Juchuu, ein Schreibaby!

Mother Advisory – Explicit Content

ACHTUNG: Für Mütter, denen der Sinn für Ironie und Humor mit der Geburt ihrer Kinder abhanden gekommen ist, oder die noch die über einen solchen verfügt haben, ist dieser Artikel ungeeignet. Die Autorin übernimmt keinerlei Verantwortung für Schnappatmung und Bluthochdruck!

Ein Schreibaby, das Mama und Papa nicht schlafen lässt und ihnen die letzten Nerven raubt? Das wünschen sich werdende Eltern eher weniger. Anton und ich sind da anders, denn wir lieben die Herausforderung und den Nervenkitzel. Deshalb haben wir uns drei anspruchsvolle Babys gewünscht – und auch bekommen. Warum uns selig im Kinderwagen liegende Kinder zu langweilig sind und wir im Café lieber brüllende Säuglinge herum tragen, als gemütlich Käffchen zu trinken, erzähle ich euch heute!

Schreibaby? Wir lieben die Herausforderung!

Es gibt Paare, die lieben Herausforderungen. Die machen eine Weltreise und leben ein ganzes Jahr auf engstem Raum zusammen. Oder sie gründen eine Firma und arbeiten von morgens bis abends. Oder sie öffnen ihre Beziehung für Andere und lassen sich auf spannende Liebesabenteuer ein. Anton und ich lieben Herausforderungen sehr. Aber wir haben uns für etwas anderes entschieden. Als wir eines abends mal wieder gelangweilt beim Lieblingsitaliener saßen und unserem entspannten Leben mit viel Freizeit überdrüssig waren, hatte ich die Idee: „Weißt du was, wir bekommen einfach in den nächsten fünf Jahren drei Kinder!“

„Och“, sagte Anton. „Das ist ja sooo langweilig. Babys liegen immer nur rum und schlafen, später sitzen wir dann nur auf Spielplätzen und lesen Zeitung. Das ist mir zu öde. Lass und doch lieber eine Firma gründen, zum Beispiel im IT-Bereich.“

„Das klingt zwar auch nett, aber ich will lieber Kinder. Und damit es dir nicht zu langweilig wird, werden es einfach drei richtig unentspannte Babys. So mit Brüllen, Koliken, Schlaflosigkeit und so. Ich habe da neulich einen interessanten Artikel gelesen, da gingen Eltern so richtig schön auf dem Zahnfleisch.“

„Ja, das klingt nach einer Herausforderung, die ich gerne annehme. Wenn wir dann immer noch nicht genug haben, können wir ja immer noch ein Start-Up gründen“, antwortete Anton.

Unsere neuen Aufgaben

Gesagt, getan. Wenig später war Jimmy auf der Welt, und was soll ich sagen – Wir hatten uns nicht zu viel versprochen. In unserem Hause wohnte jetzt ein Eins-A-Spitzenbaby für Fortgeschrittene. Dieses Wesen brüllte, was das Zeug hielt, und wir hatten das, wovon wir immer geträumt hatten: Nervenkitzel, Schlafmangel und Knobelaufgaben, an denen sich sogar erfahrene Hebammen die Zähne ausbissen. Beispiele gefällig? Gerne:

  • wie säubern wir ein Baby, das in Badewanne, -eimer und Waschbecken heult, als gebe es kein Morgen mehr? Das auch den Waschlappen als Zumutung empfindet und bei jedem Kontakt mit Wasser feuerrot anläuft vor Wut? Mit Sand einreiben und warten, bis er abfällt? Das Kind müffeln lassen, bis die Fliegen kommen?
  • wie transportieren wir ein Kind, das im Kinderwagen bis zu 30 Minuten am Stück laut weint? Das die Enge im Tragetuch nicht ausstehen kann und dem Tragenden den Hals zerkratzt? Dem es beim Autofahren schlecht wird und im Bus so laut schreit, dass sich alle Fahrgäste die Ohren zuhalten?

    Johnny 2011-06-15 021

  • wie nur bekommen wir dieses Baby zum Schlafen? Tragen wir es nachts bis zu vier Stunden durch die Wohnung? Schleppen wir den Kinderwagen fünf Stockwerke in unsere Dachgeschosswohnung, um es in ausgeklügelter Schuckel- und Ruckeltechnik ins Land der Träume zu befördern? Legen wir es trotz Warnungen der Ärzte und Elternratgeber auf den Bauch, weil es sich ausgelöst durch extremen Moro-Reflex ständig selbst aufweckt?
  • und wie stemmen wir als Paar diese Herausforderung? Hauen wir uns am Ende eines Tages die Köpfe ein, kriegen wir uns über die richtige Einschlaftechnik für Säuglinge in die Haare oder meistern wir Konflikte einfach mit einem kurzen Tritt ins Schienbein des Anderen?

Ein Kind wird schnell langweilig

Auf jeden Fall waren wir sehr zufrieden mit diesem Hochleistungssport, der Bungee-Jumping und Wildwasser-Rafting in den Schatten stellte. Niemals zuvor fühlten wir uns so schön platt, ausgepowert und erledigt wie in dieser Zeit. Und weil es so schön war, und Jimmy uns nach einem Jahr zu langweilen begann, erblickte 22 Monate später Luise das Licht der Welt. „Oh Gott, ein Mädchen“, erschrak Anton. „Sind die nicht immer so entspannt und haben nicht einmal Bauchschmerzen, wenn sie auf die Welt kommen?“

Nein, Anton hatte sich ganz umsonst Sorgen gemacht. Luise erfüllte uns den Wunsch und machte fast so viel Theater wie ihr großer Bruder. Im Krankenhaus wunderte ich mich über das ruhige Baby der Zimmernachbarin. In drei Nächten hatte ich es genau ein einziges Mal weinen gehört. Luise schrie dagegen stündlich, und zwar laut. Ich bemitleidete die anderen Mütter, die in ihren Betten lagen und schliefen. Ich dagegen trug ein vor Wut rot angelaufenes Brüllbärchen durch die Flure und musste den Krankenschwestern versichern, dass das alles normal war – ich kannte es auch nicht anders.

Eine Freundin, mit der ich mich ab und zu traf, und die ebenfalls ein Baby in Luises Alter hatte, fragte mich, was das Geheimnis hinter unseren Nervenbündeln war. Becher voller Kaffee während der Schwangerschaft, oder Fehlbildungen googeln, sobald der Test positiv war? Nein, versicherte ich ihr. Das käme einfach so und wäre wohl schlichtes Glück. Während ich mit der weinenden Luise durch das Cafe wanderte, lag das Baby der Freundin in seinem Wagen, schlief genüsslich und wachte geschlagene zwei Stunden nicht mehr auf. Sie selbst trank drei koffeinfreie Milchkaffee und blätterte in der Bunten, so lange ich Luise zu beruhigen versuchte. Die Arme, dachte ich noch. Was für ein langweiliges, karges Leben sie doch hat. Dass mein Latte Macchiato inzwischen kalt war, störte mich nicht.

Aller guten Dinge sind drei Schreibabys

Nun hat sich zu Jimmy und Luise noch Oskar dazu gesellt. Und was soll ich sagen: er erfüllt unsere Ansprüche mehr als genug. Sein Moro-Reflex (das Gefühl, nach hinten zu fallen und dann vor Schreck jämmerlich zu weinen) war ausgeprägt wie bei keinem anderen Kind zuvor und macht ihn zu einem äußerst sensiblen Wesen. Niemals würde er im Kinderwagen Ruhe geben, viel lieber wirft er sich heulend von einer Seite zur anderen. Auch er wird rot vor Wut, noch dazu zittert sein kleines Kinn ganz erbärmlich, wenn er sich aufregt. Baden, Autofahren und auf dem Boden liegen hasst er wie die großen Geschwister, und seine Mahlzeiten nimmt er gerne im eineinhalb Stunden-Rhythmus ein. „Ist unser Leben nicht schön“, schwärmt Anton, und hält dabei kaum seine rot verquollenen Augen offen. „Ja, wunderschön“, antworte ich, und unterdrücke ein Gähnen, während meine Lider zu zucken beginnen. „Und da schmeißen sich manche Leute an Gummiseilen Felswände hinunter oder überqueren den Atlantik mit einem Segelschiff, nur für einen Adrenalin-Kick. Den schönsten Rausch bekommt man doch einfach, wenn drei Kinder gleichzeitig heulen. Das dröhnt besser als Ecstasy!“

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Doch noch ein Start-Up gründen?

Ganz wie nach einem Drogenrausch hat uns mittlerweile der Kater eingeholt. Das Leben mit Oskar pendelt sich ein, wir haben die meisten Knobeleien rund um Schlaf, Essen und Verdauung gelöst und wir beginnen uns seit ein paar Tagen zu langweilen. Nachdem wir den Gedanken an ein viertes Kind schnell verworfen haben – denn so langsam wird uns selbst das anspruchsvollste Baby zu öde – haben wir uns nun doch für ein Start-Up entschieden. Deshalb lerne ich jetzt nebenbei Programmieren und Anton schraubt in seiner kargen Freizeit an unserem neuen Bulli rum. Wir werden nämlich Digitale Nomaden und bereisen mit unseren drei Brüllaffen die Welt, verdienen unseren Unterhalt online mit SAP und Java Script und gehen ab und an mal Bungee-Springen.

Unser erster Trip geht nach Kamerun, zum Volksstamm der „Nso“. Die haben die entspanntesten Babys der Welt. Und wir wollen uns diese Tristesse einmal genauer ansehen.

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