Wieso der Eisköniginnen-Film ein seltsames Körperbild transportiert

Am Sonntag war ich mit meiner Luise und ihrer Freundin im Kino. Wahnsinnig lange Schlangen voller Eltern mit ihren kleinen Mädchen fanden wir vor. Wir schnappten uns die 3D-Brillen und setzten uns in den Saal. Um uns herum trugen die Kinder trükisfarbene Elsa-Kostüme oder kleine Krönchen und die Vorfreude war riesig groß.

Wir pfeifen auf den Prinzen

Auch ich habe mich gefreut. Ich mag moderne Animationsfilme nicht, weil sie mir zu schnell und zu anstrengend sind. Beim ersten Eisköniginnen-Film war ich überrascht, wie schön er doch ist. Ich mochte die (schmalzige) Musik, die Geschichte von zwei Schwestern und vor allem die Rolle der Elsa. Sonst bekommen in jedem Disney-Film die Prinzessinnen am Ende einen Mann. Nicht so bei der Eiskönigin. Es gibt ein erfülles Leben auch ohne Prinzen, das ist doch endlich mal eine gute Nachricht!

Auch der zweite Film hat mir Spaß gemacht, genauso wie den Kindern. Schneemann Olaf brachte den ganze Saal zum Lachen und das waren vielleicht die schönsten Momente: 200 Mädchen und ein paar vereinzelte Jungs, die sich kringelten. Dank der 3-D-Brille, der fulminanten Bilder und der emotionalen Musik waren viele Gänsehautmomente dabei und wir drei saßen gebannt im Sessel. Elsa hat am Ende wieder mal ohne Mann ihr Glück gefunden. Anna stürzte sich ohne Beschützer Christoph ins Abenteuer und die Geschwisterliebe stand im Zentrum, nicht die Hochzeit.

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich im Rahmen meiner Buchrecherche mit weiblichen Rollenbildern und es ist krass, wie stark uns Film und Fernsehen prägen. In meiner Jugend gab es kaum ein Disney-Märchen, in dem die Prinzessin nicht erst durch den Prinzen ihr Glück fand. Im Radio sang Britney Spears „Born to make you happy“ und in romantischen Komödien war das Ziel jeder Frau, das Herz des Mannes zu gewinnen. Sowas prägt junge Mädchen und später verzeichnen wir deshalb die Hochzeit mit dem Richtigen als persönlichen Erfolg.

Dickes Haar und dünne Beine

Bei Elsa ist das anders, was ein Glück. Dennoch hätte ich meiner Luise manchmal am liebsten die Augen zugehalten. Das Körperbild, das uns die beiden Damen in beiden Filmen vermitteln, ist gruselig. Die Taillen sind unnatürllich dünn, ebenso die zarten Beine. Wie eine Elfe schmiegt sich Anna an den stattlichen Christoph. Die Augen der eisigen Schwestern sind so groß wie das halbe Gesicht und der Zopf so lang wie fünf dicke Bootstaue. Wir Erwachsenen finden das schon fast gruselig, aber die vielen kleinen Mädchen im Kino lieben Anna und Elsa. Sie alle wollen so aussehen und werden an sich herunter blicken und nur normale Beine sehen. Sie sehen im Spiegel normale Augen und normales Haar, und werden es nicht so schön finden wie das von Elsa.

Ich weiß noch, dass ich als kleines Mädchen wie Kaiserin Sissi sein wollte. Romy Schneider hatte auch so tolle Haare. Heute weiß ich, dass die Schauspielerin damals unter der Last der Perücke litt. Aber mit sechs Jahren fuhr ich mir durch meine dünnen Fransen und träumte insgeheim von zwei Metern Zopftürmen. Ich kam darüber hinweg, auch weil Sissi nicht so omnipräsent war. Elsa und Anna dagegen sind überall. Schon kleine Mädchen werden mit Elsa-Werbung überschüttet. Es gibt Elsa-Pflaster, Elsa-Müsli und Elsa-Brotdosen, denn die Marketing-Firmen wissen den Hype um den Eisköniginnen-Film auszuschlachten und zu Weihnachten werden tonnenweise Frozen-Merchandise-Artikel unter dem Baum liegen.

Umarme deinen Körper!

Ich möchte dir einen ganz wunderbaren Film ans Herz legen. Embrace ist bis zum 30. November kostenlos auf arte zu sehen und erzählt, warum wir Frauen so schlecht über unsere eigenen Körper denken. Wir finden uns alle zu dick oder zu dünn, mögen weder unsere Beine, Arme, Brüste oder Nasen (ich mochte meine Nase auch nie, sie ist lang und krumm) – aber wieso ist das so? Darauf gibt der Film viele gute Antworten und sie haben vor allem mit medialen Vorbildern zu tun. Am Ende wendet sich die Filmemacherin an ihre kleine Tochter:

Es gibt so viel Gutes in der Welt, und ich freue mich so sehr darauf, das alles mit dir zu teilen. Ab und an werden Leute behaupten, du müsstest dich ändern. Aber das musst du nicht. Der Sinn deines Lebens ist nicht, ein hübsches Schmuckstück zu werden, sondern etwas zu tun, zu fühlen, zu erreichen und etwas beizutragen. Mach nicht dieselben Fehler wie ich, mein geliebtes Mädchen. Verschwende keinen einzigen Tag damit, deinen Körper zu bekriegen. Umarme ihn einfach.

Wir kommen um die Elsas mit ihre absurden Körpermaßen nicht herum. Aber wir können unseren Kindern erklären, dass deren Körper kein Maßstab ist. Elsa und Anna und all die anderen Disney-Prinzessinnen sind ausgedachte Figuren von Filmemachern, die leider noch nichts verstanden haben. Wir hatten einen tollen Sonntag im Kino, aber es hat mich auch nachdenklich gemacht. Ich sah beim Herausgehen ein kleines Mädchen, stolz und voller Glück, das enge Elsa-Kleid spannte um ihren normalen, kugeligen Kinderbauch. Hoffentlich findet sie sich wunderschön, wie sie ist. Und hoffentlich wird ihr von ihren Eltern und den Menschen um sie herum beigebracht, dass es im Leben auf etwas anderes ankommt als die Proportionen des eigenen Körpers. Ich denke an meine Luise und möchte sie gerne beschützen vor all den schrägen Bildern und sie so stark machen, dass sie ihr nichts angeben können. Ich hoffe, es gelingt mir.

Bleib fröhlich und unperfekt,

deine Laura

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