Ein schrecklicher Traum
Letzte Nacht hatte ich einen Traum. Einen Traum von der Zukunft meiner Kinder: Luise ist in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten und Journalistin geworden. Weil sie sich politisch für die Meinungsfreiheit einsetzt und dabei mit der Regierung in Konflikt gerät, wurde sie verhaftet und verurteilt. Jimmy, der sich in eine Französin verliebt hat, versucht verzweifelt, einen Einreiseantrag nach Frankreich zu stellen, aber er scheitert nun zum fünften Mal. Oskar, der als Kommunalpolitiker für die Integration von Flüchtlingen aus Afrika kämpft, sieht sich mit Gewaltandrohungen der rechten Szene konfrontiert und findet bei der Polizei kein Gehör.
Angst um die Zukunft
Gruselige Vorstellungen, findet ihr nicht auch? Aber sie sind gar nicht so realitätsfern. Länder, die wir für demokratisch hielten, sind es nicht mehr. Journalisten dürfen nicht mehr frei berichten und werden inhaftiert, die Grenzen in Europa sollen geschlossen werden, fordern Populisten. Die rechten Flügel bekommen Aufschwung und Sätze die mit „ich bin ja nicht rechts, aber…“ beginnen, werden salonfähig. Ich habe Angst um die Zukunft meiner Kinder. Zwar leben wir in Deutschland und darüber bin ich ganz schön froh, aber auch bei uns sitzt höchstwahrscheinlich bald eine Partei im Bundestag, die Frauenrechte beschneiden, Flüchtlinge aus dem Land treiben und Waffenbesitz fördern will. Als ich den Bundestag in Berlin besucht habe und mir klar wurde, dass diese rechten Typen bald in einem der Büros logieren, hätte ich vor Wut brüllen können. Jeder, der das Wahlprogramm dieser Hetzer mal in Ruhe liest wird merken, dass deren Ideologie nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar ist.
Es geht um unsere Kinder
Aber zurück zum Thema, denn es geht um unsere Kinder. Béa vom Blog Tollabea hat einen schönen Bericht geschrieben und erklärt, warum wir mit unseren Kindern über Demokratie reden müssen. Petra Hamacher hat zur Blogparade aufgerufen. Und so ist die Bloggerinitiative #dubistdemokratie entstanden, die ich mit diesem Text unterstützen möchte.
Wir reden zuhause viel über Demokratie. Jimmy, knapp sechs, interessiert sich schon lange für solche Themen. Ihn faszinieren Länder, die Mauern als Landesgrenzen haben und ich muss ihm immer wieder etwas über Nordkorea erzählen. Er kennt den amerikanischen Präsidenten und wir haben auch schon über Erdogan gesprochen. Natürlich versuche ich, einigermaßen kindgerecht über drei Männer zu berichten, die so machtvoll wie beängstigend sind. Und dann finden wir, dass es in dieser Welt ein Glück ist, in einer Demokratie ohne Todesstrafe und Mauergrenzen, dafür aber mit einer Sozialversicherung und Meinungsfreiheit leben zu dürfen.
#dubistdemokratie: macht mit!
Kinder verstehen mehr, als wir denken. Und wenn wir sie im Kindergarten- und Grundschulalter nicht ungefiltert den gruseligen Nachrichten in der Tagesschau aussetzen sollten, so können wir ihnen erklären, wieso so viele arme Familien aus Syrien bei uns leben. Wir haben bald ein paar neue Kindergartenkinder von dort und ich bin froh, dass unsere Kinder Kontakt zu ihnen haben werden. Wir können unseren Kindern zeigen, wie Mitbestimmung funktioniert, indem auch sie Rechte und Pflichten haben. Demokratie in der Familie heißt für mich, dass jeder seine Meinung sagen darf. Jimmy zuliebe gehen wir mal in die Skybar des hiesigen Sportvereins. Luise darf frei wählen, was sie anzieht, so lange es einigermaßen den Temperaturen entspricht. Und Oskar darf gerade so oft es geht auf den Arm. Nichts wünscht er sich lieber. Aber auch wir Eltern haben Rechte wie Feierabend ab 20:15 Uhr oder sonntags freie Musikwahl im Auto. Toleranz, Respekt, Meinungsfreiheit und Rücksichtnahme können wir in der Familie vorleben und ich habe noch ein paar Ideen mehr, wie wir unseren Kindern zeigen, wie eine demokratische Gesellschaft funktioniert. Am besten, wir Großen sind ihnen ein gutes Vorbild, dann verstehen sie es von ganz alleine:
- informiert euch über unabhängige Zeitungen oder das öffentlich rechtliche Fernsehen über das, was in unserem Land und in der Welt geschieht. Kinder ab fünf Jahren dürfen nach dem Sandmännchen auch gerne noch Logo! schauen, die Kindernachrichten im Kika-Kanal.
- Engagiert euch im Elternbeirat im Kindergarten oder in der Schule. Wenn das zeitlich nicht geht, unterstützt die, die es tun, nach Leibeskräften. Diese Arbeit ist so ehrenwert wie wichtig und alle Eltern, die sich engagieren und sich nicht ducken, wenn die Ämter besetzt werden, gehört unser aller Respekt.
- Helft ehrenamtlich. Ob im Verein, im Flüchtlingsheim oder in der Kirche. Spendet Geld, Klamotten, Spielzeug oder was sonst noch gebraucht wird. Schmeißt gut erhaltene Kleidung nicht in die Container, sondern fahrt sie zum nächsten Tafel-Laden. Demokratie lebt davon, dass wir uns einander helfen und unterstützen.
- Geht immer, wirklich immer zur Wahl und beantragt Briefwahl, wenn ihr im Urlaub seid. Nehmt die Kinder mit, damit sie von klein auf mitkriegen, was unsere Pflicht ist. Haltet euer Wahlrecht nicht für selbstverständlich und seid dankbar für unsere amtierenden Politiker. Auch wenn nicht alles so läuft, wie wir es wollen: Bessere findet ihr derzeit auf der Welt keine!
- Schafft Gemeinschaft! Ob in der Nachbarschaft, im Dorf oder in der Großstadt. Vernetzt euch, ladet zu Festen ein und hört euch auch die Sorgen und Nöte anderer Eltern an.
- Seid auch im Netz anderen gegenüber respektvoll und schreibt keine bösen Kommentare unter Pseudonym. Diskutiert freundlich und argumentiert gut. Teilt tolle Inhalte und helft sie zu verbreiten.
- Schaut nicht weg, wenn auf der Straße etwas passiert. Ruft die Polizei, wenn ihr Zeuge von Gewalt werdet. Schaut nach den armen Menschen, kauft eine Obdachlosenzeitung, eine Brezel und einen Kaffee für den armen Mann an der Ecke. Erklärt euren Kindern, warum Menschen Not leiden und zeigt ihnen damit, wie gut sie es selbst haben.
- Geht achtsam mit unserer Umwelt um. Spart Müll und Energie, fahrt viel Fahrrad und konsumiert bewusster. Esst wenig Fleisch und tretet für den Tierschutz ein.
- Seid politisch! Regt euch nicht über Firlefanz wie provokative Hashtag-Namen auf, sondern setzt euch für wichtige Dinge wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Holt so manche politischen Eltern-Blogs aus der Spartenecke raus, gebt ihnen einen Daumen hoch und unterstützt sie mindestens so wie DIY- und Lifestyle-Themen!
Ihr Lieben! Auch wenn es manchmal schrecklich ist, die Nachrichten mit all dem Elend zu sehen. Auch wenn wir oft das Gefühl haben, nichts ausrichten zu können, so haben wir doch einiges an Macht. Wir können mit unserem Verhalten unsere Kinder prägen, denn sie werden es zwangsläufig so machen wie wir. Unsere Kinder müssen verstehen, dass die Demokratie die beste Staatsform von allen ist, dass wir sie schützen und pflegen müssen. Ich will, dass Luise später ihre Meinung laut und ohne Angst sagen, dass Jimmy ein Europa ohne Grenzen bereisen darf und Oskar niemals Angst vor rechter Gewalt haben muss. Macht mit bei der Aktion #dubistdemokratie, schreibt Texte oder teilt sie in den sozialen Netzwerken.
DANKE!