….dann weiß ich mit dieser kostbaren und wertvollen Zeit einfach nichts anzufangen, oder besser gesagt: ich wüsste 1001 Dinge, die ich tun könnte, möchte oder müsste. Das macht mich dann so irre, dass ich herumrenne wie ein Huhn mit einem Puls von 180. Oder der Druck, diese 60 bis 120 Minuten optimal zu nutzen, lähmen mich und ich sitze da wie ein hypnotisiertes Kaninchen. Geht es dir auch so? Dann habe ich am Ende des Textes eine Idee, die unser Dilemma lösen kann.
Mein Alltag
Vormittags bin ich zuhause mit meinem Job oder unserem Haushalt beschäftigt und komme nicht zu meinen Hobbys Lesen, Laufen oder Lümmeln. Da wartet Wäsche, eine volle Spülmaschine oder die vielen krümeligen Ecken vom morgendlichen Frühstück. Ich koche dann Mittagessen, sauge den Flur oder sortiere Kleidung in die Schränke. Wenn ich bald wieder als Journalistin zu arbeiten beginne, sitze ich den Vormittag über vor dem PC. Nachmittags wird es dann trubelig bei uns. Jimmy macht Hausaufgaben, Luise möchte ein Kapitel aus ihrem Pferdebuch hören, Oskar hat die Windeln voll und eigentlich sollten wir bei dem schönen Wetter schnell raus auf den Spielplatz. Abends geht der Wahnsinn richtig los! Anton und ich machen Abendessen, räumen ab, bringen Kinder ins Bett und dann sind wir meist K.O.
Geschenkte Zeit
Ab und an passiert aber folgendes kleines Wunder. Jimmy ist bei einem Freund, die beiden Kleinen gehen spontan mit Oma und Opa in den Märchengarten. Meist kommt so etwas völlig unverhofft und ich ahnte am Morgen noch nichts von der Wonne. Also packe ich flott die Täschchen mit Wechselklamotten, Wasserflasche und Hut, instruiere Jimmy, höflich zu den Eltern des Freundes zu sein, dann knallt schon die Türe und ich bin – alleine.
Ich schaue mich um und sehe einen Berg Wäsche, die dringend gebügelt werden müsste. Müsste ist das Stichwort: ein Vorratsraum wartet aufs Aufräumen, die Kaffeemaschine aufs Entkalken, Bilder wollen an die Wand gehängt und eine neuer Biomülleimer im Internet bestellt werden. Luises Gummistiefel sind dreckig und Jimmy braucht neue Bettwäsche. Hier schreibe ich dir nun meinen Gedankenstrom auf, der fünfzehn Minuten lang durch mein Oberstübchen tobt:
AAAAAHHHHH, wie soll ich das nur alles schaffen, wenn die Kinder in zwei Stunden wieder vor der Türe stehen? Da es nahezu aussichtslos ist, den Haushalt in den Griff zu kriegen, sollte ich mir schnell einen anderen Plan überlegen. Mist, es sind bereits zehn wertvolle Minuten meiner heiligen Zeit vorbei, in denen ich nur geguckt und gedacht habe. Jetzt aber flott! Wenn ich die Zeit also für mich nutze, könnte ich ne Runde bloggen. Gute Idee. Aber viel besser wäre es doch, bei dem schönen Wetter über die Felder zu joggen. Oder ich surfe im Netz und bestelle mir endlich neue Winterstiefel. Achso, im Netz könnte ich auch einfach zwei Staffeln meiner Lieblingsserie gucken, dabei die Rolladen schließen und eine Tafel Schokolade essen. Oder ich probiere dieses neue leckere Kürbiskuchenrezept… Oh nein, es ist schon halb vier Uhr und ich habe noch NICHTS getan!
Eltern im Stress
Ganz schön verrückt, oder? Aber ich könnte mir vorstellen, dass dir solche Gedanken nicht ganz fremd sind. Immerhin haben wir Eltern (und vor allem die Mütter) eine nie endende To Do-Liste im Kopf oder auf der Küchenanrichte. Die Hobbys kommen zu kurz, weder für Yogaübungen noch fürs Fotografieren haben wir ein paar Stunden übrig. Und so wundervoll und erfüllend die Zeit mit den Kindern ist – wir sehnen uns doch alle mal nach dieser wonnevollen Langeweile, die uns kinderlos, jung und unbedarft an einem langen Samstagnachmittag befiel. Manchmal schaue ich auch belustigt auf meine Kinder, die so viel Zeit haben und sich über die gähnende Langeweile beschweren. Ich dagegen bin unter Strom und vor lauter Hin-und-Hergerissenheit zwischen den vielen zu erledigenden Aufgaben und den mangelnden Stunden bin ich nicht mehr in der Lage, zwei Stunden das zu tun, was ich gerade wirklich brauche.
Die Lösung
Wie komme ich raus aus dem Dilemma? Nun, ich habe mir folgendes vorgenommen: ein Drittel der freien Zeit werde ich das nächste Mal tatsächlich nutzen, um ein bisschen Wäsche zu bügeln oder die Kaffeemaschine zu reinigen. Dafür stelle ich mir auf jeden Fall einen Handywecker. Wenn der bimmelt, lasse ich alles liegen und stehen (stecke noch das Bügeleisen aus) und höre kurz in mich hinein. Bei welcher Tätigkeit hätte ich den Rest der Zeit den meisten Spaß? Bin ich müde und halte ein erfrischendes Nickerchen? Bin ich voller Elan und gehe raus zum Joggen? Ich gestatte mir noch maximal eine Möglichkeit und frage mich, ob es mir eventuell gut tun würde, eine Stunde mit meiner lieben Freundin Juli zu telefonieren. Und wenn diese Idee in mir drin auf ein „Juchuu“ stößt, greife ich zum Hörer und lasse die Laufschuhe im Schrank.
Achtsamkeit ist ein ausgelutschter Begriff, der uns aus jeder Frauen-Zeitschrift entgegen geplärrt wird. Aber es ist was dran an der Philosophie, den Moment zu nutzen. Nicht effektiv und effizient, sondern voller Vertrauen darauf, dass wir JETZT leben und dieses Leben so oft es geht genießen sollen. Wir Eltern vergessen das zu oft, aber wir haben ein paar kleine Zenmeister, die uns das täglich lehren können – unsere eigenen Kinder. Und die wiederum brauchen Mamas und Papas, die ihnen zeigen, dass Menschen auch an sich selbst denken müssen. Denn sonst sind sie es, die in 15 Jahren durch ihr Bachelor-Studium hetzen, anstelle ein Jahr in Australien das Jungsein zu genießen.
Ganz besonders die Menschen, die der Motor der Familie sind, müssen sich Zeit nehmen und ihren Zylindern ein wenig Ruhe gönnen, bevor der Kolben durchbrennt. Wenn dir also in den nächsten Wochen ein bisschen Zeit für dich geschenkt wird, mach etwas draus!
Bleib fröhlich und unperfekt,
Laura
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