Normalerweise ist Dienstag mein Agenturtag und ich bin den ganzen Tag außer Haus. Meine Eltern holen dann die Kinder vom Kindergarten ab und kümmern sich um die Mäuse, bis ich abends um 18 Uhr wieder da bin. An diesem Tag aber musste ich dem Kunden eine Absage erteilen und das tun, was Mütter so häufig tun müssen: alles umplanen und neu organisieren. Flexibilität ist mein zweiter Vorname!
Der Alltag mit kleinen Kindern ist wie eine Tüte voller Überraschungseiern. Und so übergab sich Luise zu allem Übel auch noch ins Auto, als wir Jimmy in den Kindergarten brachten. Nun stand mir also nicht nur ein öder Tag zuhause bevor, denn es war kalt und die Kinder sind zur Zeit nicht aus dem Haus zu bekommen. Sondern auch der Kontakt zu Anderen war tabu, denn mit Magen-Darm-Viren ist nicht zu spaßen und wir wollten natürlich Keinen anstecken. Kaffeeklatsch mit Freunden oder Spiel-Dates kamem also nicht in Frage.Die Kombination „krankes, ansteckendes Kind plus ödes Wetter“ ist jedenfalls richtig fies und uns blieb nichts übrig, als uns auf ein Tagesprogramm in der Wohnung einzustellen. Klingt gemein, ist aber so: wenn das Kind richtig krank nieder liegt, mit Fieber und Schlappheit und allem Pipapo, geht es noch. Man kann seinem Tagesgeschäft nachgehen, den Haushalt erledigen, sich mit dem Kind hinlegen und selbst ausruhen. Aber in diesem Fall springt Luise keine viertel Stunde, nachdem sie das ganze Auto voll gebrochen hat, heiter in der Wohnung herum und treibt Schabernack.Ihr müsst wissen, dass Luise bei uns gerne die Rolle des Karlsson vom Dach übernimmt. Es würde mich nicht wundern, wenn sie eines Tages mit einem Propeller auf dem Rücken durchs geöffnete Fenster geflogen kommt und mich fragt, ob sie irgendwo eine Dampfmaschine zerstören kann. So lange das nicht passiert, zerstört Luise einfach alles andere, leidenschaftlich gerne vor allem Dinge aus Papier. Während ich zuhause den Frühstückstisch abdecke, die Betten machen, aufräume und die Wäsche in die Maschine bringe, erledigt Lusie ihr ganz eigenes erstes Tagewerk:
Sie reisst beim Lesen der „Was ist Was-Bücher“ sämtliche Pappklappen ab, zerschneidet mit der Kinderschere zwei Pixis und verwüstet das eben noch aufgeräumte Kinderzimmer, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Im Arbeitszimmer macht sie dann weiter: sie biegt die Klappe meines Druckers so weit um, bis sie abbricht, klettert auf den Stuhl und schnappt sich eine CD aus der Bücherei, dessen Cover sie mitten durchreisst. Nachdem sie auf der Toilette war, durchnässt sie sich beim Händewaschen komplett und schäumt mit Zahnbürste und -Pasta den Spiegel ein.
Während wir gemeinsam frühstücken (sie isst drei Toasts mit Honig und ich glaube nicht mehr an einen Magenvirus), dreht sie das Glas mit Sprudel einmal um, pustet lachend Wasser über den Tisch und fällt beim Herumtoben auf dem Kinderstuhl zwei Mal fast kopfüber herunter. Wer jetzt den Eindruck hat, ich würde dies alles schweigend hinnehmen, irrt sich gewaltig. Mittlerweile ist meine Stimme dank Halsweh und laufendem Ermahnen heiser und ich erhebe nur mehr drohend den Zeigefinger.
Also gut, nun machen wir also gemeinsam, was man so tut an einem regnerischen Krankheitstag: wir puzzeln. Nachdem wir Bauernhof und Flughafen richtig zusammen gesteckt haben, widme ich mich einem komplizierten Puzzle ab sechs Jahren und bemerke nicht, wie Luise alle Flughafenteile hinter der Heizung verschwinden lässt. Beim anschließenden Malen folgt der nächste Streich: ich bin nur mal eben auf der Toilette, da entdeckt Luise, wie schön sich der Holztisch mit Wachsmalfarben verschönern lässt.