Lach- und Krachgeschichten
Habe ich mich nicht in diesem Sommer beschwert, dass ich die warme Jahreszeit nicht so mag, weil ich immerzu schwitze? Diese Aussage nehme ich zurück, denn als nun die kühleren Tage herein brachen, und ich die Wintersachen rausholte, wurde mir klar: Der Winter ist der neue Sommer, zumindest in Bezug auf die Temperaturen. Kleine Kinder tragen hierzu einen nicht unbeträchlichen Teil bei und obwohl der Frost noch nicht mal richtig Einzug gehalten hat, schaue ich schon jetzt mit großer Sorge auf unsere Ausrüstung, die sich im viel zu kleinen Flur angesammelt hat.
Diverse Mützen und Schals, Regenhosen, Jacken mit unterschiedlicher Wärmefunktion, mit und ohne Softshell, Fleece-Pullover zum Unterziehen, wattierte Westen zum Drüberziehen, Kinderschühchen mit und ohne Innenfell, Gummistiefel und Ohrenschützer liegen bunt verstreut im Wohnungseingang. Ich trage nach wie vor eine dünne Sommerjacke. Nur der Gedanke an Daunen führt zu Hitzewellen meinerseits, und das liegt vorallem am An- und Auskleiden von Kleinkindern. Wer mehrere hat, zieht diese Prozedur bis zu 20 mal pro Tag durch, das sind von November bis März 3.000 mal An- oder Ausziehen und bedeutet einen Zeitaufwand von 250 Stunden.
Folgende Szene möge manchem Elternteil Mutter bekannt vorkommen:
7:45 Uhr: Herbeirufen der noch spielenden Kinder. Wir müssen zügig los in den Kindergarten. Jimmy kann sich nicht vom Spielen losreißen. Darauf folgt mein ungedudiges Bitten, das sich nach ein paar Minuten in wütende Befehlsäußerungen verwandelt.
7:55 Uhr: Ich schnappe mir das kleinere Kind, setze es auf die Bank und beginne, die Füßchen in dicke Winterstiefel zu stecken. Ganz schön anstrengend! Vorallem dann, wenn das kleine Kind lieber die rosa Herbstschuh anziehen möchte, und nicht die vom Bruder vererbten Boots in Schlammgrau. Dann friemel ich die Ärmchen in die dicke Jacke und schließe den Reissverschluss. Die Mütze wird vier Mal wieder heruntergezogen, ich lege den Loopschal drüber, jetzt kann sich Luischen nicht mehr aus den dicken Schichten befreien. Sie schwitzt und jammert, sodass ich die Türe öffne und sie schonmal nach draußen stelle. Es ist 8:10 Uhr.
Ich schreie nach Jimmy. Der will außer seinem Teddy heute auch zwei Luftballons sowie eine Plastikgitarre mitnehmen. Also wird alles in den Korb gepackt. Wieder werden kleine Füßchen in dicke Boots gezwängt, Rufe nach Gummistiefeln ignoriere ich hartnäckig. Die Jacke wird akzeptiert, die selbstgestrickte Mütze gefällt dem Knaben nicht. „Keine Mütze“, schreit Jimmy. Doch ich nehme keine Widerrede entgegen und erkläre geduldig die schrecklichen Folgen von nackten Öhrchen in eisiger Winterkälte (Ohrenschmerz und Zwiebelwickel). Das zieht. Draußen piept es verdächtig, Luise hat im Aufzug den Notknopf betätigt. Jimmy sagt: „Ich muss mal“, es ist 8:25 Uhr.
Ich ziehe ihn wieder aus, setze ihn aufs Klo, hole Luise rein und mache ihr die Jacke auf. Sie sieht Jimmys Spielsachen, die er mitnehmen möchte, und ruft nach ihrer Puppe „Bebia“. Als ich nicht reagiere, stapft sie eigenhändig ins Zimmer, nicht ohne dicke Matschspuren auf dem Parkett zu hinterlassen. „Nicht mit den Schuhen durch die Wohnung“, rufe ich ihr hinterher. Aus dem Klo tönt es „Ich bin fertig!“. Nun folgen: Kind abwischen, erneutes Anziehen, Luise schnappen, Puppe einpacken, Kindertaschen nicht vergessen, alle vor die Türe stellen, selbst die Schuhe anziehen und die dünne Jacke überwerfen. Dann suche ich den Autoschlüssel und schließe die Türe. Ein Blick auf die Uhr: Zwanzig vor neun, das gibts doch nicht. Da rümpfe ich die Nase! Jetzt hat auch noch Luise ihr Geschäft verrichtet. Und wo ist eigentlich schon wieder ihre Mütze? In dieser Notsituation überlasse ich das Windelwechseln den Kindergärtnerinnen und behaupte einfach, das wäre im Auto passiert. Schließlich müssen wir jetzt echt los. Ich bin nass geschwitzt.
Im Kindergarten angekommen, wir schaffen es gerade noch rechtzeitig, geht der gerade erwähnte Zirkus von vorne los, nur rückwärts. Kinder ausziehen, Pantoffel suchen, Mützen und Schals an Garderoben hängen und so weiter. Jede Mutter, deren Kinder vormittags betreut werden, weiß, dass Räume in Kitas gerne bis zu 27 Grad beheizt werden. Morgen komme ich gleich in T-Shirt und kurzer Hose, dann muss ich wenigstens nicht jedes Mal zuhause duschen.
Neulich habe ich eine tolle Twitternachricht einer Mutter gelesen: „Kinder in Wintersachen gesteckt, Kinder wieder ausgezogen, Tag vorbei“ Da ist was dran. Ich wünsche allen eine schöne Winterzeit voller Rodelspaß, Glühpunsch und Kerzenschein und vorallem eines: Bleibt cool!