Ab wann können Kinder eigentlich alleine bleiben oder ohne Eltern das Haus verlassen? Ich finde, wir Eltern haben intuitiv ein ganz gutes Gefühl für den richtigen Zeitpunkt. Ich habe bei Tamara vom Blog Mama mal 3 passenderweise eine sehr interessante Blogparade entdeckt, denn über das Thema mache ich mir selbst zur Zeit ein paar Gedanken: Kinder alleine zuhause lautet sie und ich erzähle euch heute mal, wie das bei uns so läuft.
Stufe eins: alleine zuhause bleiben
Ein bisschen mulmig war mir zumute, als ich Jimmy das erste Mal alleine gelassen habe. Ich wollte Luise mal eben schnell vom Kindergarten abholen. Jimmy hatte eine starke Erkältung und ist deshalb an diesem Tag zuhause geblieben. Jetzt war er aber so in sein Spiel vertieft, dass er nicht mit wollte. „Ich bleibe hier“ hat er gesagt und dabei ganz überzeugt geklungen. Das war vielleicht vor einem halben Jahr, da war er etwa fünfeinhalb. Ich habe mir noch Baby Oskar geschnappt und bin ins Auto gestiegen. Nach knapp 15 Minuten war ich wieder da, Jimmy saß noch immer am Tisch und schaute auf sein Kartenspiel. Puuh, das war spannend – für mich.
Von nun an übten wir das öfter. Ich bin zur Bücherei gegangen und Jimmy blieb zuhause. Einmal klingelte mein Handy. Ich hatte ihm die Nummer ins Telefon eingespeichert, sodass er sie einfach nur anwählen musste. „Mama, wann kommst du?“ hat er gefragt und sich dabei kaputt gelacht.
Der nächste Schritt folgte bald darauf. Anton war mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach der Arbeit irgendwo hängen geblieben und ich musste ihn abholen. Jimmy und Luise meckerten, denn sie wollten nicht schon wieder los. Also lasse ich beide zuhause, dachte ich. Oskar setzte ich natürlich ins Auto und los gings. An der Haltestelle angekommen, erreichte mich Antons Meldung, dass der Bus Verspätung habe. Ich saß nun da auf dem Parkplatz und hatte doch Bedenken. Sicher würde sich Jimmy sorgen, warum ich nicht wie angekündigt eine viertel Stunde später wieder da war. Da klingelte mein Handy und die Kinder meldeten sich. Sie wollten wissen, wo die neue Hörspiel-CD mit den Märchen ist. „Wie seid ihr denn jetzt an meine Nummer gekommen?“ fragte ich verwundert, denn ich hatte in der Eile vergessen, das Telefon zu programmieren. „Ich habe in meinem Freundebuch geschaut, was du als Telefonnummer reingeschrieben hast“ antwortete Jimmy prompt. Da habe ich aber gestaunt.
Die Regeln
Jedenfalls machen wir das nun immer, wenn ich eben mal weg muss und die Kinder keine Lust haben mitzukommen. Das sind dann höchstens 15 bis 20 Minuten. Zuvor habe ich Jimmy und Luise auch noch einmal genau die Regeln erklärt:
- ich schließe nicht ab, sodass im Notfall die Tür schnell geöffnet werden kann
- die Kinder lassen niemanden rein, wenn es klopft oder klingelt
- wenn etwas ist, können sie mich einfach auf dem Handy anrufen
Stufe zwei: alleine zur Bücherei um die Ecke
Ich denke, dass ich Jimmy mit seinen sechs Jahren jetzt auch eine halbe Stunde alleine lassen könnte. Zumindest, wenn er einverstanden ist. Und wir haben noch etwas gewagt: die Geschwister sind letzte Woche alleine zur Bücherei um die Ecke gegangen. Sie hatten den Ausweis, Bücher und einen Geldbeutel dabei und ich hatte ein echt gutes Gefühl: Die machen das schon, habe ich mir gedacht.Vorher habe ich sie natürlich instruiert:
Die Regeln
- sie nehmen sich bei der Hand
- sie antworten nicht, wenn sie von einem Fremden/einer Fremden angesprochen werden
- sie passen gut aufeinander auf und verlassen den Gehweg nicht
- sie suchen sich ein Buch und ein Spiel aus und kommen dann sofort wieder nach Hause
Ich finde, man hat das ein bisschen im Gefühl, wann man Kinder alleine lassen kann oder sie ohne Eltern das Haus verlassen dürfen. Luise will zum Beispiel ganz alleine raus, aber das ist mir noch nicht so recht. Lieber ist der große Bruder noch dabei, auf den ich mich äußerst gut verlassen kann. Vierjährige haben doch manchmal ein paar verrückte Ideen, mit sechs Jahren aber laufen Kinder aber auch bald alleine zur Schule.
Stufe drei: alleine durch das Dorf
Diese Woche haben wir sogar noch etwas ausprobiert. Jimmy wollte unbedingt das neue Kicker-Heft und ich habe das zum Anlass genommen, ihn noch einmal alleine raus zu schicken. Dieses Mal ging es sogar über den Zebrastreifen. Klar, dass Luise mit wollte und Jimmy freut sich darüber, denn Luise ist sehr mutig und traut sich, mit der Verkäuferin zu sprechen. Jimmy übernimmt dafür die Rolle des Verkehrsministers. Ich muss dazu sagen, dass wir in einem Dorf wohnen und der Kiosk ganz nah ist. Aber es ist eben eine Straße zu überqueren und das ist für mich doch eine neue Bewährungsprobe. Wir laufen allerdings seit Jahren zusammen zum Kindergarten und mittlerweile fahren wir auch viel Fahrrad dorthin. Also kennen die Kinder den Verkehr und wir üben täglich, wie sie über die Straße gehen sollen. Bevor die beiden also das Haus verließen, habe ich Jimmy noch einmal genau eingetrichtert, wie er den Zebrastreifen überqueren muss: stehen bleiben, die Hand nach vorne strecken, links-rechts-links schauen, warten, bis alle Autos halten und dann gehen.
Klar, es ist echt eine aufregende Geschichte, das kann ich bestätigen. Aber ich finde es ganz wichtig, den Kindern dem Alter entsprechend Dinge zuzutrauen. Sie sind jedes Mal so stolz, wenn sie was Neues gemeistert haben. Und sie fühlen die Verantwortung. Den Kindern Freiheiten zuzugestehen, aber von ihnen zu erwarten, dass sie sich an Regeln halten, das ist für mich die richtige Mischung. Und als Mutter habe ich immer ein ganz gutes Gefühl, was ich Jimmy und Luise zumuten kann.
Alleine zur Schule, ist doch klar!
Jimmy ist bald ein Schulkind. Wenn der Schulweg alleine machbar ist, finde ich es absolut notwendig, dass sie diesen auch ohne Eltern gehen. Wir werden die ersten Wochen gemeinsam üben, dann wird Jimmy mit anderen Kindern laufen. Wir besprechen bis dahin noch einmal in Ruhe alle Regeln, dann geht es los. Erst neulich habe ich meine Freundin gefragt, wie es ihr damit geht, dass ihr 8-Jähriger oft den ganzen Nachmittag durch Wald und Flur streunt. „Komisch ist es schon“, hat sie gesagt, „aber das gehört zum Kinderhaben dazu.“ Wir müssen uns wohl auf Einiges gefasst machen, aber dabei folgendes bedenken:
Diese Kinder sind nicht unser Eigentum und wir dürfen sie nicht zu ewigen Küken machen. Wir sind da, um ihnen Flügel zu geben, damit sie eines Tages davon fliegen. Möglichst ohne Bruchlandung, das ist klar!
Bleibt fröhlich und unperfekt,
eure Laura