Einige Frauen kennen vielleicht folgende Situation: da stehen sie abends an der Spüle und machen den Abwasch. Ihr Partner will gerade mit den Kindern hochgehen, um sie ins Bett zu bringen, da wirft er ihnen einen zweideutigen Blick zu. „Treffen wir uns nachher oben?“ soll das wohl heißen. Sie aber verdrehen die Augen und denken sich Folgendes:
Wenn der wüsste, was ich heute noch zu tun habe! Meine Liste ist lang und wie immer habe ich vieles von dem, was ich heute tun wollte, nicht geschafft. Nachher möchte ich endlich die Mail an den Steuerberater schreiben. Vorher muss ich noch Strümpfe zusammenlegen, denn die Kinder haben kaum noch welche im Schrank. Ich muss noch ein paar Geschenke im Internet bestellen, im Flur die Jacken aufräumen und Seife und Klopapier im Bad auffülllen.
Romantik auf der To-do-Liste
Natürlich ist er zur Stelle, wenn sie ihn bittet, die Liste mit abzuarbeiten. Aber sie ist so in ihrem To-Do-Modus gefangen und ihr Hirn kennt nur ein Ziel: die letzten Punkte abzuhaken und dann endlich Ruhe zu haben. Außerdem bedeutet es auch Arbeit, den anderen an seine Pflichten zu erinnern. Dann gehts sogar schneller, eben alles alleine zu machen. Ein Teufelskreis!
Für romantische Treffen im Obergeschoss steht vielen Frauen mit Mental Load-Problem aus diesem Grund nicht der Sinn. Wenn überall Geschirr in der Spüle steht, fällt es manchen von ihnen schwer, ins Bett zu gehen, denn sie sind in Sachen Haushalt möglicherweise etwas zu perfektionistisch, wissen aber auch um die Konsequenzen. Morgens früh sind Eltern im Müde-Modus und müssen schnell Frühstück machen. Wenn sie dann erst Geschirr spülen und wegräumen müssen, wird es knapp mit der Zeit und alle sind im Stress. Wenn heute Abend keine Strümpfe zusammengelegt werden, haben die Kinder morgens kein Paar zum Anziehen. Dann suchen Mama und Papa alles hektisch durch, weil die Zeit tickt und finden doch nur dreckige Einzelpaare. Alle meckern sich an und die Laune ist am Boden. Ein leeres Sockenkörbchen sorgt deshalb dafür, dass im Hirn vieler Mütter ein Sockenalarm-Knopf angeht und sie erinnern sich automatisch den ganzen Tag daran, sich um Strumpfnachschub zu kümmern, weil sie die stressigen Situationen, die sonst entstehen, in negativer Erinnerung haben. Auch alle anderen Punkte bleiben in Mamas Kopf und obwohl sie immerzu Angst hat, diese Dinge zu vergessen, tut sie es nie, weil sie sich so verantwortlich für den reibungslosen Ablauf fühlt. Geht etwas schief, kommen die Schuldgefühle auf, und dann rennt sie lieber gegen sich und die inneren Vorwürfe an. Ist es denn ein Wunder, dass sexuelle Avancen manchmal erscheinen wie eine weitere Pflicht, die es zu erledigen gilt? Moderne Frauen haben zahlreichen Rollen zu erfüllen: Sie sind Familien-Managerin und Feel Good-Beauftragte, Haushaltsvorsteherin, liebevolle Mama und unabhängige, moderne Frau. Da fällt dann die spannende Partnerin, die abends noch Lust auf Romantik hat, leider hinten über. Sehr schade, aber auch verständlich, oder?
Am Ende des Tages bleibt oft keine Energie, wenn der Stress enorm war. In meinem Mental Load-Ratgeber Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles (Affiliate Link) heißt es:
Nur mit einem einigermaßen freien Kopf kommt die Lust, denn sie entsteht im Gehirn und wird im vegetativen Nervensystem über eine Gas- und Bremsanlage reguliert. Stress kann ein zur Vollbremsung der Lust führen, erklärt Psychologin Sandra Konrad.[1] Und das ist doch eigentlich logisch, oder? Denn wer unter seiner Decke liegt und in Gedanken Einkaufslisten schreibt, hat keinen Sinn für Romantik. Wer in Sachen Mikromanagement in Familien nicht geübt ist, hat nicht auf dem Schirm, was getan werden muss, und macht sich folglich weniger Gedanken.
So wird das Mental Load-Problem zum Erotik-Killer und zum Problem für die Paarbeziehung, was weitreichende Konsequenzen hat, wenn man nicht die Reißleine zieht.
Die Lösung des Problems
Wir müssen erkennen, dass bei Eltern mit unterschiedlichem Geschlecht bedingt durch stereotype Rollenbilder, Erziehung und Sozialisation die Prioritäten anders liegen können. Um des lieben Friedens willen ist es gut, sich gemeinsam auf eine Richtung zu einigen, natürlich mit Zugeständnissen von beiden Seiten. Es ist unglaublich wichtig, über die Familien-Organisation zu sprechen, die Aufgaben aufzuteilen und verantwortungsbewusst auszuführen. Der eine bestellt dann abends Geburtstagsgeschenke für die Kinder und füllt in der Wohnung Seife und Klopapier auf, die andere schreibt Mails und legt Socken zusammen. Dann sind beide um 21:15 Uhr fertig mit allem, klatschen ab und treffen sich wenig später im Schlafzimmer.
Mental Load stresst nicht nur viele Eltern in Familienverantwortung, sondern auch die Beziehung. Der Kopf ist immer voll, vor allem von der Person, die hauptsächlich für das Kümmern verantwortlich ist. Manche Eltern sind dagegen die Ruhe in Person, weil sie für Mikromanagement nicht viel übrig haben. Wer geübt ist in Haushaltsdingen, hat alles im Blick, ist aber eben auch mental belastet. Mich fragen viele Frauen, wie sie ihrem Partner das Problem mit dem Mental Load erklären sollen, denn es gibt viele Männer, die das Gesamtproblem nicht so richtig verstehen. Wer nie die alleinige Verantwortung trägt für Haushalt, Kinder und Co weiß eben auf Grund von mangelnder Erfahrung nicht, wie fertig einen diese Denkaufgabe, das Ausführen, Delegieren und Drandenken machen kann. Aber wenn es um Bettgeschichten geht, kann man es ganz gut erklären, finde ich. Nur mit einem freien Kopf kommt die Lust! Wer in seiner Decke liegt und in Gedanken Einkaufslisten schreibt oder darüber grübelt, wie man verd*** nochmal diese blöde Überweisung für die Logopädie des Sohnes besorgen soll, obwohl die ganze Woche voller Termine ist und die Kinderarzt-Praxis 20 Kilometer entfernt liegt, hat keinen Sinn für Romantik.
Liebe Männer, wenn euch die Flaute im Bett nervt, packt mit an. Kümmert euch und teilt den Mental Load und damit auch das Gefühl, den Kopf endlich mal frei zu haben. Wir zeigen euch, an was alles gedacht werden muss. Ihr schafft das, denn das ist nur Übungssache. Liebe Frauen, erledigt Dinge, die notwendig sind, und lasst die ein oder andere Fleißaufgabe weg. Es muss nicht immer alles selbstgemacht, gebacken und gefaltet werden. Die Quick-and-Dirty-Lösung ist manchmal die bessere. Das gilt übrigens nicht nur für den Haushalt.
In diesem Sinne, bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura
[1] Sandra Konrad: Das beherrschte Geschlecht. Warum sie will was er will, München 2018, S. 37f.