Was für uns Erwachsene die Führerscheinprüfung oder der Schulabschlusstest, ist für das Kleinkind die U-Untersuchung. Und so wie unsere Eltern beim Führerschein zitterten (sie habens ja mitfinanziert) oder um unsere Mathenote bangten (sie haben ja mit uns geübt), so fiebern wir Mütter mit beim Klötzchen bauen, Auto benennen oder Geradeaus laufen.
Schweiß gebadet saß ich auf meinem Stuhl, als die Sprechstundenhilfe im letzten Jahr bei der U7a Jimmy nach seinem Namen fragte. Mit fast drei Jahren konnte er das damals schon aus dem Effeff, aber wie es der berühmte Vorführeffekt so will, klappte das in der Kinderarztpraxis eben nicht. Oder besser gesagt, Jimmy wollte nicht, dass es klappte. Wie manche Leser wissen, ist Jimmy ein großer Katzenfreund. Eigentlich hält er sich sogar für eine Katze. Wenn er unsicher ist, albern, die Antwort nicht weiß oder den Gegenüber einfach vera… möchte, sagt er nur „Miau“. Bei der Arzthelferin war es wahrscheinlich alles gleichzeitig, daher antwortete er auf die Frage nach seinem Namen in Katzensprache. „Du weisst doch genau, wie du heißt!“, ermunterte ich ihn nun. „Miau, miau“, ertönte es. „Meine Kinder heißen Luise und ….“ half ich ihm, Jimmy rief „Felix!“ Noch einmal fragte die Arzthelferin: „Kannst du deinen richtigen Namen sagen, mit Vor- und Nachname?“ – „Katze Lilly“, sagte er, und leckte sich seine Pfote.
In diesem Jahr begegneten wir der jungen Frau zur U8 wieder. Ob sie dieses Mal das Jugendamt ruft, fragte ich mich. Kurz vorher noch hatte Jimmy darauf hingewiesen, dass der Kalender in der Arztpraxis nicht umgestellt sei. Heute war der 1. Juni, und der Junge hat nicht nur eine Begabung für Katzenimitation, sondern beschäftigt sich seit seinem dritten Lebensjahr mit Kalendern und besitzt mindestens 10 verschiedene Exemplare, die er gerne miteinander vergleicht. Das eine Kind schleppt seinen Teddy oder ein Auto mit sich herum, Jimmy hingegen geht nicht ohne Papierkalender aus dem Haus. Klar, dass unsere Familie auf Grund des außergewöhnlichen Talents im Geheimen eine Hochbegabung diagnostiziert hat, zumal Jimmy auch alle Schaltjahre exakt benennen kann.
Mit erhobenem Haupt erwartete ich also die Dame, um ihr die Fortschritte unserer Intelligenzbestie vorzuführen, und fühlte mich ein bisschen wie ein Zirkusdompteur, der die Kunsstücke seines weißen Tigers zum Besten gibt. Die Arzthelferin begann mit dem Einstiegstest. Jimmy sollte vier Klötze aufeinander stapeln. So richtig klappte es nicht, und auch bei den Farben vertauschte er alle. Dann sollte er erzählen, was er am liebsten isst. Er begann zu miauen. Das Fräulein fragte, ob er wisse, was alles an einem Haus dran sei. Jimmy zuckte die Schultern und schaute sie fragend an. „Was ist den bei euch zuhause dran, ein Fenster und eine Tür vielleicht?“ – „Ich habe kein Zuhause“, sagte das Kind. „Das habe ich ehrlich gesagt noch von keinem Kind gehört“, meinte sie stirnrunzelnd, und ich fühlte mich wie in der Muppet-Show.
„Das probieren wir einfach beim nächsten Mal“, ermutigte sie Jimmy und mich. Nach jedem kleinen Test machte sie ein Kreuzchen in eine Spalte auf ihrem Blatt, bisher war nur bei „Größe und Gewicht“ ein Haken. Weiter gings mit Kunst und Kreativität. Die Anforderung an meinen Sohn, einen Mann und einen Baum zu malen, fand ich selbst ganz schön hoch.
Endlich kam der Kinderarzt zur Tür herein, und die junge Dame verließ den Raum. Er setzte sich neben Jimmy und fragte: „wie geht es dir heute?“
„Blipompudapi Lompumka“, sagte Jimmy, wie aus der Pistole geschossen. Der Kinderarzt schaute mich an, ein Fragezeichen stand auf seiner Stirn. „Das Kind spricht böhnisch“, erklärte ich. „Und er kennt alle Schaltjahre, bis zum Jahr 2045. Wussten Sie, dass Jimmy auf englisch bis 10o zählen kann? Wir glauben, dass er hochbegabt ist und möchten ihn gerne im nächsten Jahr in die vierte Klasse einschulen lassen. Miau!“ Dann kamen zwei Arzthelfer in weißen Anzügen herein und zwängten mich in eine Jacke, deren Arme sie mir auf dem Rücken verknoteten.
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