Mental Load – wenn Mütter nicht mehr können

Gib mir ein leichtes Schwert für meine schwere Hand…

…eins das führt, wenn ich folge und folgt, wenn ich führe
Ein leichtes Schwert
Für meine müde Hand

So heißt es im Lied „Ein leichtes Schwert“ von Judith Holofernes. Ein leichtes Schwert, das hätte ich jetzt auch gerne. Es gibt so Tage, da möchte ich mich am liebsten auf den Boden legen und streiken. Alles wird mir zu viel, die To-Dos wachsen mir über den Kopf. Gestern war Schulstart und als hätte das nicht gereicht, wurde ein Kind magenkrank. Also startete der Montag nicht nur mit frühem Aufstehen und Frühstück machen (die Milch ist zu heiß * bäääh, wieso schmierst du mir Leberwurst aufs Brot? * bin viel zu müde zum Essen), sondern auch mit einer Notfall-Aktion: Im Kindergarten Bescheid geben, Tee kochen, Wärmflasche erhitzen und im Kopf die Termine des Tages durchgehen.

Ehrlich gesagt hatte ich schon um halb neun Uhr am Morgen die Nase voll. In meinem Kopf spukte eine ellenlange Liste mit Erledigungen. Das Schulkind braucht noch neue Stifte und ein kariertes Heft in Klaviatur Nummer 22, Pakete müssen zur Post, Logopädie-Stunden organisieren werden. Diese Woche muss ich einen Kuchen für die neuen Erstklässler backen, außerdem ein Geburtstagsgeschenk für die Party von Jimmys Freund besorgen und endlich, endlich die Steuererklärung machen.  Achso, da fällt mir ein – ich muss unbedingt gucken, ob die Kinder wetterfeste Schuhe für den Herbst haben. Hat eigentlich einer geschaut, ob Oskar und Luise aktuelle Wechselklamotten im Kindergarten und bei der Tagesmutter haben? Natürlich nicht.

Mental Load – ein Frauenproblem?

Über diese Dinge, an die vor allem Frauen denken müssen, schrieb Barbara Vorsamer diese Woche im SZ-Newsletter:

„In den meisten Familien, selbst bei denen, die sich die Arbeit selbst einigermaßen gerecht aufteilen, bleibt die Verantwortung an der Mutter hängen. Sie schreibt die Einkaufszettel und To-do-Listen und sie erinnert ihren Mann auch – unter Umständen mehrfach – an die noch zu erledigenden Aufgaben. Mental Load nennt man diese Denkarbeit, und sie ist anstrengend, ermüdend und unsichtbar.“

Außerdem weist sie auf den Text von Patricia, alias das Nuf hin, die erst vor kurzem über Mental Load schrieb und damit nicht nur einen Stein ins Rollen brachte, sondern auch aufzeigte, welche unsichtbare Arbeit hinter dem Familien-Magagement steckt. Patricia schreibt:

„Im Grunde sagt der Begriff (Mental Load) nichts anderes als dass es neben den sichtbaren Aufgaben im Alltagsleben sehr, sehr viele unsichtbare Aufgaben gibt, die nie explizit genannt werden, dennoch alle so nebenher identifiziert, bedacht, geplant und dann erledigt werden.“

Die Familien-Managerin

Ich finde diese Angelegenheit deshalb so wichtig, weil sie aufzeigt, was es bedeutet, eine Familie zu managen. So hat das mal diese Frau in einem Staubsauger-Werbevideo genannt. Tatsächlich ist die Organisation unseres Familienlebens ein Fulltime-Job, der wenn es gut läuft, um 20 Uhr endet. Ich selbst habe, und das ist ein großes Glück, einen tollen Partner, der mich sehr unterstützt. Anton hat nicht nur einen Ganztagsjob mit all seinen Ansprüchen zu erledigen, sondern kümmert sich morgens und abends um all das, was hier zuhause mit Haushalt und Kindern so anfällt – leider bis heute keine Selbstverständlichkeit.

Aber eines belastet mich dennoch sehr. Immer bin es ICH, die alle Dinge ins Rollen bringen muss. Ich muss delegieren, ich muss unsere Projekte vorantreiben. Ich muss anstoßen, dass wir uns endlich um die Steuer kümmern, das alte Babybett verkaufen, unsere Unterlagen sortieren oder einen Urlaub planen. Wenn ich nicht neun Bälle gleichzeitig in der Luft halte, die stellvertretend stehen für Job, Kinder, Kinderbetreuung, Schule, Haushalt, Termine, Freizeit, Gesundheit und Geschenke, sich stattdessen keiner kümmert, dann habe ich hier den Salat. Dann geht keiner mit Oskar zur Kinderarztvorsorge, dann ist die Tante beleidigt, weil wir den Geburtstag vergessen haben, dann gehts im nächsten Sommer nicht in den Urlaub und Jimmy steht auf der Party ohne Geschenk da. Auch das bedeutet Stress für mich und der ist fast noch schlimmer.

Endloslisten

Ich wünsche mir manchmal eine gute Fee, die mir die Organisation aus den Händen nimmt. Eine Art persönliche Assistentin, die mir morgens einen Zettel mit Aufgaben vorlegt. Die arbeite ich ab, denn die Tätigkeiten und Arbeit als solche scheue ich nicht. Aber die Denkarbeit macht mich so kaputt. Es gibt Abende, da liege ich neben meinem (ich möchte es noch einmal betonen: wunderbaren und hilfsbereiten und fleißigen) Anton und beneide ihn darum, dass er die Augen schließt und zwei Sekunden später ins Reich der Träume fliegt. Ich selbst schließe die Augen und da ratttert die Liste los. Ich notiere noch ins Handy, dass die Tagesmutter nächste Woche Urlaub hat und wir DRINGEND Klopapier kaufen müssen. Die Matschhose von Luise hat ein Loch, aber morgen soll es regnen, so ein Mist. Ach, und jetzt habe ich tatsächlich vergessen, eine Tafel Schokolade für die Nachbarin zu besorgen, die während des Urlaubs die Pflanzen gegossen hat. Und ist da nicht noch mein eigener Beruf mit all seinen Erledigungen?

Tagsüber denke ich dann an meine Trello-Listen, meine To-Dos im Kalender und die Aufgaben in Slack, die auf mich warten. Dazu kommen die Whats-App-Gruppen aus Kindergarten, Fußballverein und Flötentruppe. Das Krasse ist: obwohl ich scheinbar gut organisiert bin, geht mir dauernd eine Sache durch die Lappen. „Ist doch nicht schlimm, bleib locker“ meint Anton, als ich für das Turn-Sommerfest nichts gebacken habe. „Wäre schön, wenn wir nächstes Jahr mehr Kuchenbeiträge hätten!“ erreicht mich eine Woche später eine Whats-App Nachricht der Turnlehrerin. Kann man drüber stehen, sollte man auch. Fällt mir dennoch schwer – ein altes Frauenleiden.

Warum sind Mütter immer so gestresst? Die Frage kann ich so langsam nicht mehr hören. Ich weiß, warum. Und ich finde, sie hat etwas mit dem Mental Load zu tun. Eine Lösung habe ich auch nicht. Weißt du eine?

Hier ist übrigens ein Text von Beatrice Confuss zum Thema und hier ein Text von Konsti von Grosse Koepfe.

Bleib fröhlich und unperfekt,

deine Laura

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