Mütter sind nie alleine
Neulich sagte eine Bekannte zu mir: „Du bist schon zu beneiden… Drei Kinder und ein Mann, immer volles Haus, Trubel und Freude. Du bist nie alleine, du hast immer jemanden, mit dem du reden kannst! Du bist sicher nie einsam!“
Klingt komisch, aber Mütter sind zwar nie alleine, aber Mütter sind auch manchmal einsam. Ich kenne das Gefühl, abends wach zu liegen, weil ich denke, die Einzige auf der Welt zu sein. Klar, unter unserem Dach schlafen alle meine Lieben, mittlerweile vier an der Zahl. Dennoch ist Familie nicht immer eine Garantie für trautes Glück. Versteht mich nicht falsch, ich möchte mich hier keinesfalls über mein Leben beschweren. Wir sind gesund, haben einander, die Kinder sind klasse und ich weiß, dass ich das große Los gezogen habe.
Und wer hat ein offenes Ohr für mich?
Dennoch bist du als Mutter hin und wieder ganz schön isoliert. Ganz besonders dann, wenn die Kinder klein sind und dich so sehr brauchen. Sie brauchen dich von morgens bis abends, in Oskars Alter sogar auch noch die ganze Nacht durch. Du bist immer für sie da, hast ein offenes Ohr, machst Essen, kaufst ein, organisierst den Haushalt, sortierst die Wäsche und hängst auf dem Spielplatz rum. Ab fünf Uhr geht der Abendwahnsinn los, und vor halb neun Uhr kommst du nicht aus den Kinderzimmern raus. Danach wartet Wäsche, die Blumen müssen gegossen werden, du wolltest eben noch die Tagesthemen anschauen, ein paar Sachen in den Keller bringen – und zack, ist es halb elf und das Baby möchte seine Nachtmahlzeit haben. Beim Stillen fällt dir ein, dass du heute keine Zeit für Yoga hattest und es auch wieder nicht geschafft hast, deine beste Freundin anzurufen. Überhaupt hast du heute kaum mit einem erwachsenen Menschen gesprochen. Auf dem Spielplatz ist die Kleine vom Laufrad gefallen, dann plumpste der Große vom Baum. Du hast getröstet und Getränke verteilt, das Baby in den Schlaf gewogen und Brezeln ausgepackt. Dabei hättest du so gerne mal mit der netten Mutter von Kai und Emilia ein paar Worte gewechselt, aber immer war was mit den Kindern.
Dein Mann kam spät nach Hause, er hat selbst den Kopf voll. Im Büro ist die Hölle los, trotzdem kümmert er sich um die Kinder, bringt den Müll raus und schraubt noch am Fahrrad des Großen rum, dessen Sattel mal wieder zu niedrig sitzt. Richtig Zeit zum Reden habt ihr kaum, weil es mit Kindern immer was zu tun gibt. Und so konntest du ihm gar nicht erzählen, dass du dir große Sorgen um eines der Kinder machst, weil mal wieder dies oder das vorgefallen ist. Du zermarterst dir das Hirn, wie du den Schwimmkurs für den Großen auf die Reihe bekommst und wie man um Himmels Willen mit drei Kindern unter sechs Jahren einen heißen Tag im Freibad überlebt. Dann gibt es noch ein paar wichtige Dinge, die dir in Bezug auf deine Finanzen, den Wiedereinstieg in den Job oder die kranke Großtante durch den Kopf geistern, doch leider sind inzwischen alle Familienmitglieder vor Erschöpfung eingeschlafen, und es ist zu spät, um jetzt noch Bekannte anzurufen. Wie schön wäre es, mit einem lieben Menschen mit offenem Ohr in einer Bar zu sitzen, und bei einem Glas feinem Rotwein dein Herz auszuschütten. Aber bis es soweit ist, ziehen noch viele Abende ins Land. Zur Zeit scheint Ausgehen so entfernt wie der Himalaya.
Gemeinsam einsam
Dann sitze auch ich auf unserem Sofa, mit einem Glas Wasser in der Hand, schaue raus auf die Lichter der Straße, und fühle mich einsam. Neulich habe ich ein Interview mit der Schauspielerin Maria Furtwängler gelesen. Sie antwortete auf die Frage, wann sie sich zuletzt einsam gefühlt hat: „Ich fühle mich sehr eingebettet. Aber am Ende des Tages und des Lebens sind wir allein auf dieser Welt.“
Ich fand diese Antwort sehr pathetisch und war froh, dass ich das anders sehe. Hin und wieder denke ich jetzt, dass sie vielleicht doch recht hat. Aber wenn ganz viele Mütter abends auf dem Sofa sitzen, und alleine sind, und aneinander denken, dann sind wir doch eigentlich gar nicht mehr einsam?
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