Luischen ist eine richtige Dame geworden. Mit Inbrunst sitzt sie auf ihrem Wickeltisch und steckt immer wieder ein Fingerlein in die Creme-Tube, um sich abwechselnd Backe und Fuß einzureiben. Ich ziehe ihr Kleider, Leggins und Stiefelchen in violett an und erfreue mich immer wieder an meinem Mädchen – bis ich wieder eine neue Gruselnachricht aus dem Kindergarten erhalte: „Was wir noch sagen wollten, Luisa hat wieder den kleinen Jakob gebissen – diesmal in den Po!“
Ich schaue die Kindergärtnerin betreten an und entschuldige mich sofort bei den Eltern des Opfers. Es ist das vierte Mal in diesem Monat.
Die Täterin guckt zu mir hoch, als ich schimpfe. Dann grinst sie schelmisch und rennt davon. Auf dem Weg durch die Tür klaut sie sich noch ein Püppchen aus der Puppenstube. Ich frage die Kindergärtnerin, was ich bei so einem beisswütigen Kind machen kann. Sie meint nur, dass das in dem Alter oft vorkommt. Und tatsächlich erzählt mir meine Mutter prompt, dass ich mich selbst mit zwei Jahren duch meine gesamten Altersgenossen probiert habe.
Na gut, ist also ein bekanntes Phänomen. Das hilft mir nur nicht viel, wenn Luischen jedes Kind, egal welchen Alters, maltretiert. Ob im Urlaub auf dem Bauernhof, auf dem Spielplatz, im Zoo und in der Bücherei. Kaum schaue ich weg, fängt ein Knirps an zu brüllen. Luise hält ein Büschel Haare in den Händen, lacht triumphierend und ruft mir strahlend zu: „Ei, ei, ei“. Dabei macht sie Streichelbewegungen in die Luft.
Ich habe wohl mal wieder einen fatalen Erziehungsfehler begangen, denn meine Kinder sind grundsätzlich der Meinung, dass Hauen, Beissen und Schlagen dann erlaubt ist, wenn man sich vorher oder nachher auf der Stelle entschuldigt oder dem Opfer einfach zum Ausgleich ein wenig über den Kopf streichelt. Auch Jimmy rechtfertigt die Angriffe auf seine Schwester immer mit dem überzeugenden Satz: „Ich habe Entschuldigung gesagt!“
Jimmy möchte seit einiger Zeit eine Katze sein. Er macht die dazu passenden Miau-Geräusche und leckt jedem mit seiner Katzenzunge über die Hand. Luise hingegen ist fasziniert von Dinosauriern. Die Plastikfiguren, die mein Sohn nie anrührte, sind ihr Lieblingsspielzeug. Sie nimmt den Tyrannosaurus überall hin mit, auch in den Kindergarten. Manchmal hebt sie die Arme und macht dabei „UAAAAAAHHH!“ Danach läuft sie zu Jakob, und beisst ihm in den Arm.
Viele Grüße von Pia