Wie mache ich morgens drei Kinder fertig? Die Schulversion

Vor weniger als einem Jahr habe ich hier einen ganz ähnlichen Text veröffentlicht, der wie mache ich morgens drei Kinder fertig hieß. Eine Mutter kommentierte auf Twitter: „Kein Wunder, dass das so entspannt abläuft. Die hat ja auch kein Schulkind.“ Und auch wenn ich im Nachhinein finde, dass mein Text irgendwie ein wenig zu märchenhaft klingt und es keineswegs immer so easy war, die zwei Kindergartenkinder und ein Baby startklar zu machen, so stimmt es wirklich. Mit dem ersten Schulkind bekommt so ein Tag mit drei Kindern noch einmal ein ganz anderes Level. Von einem typischen Morgen möchte ich dir heute berichten. Du kannst dich entweder freuen, dass es bei dir nicht so chaotisch abläuft, oder du bist beruhigt, weil du weißt, dass es auch in anderen Familien morgens um sieben zugeht wie im Saftladen.

Aufstehen

Schon einmal versucht, ein sechsjähriges Kind, das abends gerne lange wach bleibt, um 6:45 Uhr aus dem Bett zu holen? Selten ist Jimmy begeistert, wenn ich ihn aus den warmen Decken pelle und ich kann das auch gut verstehen. Denn ich bin selbst morgens hundemüde und schaffe es auch mit den besten Vorsätzen nicht, abends früher ins und morgens früher aus dem Bett zu kommen. Also gehen wir beide mit kleinen Äuglein und mittelmäßiger Laune in die Küche, um erst einmal warme Milch und Kaffee zu trinken. Oskar und Papa sind dann meist schon wach und essen das erste Marmeladenbrot. Jimmy interessiert sich nach der Milch weder fürs Frühstück noch fürs Anziehen, sondern hat wie immer nur Fußball im Kopf. Er vertieft sich in ein Sammelalbum oder ordnet seine Medaillen. Währenddessen muss ich ihn anfeuern, einen Bissen zu essen, sonst passiert da nichts. Mein Kaffee ist das einzige Vergnügen, das ich mir gönne, denn nun muss alles rasch gehen.

Frühstück

Während ich also im Minutentakt Jimmy erinnere, sein Müsli zu futtern, schmiere ich drei Brote, schneide Paprika, Gurke und Apfel und setze Tee auf. Dann gehe ich Luise wecken und mache ihr Frühstück. Anton kümmert sich um Oskar, der erst einen Becher Milch umgekippt hat und nun brüllt, weil er das Smartphone nicht bekommt. Ich steige über das jammernde Kleinkind und suche diverse Hausschuhe, weil immer genau derjenige mit nackten Füßen über die Fliesen schlurft, der nachts am meisten hustet. Dann verteile ich Pantinen an Kinder und Pausenbrote in die Taschen, suche mal wieder die Trinkflaschen, die meist in der Turnhalle oder im Kindergarten rumfliegen und bin schon leicht genervt. Die Uhr tickt und Jimmy sitzt vor einer vollen Schüssel mit Cornflakes und murmelt Flüche vor sich hin, weil ein gewisser Goretzka zu Bayern wechselt, was in seinen Augen Verrat und pure Dummheit ist. Nun weise ich den Knaben darauf hin, dass er sich langsam anziehen möge und ermuntere die Mittlere, doch ein wenig zu essen. Sie ärgert sich, weil ich Apfel und keine Trauben in die Dose für den Kindergarten gepackt habe und findet den Pullover, den ich ihr rausgesucht habe, „soooo häääässsssssslich!“

Anziehen

Während sich Jimmy anzieht, tickt die Uhr. Fast jeden Morgen wird es knapp und knapper. Früher haben wir maximal eine hochgezogene Augenbraue der Kindergärtnerin kassiert, wenn wir nicht pünktlich zum Morgenkreis antanzten. Die Schule ist da eine andere Nummer und ich, die in ihrem ganzen Schülerleben niemals auch nur einmal zu spät gekommen bin, bin dadurch ziemlich nervös. Meine Nerven flattern ganz besonders dann, wenn das Kind die Unterhose über die Jeans zieht, weil es während des Anziehens das letzte Borussia Dortmund-Spiel mit einem Luftballon nachspielt und zeitgleich kommentiert. Luise hat sich währenddessen einmal durch ihren Schrank gewühlt, um endlich einen Pullover ihres Geschmacks zu finden. Anton müht sich mit Oskar ab, der Zähne putzen nicht leiden kann und sich laut brüllend auf dem Badezimmerboden wälzt.

Endspurt

Ich selbst bin immer noch im Schlafanzug und mein Puls ist mittlerweile um das doppelte gestiegen. Von Null auf hundert ist der Titel unserer Morgenroutine und es gibt keinen Tag, an dem nicht mindestens ein Familienmitglied schon vor 8 Uhr an die Decke geht. Meist enden die Morgenstunden dann besonders unharmonisch, wenn ich beim Brötchen schmieren denke, dass es heute aber ausnahmsweise richtig super läuft. So war es auch heute Morgen: Sanft wie ein Lämmchen beantworte ich jede Frage, stelle Luise Pullover-Wahlmöglichkeiten vor, singe noch ein Karius-Lied beim Zähneputzen und halte mich wacker bis – BÄÄÄÄÄÄHM, Jimmy im Flur nach seinem Schal sucht. Es ist keiner da. Keiner von fünfen. Neben all seinen Schals haben wir in diesem Schuljahr bereits vier Mützen, eine Fleecejacke, ein paar Handschuhe, zwei Butterbrotsdosen und eine Trinkflasche verloren. Ich verliere meine Fassung, teile dem Kind mit, dass ich ihm nicht wie gewünscht eine Packung Fußball-Sammelkarten kaufe, sondern das Geld wohl wieder in Schals investieren werde, woraufhin Jimmy aufheult und mir die Tür vor der Nase zuschlägt. Ich renne hinterher, erinnere ihn an seinen Husten, der uns allen den Schlaf raubt, binde ihm einen orangenen Ersatzschal um den Hals, den er mir vor Wut über die unzumutbare Farbe vor die Füße schmeißt. Viele Grüße an die Nachbarn, es war mal wieder ich, die morgens das Wohngebiet zusammengeschrien hat – Sorry!

Fix und fertig

Nun muss es aber flott gehen, denn Luise soll in den Kindergarten und ich an den Schreibtisch. Auch bei ihr dauert es eine Weile, bis ich alle sieben Sachen zusammengeklaubt habe. Als wir die Tür schließen, fällt ihr ein, dass das Kuschelpferd mit muss. Wir gehen noch einmal rein, ziehen Winterstiefel aus und suchen das Tierchen. Einen zweiten Wutausbruch möchte ich nun den Nachbarn zuliebe vermeiden. Ich bekomme noch mit, wie Anton den schreienden Oskar in den Kinderwagen setzt, um ihn zur Tagesmutter zu bringen. Er möchte unbedingt an Papas Geldbeutel, aber nachdem er die Kreditkarte neulich freudestrahlend herausgezogen und in den Gulli gepfeffert hat, ist Anton nicht mehr kooperativ.

Auf dem Rückweg vom Kindergarten halte ich mal wieder an der Schule und durchsuche die Fundsachen. Zwischen müffelnden Turnschuhen und angegammelten Brotdosen entdecke ich Jimmys blaue Mütze, den gelben Schal, einen einzelnen Handschuh und die Trinkflasche, in der noch der Kinderpunsch aus der Adventszeit vor sich hin mostet. Daraus nehme ich einen tiefen Schluck und setze mich erschöpft und übrigens immernoch in Schlafanzughose auf die Bank. Beim Vorbeigehen wirft mir ein Mann ein Eurostück in Jimmys Mütze, die neben mir liegt.

So mache ich morgens drei Kinder fertig. Aber am fertigsten bin immer ich!

Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura

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