Für meinen Podcast Lauras Mental-Load-Sprechstunde habe ich mit der Psychologin und Paartherapeutin Mathilde van Haperen über unsichtbare Belastungen, emotionale Verletzungen und Wege zu mehr Balance in Beziehungen.
Mental Load: Ein Thema in allen Lebensphasen
Der Begriff Mental Load beschreibt die unsichtbare Belastung des ständigen Mitdenkens, Organisierens und Verantwortlichseins. In der Paartherapie spielt dieses Thema eine große Rolle, auch wenn es nicht immer direkt so benannt wird.
Die Psychologin und Paartherapeutin Mathilde van Haperen berichtet, dass sie in ihrer Arbeit mit Frauen häufig auf diese Problematik stößt. Besonders dann, wenn die Kinder ausgezogen sind und die Frauen beginnen, ihre Rolle und Identität neu zu hinterfragen. „In psychoedukativen Gesprächen spreche ich mit den Klientinnen über verschiedene Lebensphasen und darüber, wie sich Bedürfnisse und Selbstwahrnehmung verändern“, erklärt Mathilde.
Wenn Mental Load Beziehungen prägt
In jüngeren Paarbeziehungen nimmt Mathilde ein wachsendes Bewusstsein für Mental Load wahr. Bei älteren Paaren hingegen zeigt sich oft Traurigkeit oder Unzufriedenheit: verlorene Träume, starre Rollenbilder und unausgesprochene Erwartungen belasten die Partnerschaft.
Kommt ein Paar mit Konflikten rund um Mental Load in die Therapie, beginnt Mathilde nicht sofort bei den Aufgaben oder Pflichten. Stattdessen fragt sie nach den individuellen Bedürfnissen und Wünschen beider Partner. Ihr Ziel: eine Balance schaffen, in der sich beide gesehen und wertgeschätzt fühlen.
Kleine Handlungen, große Wirkung
Ein Beispiel verdeutlicht, wie schnell unscheinbare Alltagssituationen zu emotionalen Verletzungen führen können: Ein Mann läuft mit schmutzigen Schuhen durch die Wohnung. Für ihn eine Kleinigkeit, für seine Partnerin kann es sich jedoch wie Missachtung anfühlen.
„Oft sind sich beide nicht bewusst, welche emotionale Ebene mitschwingt. Dann fühlt sich nicht nur einer verletzt, sondern beide tragen zur Dynamik bei“, erklärt Mathilde. Genau hier setzt Paartherapie an: die tieferliegenden Gefühle sichtbar machen, bevor es um konkrete Lösungen geht.
Geschlechtsspezifischer Druck im Alltag
Gesellschaftliche Erwartungen verschärfen das Problem. Frauen spüren häufig einen stärkeren Druck, das Zuhause schön und ordentlich zu gestalten. Dieser Anspruch ist oft mit Scham verbunden und wirkt wie eine zusätzliche Last.
Interessanterweise suchen Paare nicht primär wegen der ungleichen Aufteilung im Haushalt Beratung. Viel öfter sitzen sie bei Mathilde, weil bereits emotionale Distanz entstanden ist. Mental Load ist dann ein Symptom und nicht die alleinige Ursache.
Wege zu besserer Kommunikation
In der Paartherapie geht es daher vor allem um Kommunikation und das Verstehen der gegenseitigen Bedürfnisse. Mathilde arbeitet mit Paaren daran, gemeinsame Ziele zu formulieren und Blockaden aufzudecken. Kleine „Hausaufgaben“ helfen dabei, wieder bewusste Zeit füreinander einzuplanen.
Ein häufiges Muster: Viele Paare führen innerlich eine Art Rechnung darüber, wer mehr leistet oder zurücksteckt. Dieses Gefühl der Ungerechtigkeit kann die Konflikte verschärfen, vor allem, wenn es unausgesprochen bleibt.
Warum psychologische Kompetenz so wichtig ist
Zum Abschluss betont Mathilde, dass es nicht Aufgabe der Therapeutin sei, Ratschläge zu verteilen oder festzulegen, was richtig und falsch ist. „Es geht darum, mit den Idealvorstellungen der Paare zu arbeiten und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.“
Mental Load ist dabei nicht nur ein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Thema. Paare brauchen Raum, um über ihre Gefühle, Erwartungen und Belastungen zu sprechen, und zwar ohne Schuldzuweisungen, aber mit gegenseitigem Verständnis.
👉 Fazit: Mental Load betrifft nicht nur den Alltag, sondern auch die emotionale Nähe in Partnerschaften. Paartherapie kann helfen, unausgesprochene Verletzungen sichtbar zu machen und Wege in eine ausgeglichenere, wertschätzendere Beziehung zu finden.
Die neue Folge findest du überall dort, wo es Podcasts gibt.
Mehr Infos zur Arbeit von Mathilde van Haperen findest du hier.
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