Urlaub ohne Kinder – mit dem Kanu in Norwegen

Ich brauche Urlaub! Leider fällt der in diesem Jahr ins Wasser, denn mit Baby ist uns Packen und Verreisen zu anstrengend. Deshalb bleiben wir lieber hier. Wie ich neulich doch zu einem spontanen Kurztrip in die Ferne aufbrach, und zwar ganz alleine, erzähle ich euch heute.

Im Outdoorparadies

Am Donnerstag habe ich Jimmy und Luise vom Kindergarten abgeholt und weil das Wetter schön war und wir nichts anderes vor hatten, fuhren wir mit der S-Bahn nach Stuttgart, um einen Frozen Joghurt zu essen und anschließend Papa von der Arbeit abzuholen. Das Eis war köstlich und wir hatten noch ein wenig Zeit bis zu Antons Feierabend. Also spazierten wir ein wenig durch die Stadt. Da kam mir die Idee, in die Tübingerstrasse zum großen Globetrotter zu gehen, ein vierstöckiges Geschäft für Outdoor- und Reiseausstattung. Von einer Redaktionskollegin hatte ich gehört, dass es dort ein wahres Kinderparadies geben soll. Als wir den Laden betraten, liefen uns schon die ersten Kunden entgegen, die riesige Wanderrucksäcke probetrugen. Die Regale waren voll mit wetterfesten Jacken, schnell trocknenden Handtüchern, gut gepolsterten Schlafsäcken und allem, was man so zum Verreisen und Kampieren braucht. Sofort packte mich das Fernweh, und in diesem Geschäft bekommt sogar der größte Reisemuffel Lust auf Abenteuer, da bin ich mir sicher! Ab in die Wüste, in den Regenwald oder auf den Mount Everest, scheint es aus allen Ecken zu rufen.

Nun, mit drei kleinen Kindern geht es bei uns meist ins Allgäu oder an den Bodensee. Ich weiß, flexible Eltern trauen sich auch, mit Kleinkindern und einem VW-Bus ohne Klimaanlage durch die endlose Landschaft Australiens zu gurken oder zumindest in Nepal einen Dreitausender zu besteigen. Meine lieben Verwandten sind mit Einjährigem in die Transsib gestiegen und es war ganz wunderbar. Ich aber bin bequem und fürchte mich schrecklich vor langen Autofahrten oder anstrengenden Wanderungen, in denen mir meine Mäuse in die Ohren plärren. Also bewegen wir uns nur in einem Radius von höchstens 250 Kilometern.

In diesem vortrefflichen Geschäft in Stuttgarts Stadtmitte fuhren wir als erstes mit dem Aufzug in den dritten Stock und erkundeten die Abteilung für Outdoor-Küchen, Landkarten und Kletterausstattung. Jimmy bestaunte einen riesigen Globus und suchte das Land seiner Träume: Portugal, die Heimat Christiano Ronaldos. Das Highlight war aber die große Kuppel des Gebäudes. Hier geht man auf einem Glasboden und sieht bis hinunter ins Untergeschoss. Jimmy und Luise waren begeistert und tapsten wie auf Eiern herum. Gänsehaut und Höhenangst prickeln so schön und wir machten es uns auf den Glasstühlen für eine Weile bequem.

Wie wäre es mit einer Kanutour?

Dann fuhren wir mit dem Aufzug hinab in die Kinderabteilung – und die Kollegin hatte nicht zu viel versprochen. Neben einem prima Trampolin warteten kleine Hängematten und ein Piratensteuer auf die Kinder. Ruck zuck hatten sich Jimmy und Luise die Schuhe ausgezogen und turnten vergnügt herum. Dann entdeckten sie Wasser! Ein kleines, für Kinder bauchhohes Becken war gefüllt mit riesigen Quitsche-Enten und einem Piratenschiff. Während die beiden planschten, ließ ich mich mit dem Kinderwagen auf die Bank nieder, die an der Wand stand. Hier war wirklich an alles gedacht! Ich beobachtete die Kinder und war froh, eine Runde sitzen und ausruhen zu können. Oskar schlief friedlich und auch meine Augen wurden schwer…

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Da lief ein Verkäufer vorbei und blieb neben mir stehen. „Sie sehen so aus, als könnten sie Urlaub gebrauchen!“, sagte er, und ich musste unweigerlich nicken. „Wie wäre es mit einer kleinen Auszeit? Wir haben gerade ein tolles Angebot: Sieben Tage Kanutour in Norwegen an der Helgelandküste inklusive Ausstattung. Die Landschaft ist herrlich und Sie können dort die frische Luft und die Ruhe genießen.“

„Das klingt phantastisch, aber ich kann leider nicht. Was soll ich denn mit den Kindern machen?“

„Kein Problem“, antwortete der Verkäufer. „Die übernehmen wir. Hier gibt es genug zu entdecken und zu spielen. Schlafen können sie da hinten in den gemütlichen Schlafsäcken, und in einer Woche holen sie die drei Racker einfach wieder ab.“

Das Angebot klang einfach zu gut, und so stand ich von der Bank auf und begleitete den freundlichen Mann. Er holte schnell einen Einkaufswagen und ging mit mir durch die Etagen. Wir häuften eine ganze Menge Dinge an. Eine Schwimmweste, wetterfeste Kleidung, einen Campingkocher, ein Taschenmesser, Badesachen, Isomatte, ein kleines, transportables Zelt und eine Landkarte für die Helgelandküste. Zuletzt durfte ich mir noch einen großen Rucksack aussuchen, den ich dann wie die anderen Kunden 10 Minuten probetrug. Anschließend begleitete mich der Mann zur Hintertür. Hier wartete ein Auto, das mich zum Flughafen brachte. Am Schalter gab ich meinen Rucksack auf und keine halbe Stunde später saß ich im Flieger Richtung Norwegen.

Was mich am Reiseziel erwartete, war traumhaft und übertraf meine Vorstellungen: schmale Fjorde, majestätische Berge und unzählige Inseln taten sich vor meinem Auge auf. An der Küste stand ein gelbes Kanu bereit und eine Norwegerin wies mich auf Englisch in die Kunst des Paddelns ein. Dann ging es auch schon las. Es war gar nicht so schwer und ich genoss das mühelose Dahingleiten auf dem ruhigen Wasser. Paddel rein, Paddel raus – es war fast wie Meditation. Die Luft war tatsächlich wunderbar frisch und ich fühlte mich so wach und klar, wie seit langer Zeit nicht mehr. So ging der Tag dahin. Als es Abend wurde, suchte ich einen schönen Platz am Ufer. Dort legte ich an, baute mein kleines Zelt auf und erhitzte auf dem Campingkocher eine Dose Ravioli. Nach dem norwegischen Jedermannsrecht, das in der Landessprache „allemansretten“ heißt, hat jeder das Recht, überall in freier Natur für 48 Stunden seine Zelte aufzuschlagen. Und diese Gastfreundschaft nutzte ich auch. Als es ganz dunkel war, machte ich es mir in meinem Schlafsack gemütlich und schlief 12 Stunden ruhig und friedlich. Niemand weckte mich, morgens mussten keine Windeln gewechselt und keine Kindergartenbrote geschmiert werden.

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Am nächsten Tag paddelte ich ein bisschen weiter und machte nach zwei Stunden an einer Inselgruppe halt. Mein Reiseführer sagte mir, dass es sich um die Lofoten handelte und ich kletterte auf die Berge, von denen ich eine wahnsinnige Aussicht auf die klare, blaue See hatte. Abends genoss ich die Sonnenuntergänge und die milden Sommernächte. Mein Kopf war herrlich leer. Keine Termine, kein Essen das ich planen musste. Einkaufen, Organisieren, Putzen und Aufräumen – nichs dergleichen musste erledigt werden.

Das große Erwachen

Und so saß ich eines morgens vor meinem Zelt, schloss die Augen, ließ die Sonnen in mein Gesicht scheinen und freute mich auf einen weiteren Tag auf See. Da wurde ich auf einmal nass gespritzt, und zwar so richtig. Das Wasser war kalt und meine Outdoor-Klamotten mit einem Mal pitschenass. Als ich die Augen öffnete, traute ich meinen Augen nicht. Ich saß auf der Bank in der Kinderabteilung, vor mir standen Jimmy und Luise und spritzen mit Wasser. Sie selbst waren durchnässt bis auf die Unterhose. In diesem Moment begann Oskar zu schreien. Da stand ein Verkäufer vor mir, und reichte uns Handtücher. „Bieten Sie eigentlich auch All-Inklusive-Reisen an, die ich sofort antreten könnte, zum Beispiel nach Norwegen?“ fragte ich ihn. Er schaute verwundert und schüttelte dann bedauernd den Kopf.

„Schade“, murmelte ich noch, und verließ mit meiner Lausebande den Globetrotter.

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