Neulich saßen Anton und ich ziemlich müde auf dem Sofa. Eigentlich wollten wir nur unsere Lieblingssendung Neomagazin Royale anschauen, aber ich hatte so ein paar Fragen zu klären. Es gab ein paar persönliche Angelegenheiten bei dem einen Kind und gesundheitliche Problemchen bei dem anderen. Nichts wirklich Weltbewegendes, aber für mich dennoch wichtig. Außerdem hatte ich so ein paar Dinge auf der Liste, bei denen ich Rat brauchte. Sollte ich für Oskar jetzt schon gefütterte Winterschuhe kaufen? Dann würde er aber bei diesem warmen Wetter schwitzen. Ein paar ungefütterte hingegen plus die warmen für die kalten Tage wäre schon eine größere finanzielle Investition. Jeder, der schon einmal Kinderschuhe gekauft hat, weiß warum.
Ach, diese Lapalien
Es waren so die üblichen Angelegenheiten, mit denen Eltern zu tun haben. Oder sollte ich besser sagen, Mütter? Jedenfalls war Anton müde und schlief während meines Monologs ein (er hatte die Nacht zuvor Oskars Wehwehchen versorgt und kaum geschlafen, das muss ich ihm zugute halten.) Aber ein bisschen ärgerte es mich, dass all dieser Alltagskram immer meine Baustelle war. Und da fiel mir wieder auf, wie ätzend und undankbar es ist, das Familienmanagement zu übernehmen. Es gibt nämlich hundertachzig Dinge zu klären, die von außen betrachtet Lapalien sind. Mach dich mal locker, mach die selbst nicht zu viel Stress, ist doch alles halb so wild – ja, das sagt sich so leicht, wenn einer den ganzen Tag außer Haus ist. Denn dieser jenige schreibt keine Mails mit Kindergärtnern und Lehrern zwecks dies und jenem und tippt sich in den unseligen Eltern-Whatsapp-Chats die Finger wund. Er muss nicht mit drei Kindern im warmen Schuhgeschäft stehen und dem Kleinsten zig Latschen an die Füße friemeln, während sich die Großen im Regal nebenan die Köpfe einschlagen. Er muss sich nicht darum kümmern, dass jedes Kind Handschuhe, Mütze und Schal in der passenden Größe hat und diese immer wieder neu eingekauft werden, weil die lieben Kinderlein alles immerzu verlieren.
Mach dich locker, Mama!
Von außen betrachtet ist es einfach, einer Mutter zu sagen, sie soll mal Fünfe gerade sein lassen. Dann geht das Kind eben mal ohne Handschuh aus dem Haus, dann klärt es den Streit im Kindergarten eben selber, dann muss Kind A eben mit zum Reiten und Kind B zum Fußball, was ist denn dabei?
Tja, jede(r), der sich Familienmanager(in) nennen darf, weiß, dass das am Ende doch an einem selber hängen bleibt und sich vieles am Ende doppelt und dreifach rächt. Ich jedenfalls bin alles andere als eine Glucke. Ich lasse meine Kinder ihre Streitereien selber regeln, ich mute ihnen zu, sich selbst um ihre Sachen zu kümmern. Ich komm auch mal klar, wenn die Zähne ungeputzt sind. Aber dann weint das Kind morgens, weil die Finger so frieren, also muss ICH in den Fundsachen nach den Handschuhen wühlen, weil es dazu alleine echt nicht in der Lage ist. Also muss ICH mal nachforschen, warum sich die Mädchen nicht mehr treffen wollen und ob das nicht mit etwas elterlicher Hilfe wieder einzurenken ist. Also bin am Ende doch ICH verantwortlich dafür, dass die Kinder gesunde Zähne haben, zumindest wenn sie noch im Grundschulalter sind.
Grabenkämpfe
Und dann sind es noch hundertachtzig Dinge mehr, die scheinbar nichtig sind und am Ende doch für Familienfrieden, Gesundheit und etwas weniger Chaos sorgen. Auf Instagram höre ich aus den Kommentaren vieler Frauen heraus, dass sie frustriert sind. Fehlende Anerkennung für all die Mühe und die Sicht von außen auf ihre Arbeit zuhause macht sie wütend. Es gibt viele Mütter, die sich bewusst für die Arbeit mit den Kindern und dem Haushalt entschieden haben. Aber sie reagieren fuchsteufelswild, wenn andere fragen: reicht dir das denn? Ist dir Wäsche, Kochen und Co echt genug? Kein Wunder sind sie so sauer und kein Wunder entbrennt oft ein erbarmungsloser Streit zwischen den Frauen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen und denen, die zuhause schuften. Denn wer möchte sich schon vorwerfen lassen, er sei mit so einer scheinbar niedrigen Tätigkeit zufrieden und brauche keinerlei intellektuellem Anspruch bei seinem täglichen Tun.
Meiner Meinung nach kommt diese Sicht auf die Arbeit zuhause daher, dass in unserer Gesellschaft die Care-Arbeit generell viel zu wenig geschätzt wird. Das sieht man an der schlechten Bezahlung für Pflegende, für Erzieher oder Krankenschwestern. Aber sind das nicht die Menschen, auf die wir alle früher oder später am meisten angewiesen sind? Wieso ist uns diese Arbeit so wenig wert? Die Arbeit mit unseren Kindern zum Beispiel, da kümmern sich Erzieher darum, dass unsere Kinder gut aufgehoben sind. Dass sie es warm und schön haben, basteln, spielen, lachen und gefördert werden. Pfleger*innen kümmern sich um Alte und Kranke, helfen beim Essen, Anziehen, beim Medikamente einnehmen, verhelfen zu Würde, streicheln über eine faltige Wange und schenken Zeit, sofern sie die überhaupt haben. Diese Menschen tragen extrem viel Verantwortung und bekommen doch nur einen winzigen Bruchteil von den Gehältern anderer.
Hausarbeit ist öde
Wäre uns das Kümmern um andere Menschen, seien es die eigenen Kinder, fremde Kinder, alte oder kranke Menschen, mehr Wert, wären Tätigkeiten wie diese angesehener und im Beruf besser bezahlt, würde es auch nicht so sehr frustrieren. Und die Arbeit zuhause, die keiner sieht und die scheinbar auch keine RICHTIGE Arbeit ist, würde viel lieber getan. Und da bin ich noch bei einem weiteren Punkt, der mir wichtig ist. Denn immernoch frage ich mich, warum diese Tätigkeit immer noch von viel zu wenigen Männern ausgeführt wird. Eine Antwort fand ich neulich in dem sehr empfehlenswerten und tollen Buch von Christan Hanne, Ein Vater greift zur Flasche (Affiliate Link). Darin erzählt der Vater, der sich im Büro in die Elternzeit verabschiedete um zuhause Haushalt und Baby zu wuppen, von der Reaktion seines Chefs:
Immer nur Füttern, Windeln wechseln und Wäsche waschen ist ganz schön mühselig. (…) Und den ganzen Tag mit ienem Baby zusammen sien, ist auf Dauer auch ganz schön öde. (…) Da gehlt es einem doch an intellektueller Inspiration, da kommt ja höchstens ein wenig Gebrabbel.“ (S. 10f)
Die Väter müssen ran
Ich wette, so etwas wurde eine Frau noch nie gefragt, die sich in die Elternzeit verabschiedete. Keiner fragt sich, ob es ihr auch mal zu langweilig würde. Oder besser gesagt: warum wird hier der Vater gefragt? Schließlich muss die Care-Arbeit ja einer machen. Aber alle scheinen davon auszugehen, dass diesen Job „ohne intellektuelle Inspiration“ die Mutter macht. Und so sehe ich nur eine Lösung darin, dass mehr und mehr Männer auch zuhause bleiben, so wie Christian Hanne, der Autor, es getan hat.
Wir müssen irgendwie den Haushalt schmeißen, wir müssen für unsere Kinder da sein und uns um sie kümmern. Dazu gehören auch die ganzen Lapalien wie Schuhe kaufen, zu kleine Kleidung aussortieren oder Hausaufgaben beaufsichtigen. Wenn mehr Männer zuhause Verantwortung übernehmen, wenn es wirklich eine freie Entscheidung wäre, zuhause zu bleiben, wenn diese Arbeit endlich als wichtig und nötig und überaus ehrenwert angesehen wird, dann erledigten sich auch die Kämpfe unter den Frauen. Dann würde keine spöttisch auf die herabblicken, die sich in den jungen Kinderjahren für das Familienmanagemenet entscheiden und andere Frauen könnten ohne Probleme die Care-Arbeit zur Abwechslung mal in die Hände ihrer Männer geben, um endlich wieder ihrer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Für mich gibt es keine wertvollere Arbeit auf der Welt als sich um meine beiden Söhne und um meine Tochter zu kümmern. Dafür zu sorgen, dass sie eine schöne Kindheit, genug saubere Kleider und gesundes Essen haben, dass sie sich ihren Hobbys und Freunden widmen können und zuhause einen gemütlichen Ort finden, an dem sie sich wohl und geborgen fühlen können. Aber ich habe dafür jetzt lang genug die Hauptsorge getragen. Daher werden Anton und ich in der nächsten Zeit nach Mitteln und Wegen suchen, dass er öfter zuhause ist und ich wieder öfter meinem Beruf nachgehen kann.
Eine gute Welt
Meine persönliche Utopie ist nach wie vor, dass Eltern sich beides teilen. Dass sie in den Jahren, in denen die Kinder klein sind, reduziert arbeiten können. Sie geht ins Büro, während er Kinderschuhe kaufen geht. Sie kümmert sich um die Wäsche, während er in Ruhe im Homeoffice arbeitet. Wenn die Kinder größer sind, gibt es tolle und bestens betreute Ganztagsschulen mit wunderbaren Pädagog*innen, denn der Staat lässt sich die Chancengleichheit der Kinder endlich richtig was kosten. Und Pfleger*innen, Sozialarbeiter*innen und Erzieher*innen bekommen endlich das Gehalt, das sie verdienen. Was ist uns die Care-Arbeit wert? Und wie möchten wir die Menschen behandeln, die sich kümmern?
Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura
Schau doch mal auf Instagram vorbei. Dort poste ich all meine Ideen, die zu einem entspannteren Eltern-Leben führen. Hier gibts außerdem vormittags die #Müttersprechstunde, in der ich live mit dir diskutiere. Wir sprechen über den Druck, der manchmal auf uns lastet, über tolle Bücher, über Lustiges und über Finanzielles, denn ich engagiere mich mit Sophie von @kinderhabenblog mit unserem Projekt MamasUndMoneten für Aufklärung in Sachen Geld. Da haben viele von uns nämlich Nachholbedarf, ich übrigens auch. Und manchmal sind hier auch die Schwabenmütter zu Gast. Das sind ein paar Frauen mit Dialekt und einer Menge Power. Sie helfen uns ein bisschen aus dem Mama-Trott hinaus und haben tolle Ideen, wie wir mal Fünfe gerade sein lassen. Ich freue mich, wenn du dabei bist.