Aufputzen habe, weil ich zu faul und lustlos bin oder einfach meine Ruhe will. Schade, vielleicht sollte ich mir öfter einen Ruck geben. Irgendwann wollen meine Teenies keine Höhle mehr bauen, dann sitze ich vielleicht alleine unter den Polstern und höre Bibi Blocksberg…

Und es gibt noch die Auftritte meines Alter Egos, Fräulein Rottenmeier. Dann spreche ich Sätze wie „Wenn ich nein sage, meine ich auch nein“ oder „du tust jetzt, was ich sage“. Alles pädagogisch wertlos, das ist klar. Aber leider in meinem Fall unvermeidbar, da kann ich noch so viel Achtsamkeitstraining machen.

Es gibt auch ein „Nein“ zu den Kindern, zu dem ich stehe, und das ich für absolut richtig halte. Ein „Nein“ gilt absolut, und zwar erstens bei Gefahren, und zweitens bei unseren Familienregeln. Ich muss nicht weiter ausführen, dass die Kinder nicht an den Herd dürfen, wenn dort heißes Wasser sprudelt, sie die Hände weg von der Steckdose nehmen sollen oder ich strikt bin, wenn sich Jimmy und Luise mal wieder weigern, mit Sonnencreme eingeschmiert zu werden – geschenkt! Ein klares „Nein“ gilt bei uns aber auch, wenn es um Tischmanieren geht. Spielen mit dem Essen, Matschen am Tisch (sobald die Kinder etwas größer sind), Aufstehen, wenn andere noch speisen – das soll es bei uns nicht geben (theoretisch jedenfalls). Auch andere Familienregeln, die bei uns gelten, sind nicht verhandelbar. Bei uns darf kein Kind gebissen oder beleidigt werden. Auch der Umgang mit den Holzschwertern unterliegt Regeln. Fernseh- und Süßigkeitenkonsum ist beschränkt und abends ab halb neun ist Elternzeit. Die meisten anderen Dinge sind mit uns Eltern verhandelbar.

Deshalb finde ich, ein paar „Neins“ müssen sein. Es ist in einer Familie ein bisschen wie bei einem schönen Gesellschaftsspiel. Damit es allen Spaß macht, gibt es Regeln. Die werden vom dem einen oder anderen gerne mal hinterfragt oder gebrochen, aber ohne sie funktioniert das Spiel nicht richtig. Welche Spielregeln es gibt, ist natürlich von Familie zu Familie unterschiedlich.

Dass die Kinder bei so ziemlich vielen „Neins“ nicht hören, ist zwar im Moment für mich höchst ärgerlich, aber im Grunde bin ich froh, dass die beiden keine Soldaten sind, die jeden meiner Anweisungen direkt ausführen. Schließlich will ich auch nicht, dass sie später auf alles hören, was andere, vielleicht die falschen Menschen, sagen, sondern sich auf sich selbst verlassen. Dass sie das tun, sehe ich daran, dass sie tatsächlich weder auf die Idee kommen, in die Steckdose zu fassen, noch ohne zu schauen auf die Straße rennen.

Das Nein der Kinder

Warum ein „Nein“ der Eltern für mich durchaus seine Berechtigung hat, hat auch folgenden Grund. Mit meiner Aussage „Nein, ich möchte nicht, dass du um neun aus deinem Bett kommst, denn jetzt ist Mama- und Papazeit“, vermittele ich den Kindern auch, dass ich ein Mensch mit Bedürfnissen bin, die sie achten müssen. Denn das gleiche gilt für sie auch. Über ein „Nein“ der Kinder dürfen auch wir Erwachsenen nicht hinweg gehen. Am Wichtigsten ist mir dabei das „Nein“ zu allem körperlichen: wenn Jimmy nicht mehr gekitzelt werden möchte, höre ich auf. Wenn Luise es nicht mag, dass ich ihre Haare anfasse, lasse ich es. „Mein Körper gehört mir alleine und niemand darf damit etwas machen, was ich nicht mag“ – das ist das höchste Gut und dieser Grundsatz soll die Kinder vor allem auch vor Übergriffen Fremder beschützen.

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Auch der Umgang mit ihrem Eigentum ist wichtig. Luise ist ihr Pferdchen heilig, Jimmy seine Kalendersammlung. Wenn andere Kinder damit spielen wollen (passiert bei den Kalendern selten :-)), rutscht mir schnell ein „gib dein Spielzeug doch mal ab“ raus. Aber eigentlich sollten wir das Teilen von den Kindern nicht immer erwarten, denn sie lernen es nur selbst und aus eigenem Antrieb heraus.

Das „Nein“ der Kinder beim Essen möchte ich eigentlich auch respektieren, aber es fällt mir schwer. Zur Zeit essen Jimmy und Luise nichts, was ich koche, und das macht mich wütend. Eigentlich lautet die Regel, alles Fremde einmal zu probieren. Wenn es dann nicht schmeckt, gibt es etwas anderes. Allerdings schmeckt den beiden gerade nichts außer in Ketchup ertränkten Fischstäbchen oder Gummibärchen.

Ein „Nein“ der Kinder möchte ich dann anstandslos akzeptieren, wenn es um ihre eigenen Bedürfnisse geht, um ihre Freiheit, ihren Körper, ihr Eigentum. Aber zugegeben, über manche „Neins“ gehe ich natürlich auch hinweg, so wie sie es bei meinen tun. Und das ist wahrscheinlich auch ganz normal und gut so. Einem „Nein“ zum Zähne putzen, Waschen, Baden oder Nägel schneiden kann ich leider nicht nachkommen. Aber anstelle Fräulein Rottenmeier aus ihrem Käfig zu lassen, klappt es, mit Kinderbüchern oder kindgerechten Erklärungen Jimmy und Luise von der Sinnhaftigkeit der Körperhygiene zu überzeugen.

Und um den Kindern nicht jeden Spaß zu verderben, dürfen sie anziehen, was sie möchten, solange es irgendwie den Temperaturen draußen entspricht. Jimmy trägt nur orangene T-Shirts und Pullover mit Streifen, Luise zieht keine Hosen an, sondern mag bei Wind und Wetter Kleider mit Spitzensaum. Bei Einkaufen dürfen sie selbst wählen: ich halte drei T-Shirts hoch, sie suchen sich eines aus.

Wie Andrea vom Runzelfüßchen-Blog schließe ich meinen Beitrag zur Blogparade damit ab, dass Vertrauen in die Kinder unglaublich wichtig ist. Und es wird immer wichtiger werden, je älter sie sind. Ich wünsche mir, dass ich als Mutter ein „Nein“ der Kinder akzeptieren werde, wenn es um ihre Lebensentscheidungen geht, auch wenn es mir nicht in den Kram passt: wenn Jimmy mit 18 die Schule schmeißt, Luise ein Leben im Kloster in Erwägung zieht und Oskar auf Ganzkörper-Tattoos steht, dann möchte ich eine Mutter sein, die die Kinder in ihren Entscheidungen unterstützt und darauf vertraut, dass sie den richtigen Weg gehen werden.

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