Überhaupt bin ich die nächsten zwei Stunden damit beschäftigt, nach einem der drei Familienmitglieder Ausschau zu halten. Die nächste Station ist der Schachspieler auf dem Schlossplatz. Jimmy, der sich zu Weihnachten sehnlich ein Schachspiel (beleuchtet!) wünscht, nimmt neben dem Profi Platz und beobachtet, wie dieser lässig zwei Partien gleichzeitig spielt und seine Kontrahenten nach durchschnittlich drei Minuten den Sitz räumen müssen. Jimmy liebt dieses Spiel, von dem ich überhaupt keine Ahnung habe. Aber als sich der Schachspieler mit einem Zuschauer anlegt, weil dieser Spielzüge verrät, gehen wir schnell. Überhaupt fühle ich mich dieses Jahr in der Tat ein wenig unwohl. Paris steckt mir in den Knochen und immer wieder schaue ich nach einem möglichen Unterschlupf für den Fall der Fälle. Bin ich paranoid? Vermutlich ja.
Wir finden Anton und Luise vor dem Karussell und jetzt kommt mein persönlicher Weihnachtsmarkt-Albtraum. Noch letztes Jahr habe ich völlig motiviert und auf Bitten der Kinder 5 Tickets für den unschlagbaren Wucher-Preis von 8,50 Euro gekauft, weil sie sich das auf der Hinfahrt so gewünscht haben. Aber schon beim ersten Ritt auf dem Feuerwehrauto fingen beide an zu brüllen und wollten schnell runter. Der Karussell-Mann musste griesgrämig das Dingen anhalten und ich zog meine panischen Kinder vom Gefährt. Der Clou: die sympathischen Schausteller nehmen gekaufte Tickest unter keinen Umständen zurück, verflucht!
Doch dieses Jahr sollte es anders kommen. Jimmy und Luise versprachen, sitzen zu bleiben und ich kaufte bei dem miesepetrigen Männlein, der seine Minibude laufend vollqualmte, zwei (!) Tickets. Während ich dies tat, setzte Anton Luise auf ein riesiges Pferdchen. Ich bin ja routiniert und weiß, dass nur größere Kinder auf diesen Dingern sitzen dürfen, aber woher soll Anton das wissen?! Schließlich liebt Luise Pferde wie verrückt und so saß sie auch – stolz wie Wendy- auf ihrem Plastikgaul. Jedenfalls so lange, bis das Karussell seine erste Runde drehte, Luise winkte und kurz darauf mit einem Plumps vom Pferd stürzte.
Das, was dann kam, kann eigentlich nur mit mindestens drei finnischen Glögi intus verkraftete werden: Luise schrie, Anton versuchte, das Karussell anzuhalten, der Mann aus der Bude brüllte etwas durchs Mikrofon und wäre das nicht genug, drückten alle kleinen Jungs in ihren Polizei- und Feuerwehrfahrzeugen sämtliche Hupen. Ich, die noch vor einer Minute über all die besorgten Mütterlein gelacht hatte, die mit zitternden Händen ihre Handyvideokamera auf ihren Nachwuchs hielten, weil dieser das erste Mal in seinem Leben auf einem KARUSSELL saß, schaute nun selbst panisch drein und beobachtete in Schockstarre, wie Anton Luise aufließ und mit ihr auf sicheren Boden sprang.
Währenddessen hatte es sich Jimmy auf seinem Wagen bequem gemacht und fing an, sich zu langweilen. Daraufhin machte er sich einen Spaß daraus, immer wieder aufzustehen, woraufhin ich ihm jedes Mal, wenn er an mir vorbei fuhr, ein „Sofort hinsetzen“ in die Ohren brüllte. Er hörte erst auf, als sich ein burschikoses Weibsbild, vermutlich die Gattin des Budenmannes, vor ihm aufbaute und ihn ordentlich zur Schnecke machte. Da blieb Jimmy aber sowas von sitzen, dass ich mir ein Lächeln hinter vorgehaltener Hand nicht verkneifen konnte.
Nachdem die Fahrt durchgestanden war, kam das übliche „Ich will noch einmal“ Gebrüll, das ich mit Hinblick auf meinen Geldbeutel und all die armen Leute, die am Straßenrand sitzen, verneinte. Ob Jimmy meine Rechnung verstanden hat, in der ich ihm anschaulich darstellte, wie viele Brezeln sich die armen Leute für zwei Fahrten mit dem ätzenden tollen Karussell kaufen können, weiß ich nicht.
Im Übrigen bin ich mir sicher, dass die Schausteller mit ihrer drehenden Geldeintreiberei die gleichen sind, die alljährich das Grüffelo-Theater ausrichten, über das ich hier schon einmal geschrieben habe.
Damit sich die Gemüter beruhigen konnten, tranken wir alle ein Gläschen heißen Glögi / Kinderpunsch und gingen mehr oder weniger beschwipst eine Runde in die Buchhandlung, um nach Kinderbüchern Ausschau zu halten. Jimmy, der die Kalender-Abteilung entdeckte, kriegte sich nicht mehr ein und wähnte sich im Paradies. Glückselig entschied er sich für ein orangenes Exemplar mit Schmetterlingen.
Mein Vorschlag, lieber ein Buch über die Polizei zu kaufen, schlug er aus. Für Luise nahmen wir noch „Pettersson zeltet“ von Sven Nordqvist mit, denn Petterson und Findus gehört derzeit zu ihren Lieblingsgeschichten.
Selig und müde machten wir uns auf den Heimweg. Zum Abendessen gab es dann für jeden 120 Gramm Nikolausschokolade.
Wie schön, dass wir das Thema Weihnachtsmarkt für dieses Jahr abhaken können.Und euch Eltern, die es noch vor sich haben, wünsche ich viel Spaß und gute Nerven. Schreibt ihr mir eure persönlichen Weihnachtsmarkterfahrungen mit Kindern in die Kommentare? Darüber würde ich mich sehr freuen!