Trotzphase? Kennen wir alle. Nina und ich haben uns eben per Skype-Konferenz über allerlei Themen ausgetauscht. Am Ende haben wir uns noch über die Kinder unterhalten und dabei bemerkt, dass wir gerade ein und dasselbe Problem haben: Ein knapp vierjähriges Mädchen, das momentan für gewaltigen Zunder sorgt. Könnte es vielleicht sein, dass es noch ein paar anderen Müttern so geht wie uns? Völlig fertig von der Streiterei mit einem Töchterlein? Am Rande des Wahnsinns, weil eine kleine Frau eine große anbrüllt und die daraufhin in derselben Lautstärke zurückbäfft, bis beide heulen?
Zicken-Alarm trifft Trotzköpfe
Ein Kindergartengespräch bringt Aufschluss, denn eine weitere Mütterkollegin berichtet vom Hennenkampf zuhause. Es scheint also nicht nur ein Problem bei uns zu sein. In vielen Haushalten hängt der Haussegen schief, wenn sich ein kleines Mädchen gegen Mama stellt oder Mama nicht das macht, was das kleine Mädchen erwartet. Ganz oft verläuft die Auseinandersetzung nach Schema F: Schlechte Laune bei der Großen, Verdruss bei der Kleinen, beide in der Trotzphase. Dann wird diskutiert über Dinge wie die Farbe des Frühstückstellers oder die Auswahl der passenden Schuhe. Die Uneinigkeit steigert sich zu einem Wortgefecht, Sätze wie „wenn du nicht sofort dies tust passiert das“ oder „ich will zu Papa“ fallen und am Ende schreit jede, so laut sie kann.
Passieren kann die Damen-Explosion bei uns zuhause jederzeit. Morgens gibt es Knatsch am Frühstückstisch, weil ich müde und Luise hungrig ist. Die Cornflakes möchte sie aber heute ohne Milch und das erfahre ich, nachdem ich die Schüssel bis oben gefüllt habe. Die Stimmung ist schlecht, ich gähne und mache mir Kaffee. Als ich Luise frage, was sie heute anziehen möchte, ruft sie: „gar nichts!“ und knallt mir ihr Plastikpony vor die Füße. Dann stapft sie in ihr Zimmer und räumt alle Spielzeugkisten demonstrativ aus. Ich mache mir nichts draus, geht sie halt im Schlafanzug in den Kindergarten. Als wir gehen wollen, fällt ihr ein, dass sie doch etwas anziehen möchte. Es wird knapp mit der Zeit und ich hole ein Kleid. „Nicht das Jeanskleid, das mag ich nicht, Bääh“ heult sie auf. „Mach doch, was du willst“ rufe ich und gehe aus der Tür. Nun kommt der Wutanfall, der seinesgleichen sucht. Luise stampft mit dem Fuß, Luise zetert. Sie rauft sich die Haare und wirft mit ihren Sandalen. Sie holt ihre Brotdose aus dem Rucksack und pfeffert sie in die Ecke.
Wie es dann mit der Trotzphase weitergeht, ist unterschiedlich. Bin ich immer noch müde und schlecht gelaunt, kann das böse enden. Mit noch mehr Schreierei, Drohungen, Türen knallen und üblen Flüchen. Wenn ich gute Nerven habe, nehme ich mir Zeit und rede mit Engelszungen auf Luise ein. Letzteres klappt definitiv besser, ersteres überwiegt leider.
Oskar in Gefahr
Schwierig ist vor allem, wenn Luise es mal wieder auf Baby-Bruder Oskar abgesehen hat. Wenn er Glück hat, wird er nur feste gedrückt, hoch gehoben oder rumgekullert. Hat er Pech, entreißt sie ihm das Spielzeug, kneift ihn ins Ärmchen oder zieht in an den Füßen durch die Bude. Egal was ich sage, egal was ich tue, sie hört einfach nicht auf. Und das ist Stressfaktor Nummer eins in unserem Haushalt, denn erst weint Oskar wegen der schwesterlichen Übergriffe, dann weint Luise, weil ich schimpfe.
Kleine Mädchen haben Power
Luise hat echt Temperament und vermutlich ist ihr zur Zeit klar, dass sie als Vierjährige gegen viele Grenzen anrennen muss, so will es die Natur. Sie will abends nicht ins Bett, sie will kein Gemüse essen, sie will jetzt zu ihrer Freundin Anna gehen und sie will lieber zu Oma als zum Turnen. Ihre Antwort auf mein „Nein“ ist unbändige Wut und gepaart mit Müdigkeit, Hunger oder Hitze wird diese zu einer explosiven Mischung, gegen die ein Silvesterfeuerwerk ein Witz ist. Dass es Nina gerade ähnlich geht, tut mir leid, aber es tut auch gut. Dann liegt es ja nicht nur an mir, sondern an dem Umstand, dass müde Mütter und vierjährige Mädchen nicht gerade eine gute Mischung für Friede, Freude Eierkuchen sind. Oder was sagst du zu Trotzphasen, Nina?
Was ich dazu sage? Am Arsch die Räuber! Wir brauchen einen Exorzisten! Wir können aktuell nur alle Daumen gedrückt halten, dass Lisa aus dieser Phase draußen ist, bevor einer der Jungs reinkommt! Und ansonsten heißt es ATMEN, ATMEN und noch tiefer ATMEN! Ich bin übrigens für alle Tipps offen, die mir zu mehr Gelassenheit verhelfen 😉
Für alle, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, sei das Buch vom Wunschkind-Blog ans Herz gelegt. Es ist klasse geschrieben und ich hatte nach dem Lesen das Gefühl, Luise viel besser verstehen zu können. Mein Lieblingstipp der beiden Autorinnen lautet: wir denken immer, unser Kind kooperiert nicht. Dabei kooperiert es die meiste Zeit. Es kommt, wenn wir es rufen, es steigt ins Auto, es geht in den Kindergarten…. es macht sehr viel von dem, was wir sagen. Und fällt eben immer nur auf, wenn es etwas nicht tut! Klasse, der Gedanke, oder? Also, mit diesem Buch schaffen wir Mütter es durch die Trotzphase, und wenn es unsere eigene ist:
Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn: Der entspannte Weg durch Trotzphasen von Danielle Graf und Katja Seide, Beltz 2016, 14,95.