Ich habe auf meinem Instagram-Kanal Frauen nach ihrer Mental Load-Geschichte gefragt. Leiden Sie darunter oder sind sie vielleicht kein bisschen überlastet? Kommen sie darüber mit ihrem Partner ins Gespräch oder gibt es dauernd Konflikte? Sind sie alleinerziehend und haben derzeit keinen, mit dem sie sich den Mental Load teilen können? Leiden sie unter Armut oder Rassismus und haben durch große Sorgen eine intensive Last im Kopf? Mir hat Maria geschrieben (37 Jahre alt, berufstätig als Sozialpädagogin) und ich teile ihren Text hier auf dem Blog, weil er so spannend ist und etwas zu lang für einen Instagram-Post.
Die Stärke meiner Mutter
Mit vielen Glaubenssätzen und dem Vorbild einer stets berufstätigen und sehr emanzipierten Mutter, aufgewachsen und geprägt durch die Erziehung in der ehemaligen DDR, bin ich meiner Mutter heute ähnlicher als ich es jemals sein wollte.
Ich wusste, bis ich selbst Mutter von zwei Kindern und Partnerin wurde, nicht wirklich, was und wie sie selbst immer alles geleistet hat. Woher sie ihre mentale Stärke genommen hat. Sie war irgendwie spür- und sichtbar, die Stärke meiner Mutter.
Ich danke ihr und meinen Wurzeln, den vielen Umbrüchen in meiner Kindheit (am prägendsten wohl der Umzug von Ost nach West) und dem Erbe „Ossi- und Wessifrau“ gleichermaßen zu sein. Beides stärkt mich und aus beidem ziehe ich heute als Mutter, Frau und Ehepartnerin die Stärke für alles was ich heute tue. Ich höre oft: „Du bist so stark und taff.“
Das bin ich auch, aber gleichzeitig auch sehr unsicher und sensibel. Diese Aussage birgt eine Gefahr: Das ich mich selbst oft überschätze und mir keine Fehler zugestehen will, „denn ich bin ja stark“.
Ich kann nicht mehr!
Irgendwann kam eine Zeit, vor ca. zwei bis drei Jahren, da saß ich ähnlich wie du, Laura, am Küchentisch und habe Rotz und Wasser geheult. Meine psychischen und physischen Akkus waren aufgebraucht. Das stete Aufladen funktionierte nicht mehr.
Feierabend. Ende aus, Mickey Maus. Nichts ging mehr. Meine Abschlussarbeit beendete ich gerade neben dualem Studium, berufstätigem Mann, Erziehung zweier Kinder (zum damaligen Zeitpunkt 5 Jahre alt und 6 Monate alt) zum Thema „Burnout in der Sozialen Arbeit.“
Ich glaube, ich habe über mich selbst geschrieben. Es war aber auch ein Heilungsprozess, das Schreiben. Ich bin dankbar, dass ich nach meinem Abschluss dann gesagt habe: „Ich kann das nicht mehr. Ich schaffe es so nicht mehr. Ich kann nicht mehr 1000% geben!“ Ich hatte nicht mehr die Kraft, eine geduldige, organisierte, fröhlich-freundliche Mutter, Freundin und Ehefrau zu sein. Allein die Tatsache, meine Emotionen laut aussprechen zu dürfen, hat innerhalb unserer Familie so viel in Bewegung gebracht, wie ein Mobile, dass anfängt zu tanzen, sobald es angestoßen wird.
Schlechtes Gewissen? Nein!
Ich habe mir dann selbst professionelle Hilfe gesucht, um über das „Ost- West Erbe“ zu sprechen, und um eine Rolle zu finden, die mich nicht aus dem Gleichgewicht bringt. Mit der ich gut Leben kann. Es lohnt sich so sehr, zu versuchen mutiger zu sein, in sich hineinzuhorchen, auf die eigene Intuition zu vertrauen und sich jemandem dann anzuvertrauen. Und als Mutter darf ich egoistisch sein, Auszeiten nehmen, meinem Hobby nachgehen und muss heute kein schlechtes Gewissen mehr haben, dass ich meine Kinder „schon“ mit 1,8 Lebensjahren in die KiTa gegeben habe. Ich bin so froh und stolz, dass ich mein Studium nie abgebrochen habe, denn heute bin ich glücklich und kann mich selbst verwirklichen in meinem Job. Meine Kinder spüren das, sie würden es spüren, wenn ich unglücklich wäre, das weiß ich.
Ich könnte noch ewig Schreiben und du wirst sicherlich eine Millionen toller E-Mails bekommen. Meine Geschichte ist ein Teil dessen und ich bin stolz eine berufstätige Wessi Frau mit Ossiwurzeln zu sein!
Danke, Maria, dass du deine Geschichte geteilt hast. Schick mir gerne deine, wenn du möchtest: mail@heuteistmusik.de Gemeinsam halten wir das Thema weiter hoch und werden aktiv gegen den mütterlichen Mental Load.