Oskar beim Baby-TÜV

Heute hatte Oskar einen wichtigen Termin: die U3 stand an, der dritte Baby-TÜV seines jungen Lebens. Für ihn ist es durchaus aufregend, aufregend ist es aber auch für mich als Mutter. Ein paar Wochen alte Babys können sich nämlich durchaus Angenehmeres vorstellen, als nackig in fremder Umgebung zu liegen und sich von einem unbekannten Mann untersuchen zu lassen. Entsprechend ist die Empörung und die Lautstärke ihres Protests.

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Schon bei Jimmy und Luise habe ich Blut und Wasser geschwitzt und meine Mutter als Unterstützung mitgenommen. Dieses Mal ging ich alleine los, schließlich sind wir regelmäßige Gäste in dieser Kinderarztpraxis, und ich bin mittlerweile routiniert, dachte ich zumindest. Aber der Arztbesuch mit einem Kind, das meine Sprache versteht, selber läuft und mit einem Eis als Bestechung jede Impfung über sich ergehen lässt, ist einfach etwas anderes und wesentlich leichter als mit einem klitzekleinen Säugling, der so tut, als führe ich ihn zur Schlachtbank oder zumindest ins Kinderheim.

Ich komme also samt Kinderwagen zur Tür herein. Dort stehen bereits diverse Fahrzeuge und ich quetsche meines noch dazu. Dann hänge ich mir meine überdimensionale Tasche um und gehe zur Anmeldung. Dort warten bereits viele Mütter samt kranker Kinder, die entweder einen roten Kopf und bellenden Husten oder seltsame Ausschläge auf der Haut haben. Ich halte Abstand und bin froh, dass heute keine Luise dabei ist, die immer gerne im Wartezimmer erstmal mit der Zunge die Stuhllehnen entlang fährt oder dem Schaukelpferd einen nassen Schmatzer aufs Maul drückt. Aus Angst vor all diesen Keimen nehme ich mir immer eigene Kinderbücher zum Vorlesen mit und beschwöre Jimmy, bloß keine praxiseigenen Legosteine anzufassen.

Aber zurück zu Oskar. Den kann ich wenigstens recht einfach von all diesen kleinen Viren-Schleudern fernhalten und wir dürfen sogar schon in Zimmer Nummer vier. „Bitte ziehen Sie das Kind aus“, bittet die Sprechstundenhilfe. Ich hole also Oskar aus seinem Wagen, der nach einem quengeligen Morgen auf dem Hinweg endlich eingeschlafen war. Er wacht prompt auf und weint los. Im warmen Untersuchungsraum schäle ich ihn aus seinen Klamotten. Ich schwitze wie verrückt, Oskar aber friert und so knipse ich direkt den Wärmestrahler an. Die Windel ist voll, also ziehe ich sie ihm aus und lasse ihn nackig auf der Liege liegen. Er beginnt, noch lauter zu schreien, vermutlich vor Hunger. Ich stille ihn eben, da macht er ein riesen Geschäft, das in leuchtender Aprikosenfarbe auf meine Hose und den Praxisboden tropft. Ich suche nach Feuchttüchern, die sind natürlich alle. Zum Glück gibt es Papierhandtücher und ich versuche, die Sauerei aufzuwischen. Oskar brüllt, weil seine Mahlzeit unterbrochen wurde, mir ist warm, die Unterlage auf der Liege versaut. Ich stille eben weiter, dann nehme ich Oskar hoch, damit er aufstoßen kann. „Mist, das Spucktuch“, denke ich noch. Als ich es mir aus der Tasche angeln will, ist Oskar schneller und spuckt mit einem satten Rülpser den Boden voll. Ich suche wieder nach Tüchern zum Aufwischen und bin fix und alle.

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Da kommt der Arzt ins Zimmer und sieht mich erst nicht, denn ich knie ja auf dem Boden und wische zum zweiten Mal das Malheur auf. Bei der Untersuchung flippt Oskar dann völlig aus. Ich kenne das von Jimmy und Luise, der Arzt wundert sich ein wenig über dieses „charakterstarke“ Kind. Damit sich das Baby ein wenig beruhigen kann, hole ich den Schnuller raus, zur Freude des fußballaffinen Arztes ist es ein VfB-Modell und wir sprechen kurz über die Freude auf die Aufstiegsfeier im nächsten Jahr. Dann folgt der Hüft-Ultraschall und damit Oskar sich am Sauger beruhigen kann, muss ich mich ziemlich verrenken und hänge auf der Liege. Es ist ziemlich anstrengend und der Schweiß rinnt mir den Rücken herunter.

Endlich ist es geschafft, und Oskar und ich sind es auch. Beim Wickeln pinkelt er vor Aufregung ein weiteres Mal die Liege voll, seine Klamotten sind auch versaut. Zum Glück habe ich die überdimensionale Tasche mit all dem Equipment dabei. Ich wickele ihn ein drittes Mal, ziehe ihm neue Sachen an und überlege, mir künftig auch Wechselkleidung einzupacken. Ich schnappe mir alle meine Sachen, den Berg Müll, den wir in kürzester Zeit produziert haben, sowie Oskar, der nun vor Erschöpfung pennt wie ein Stein, und verlasse den Raum, gehe vorbei an all den kleinen, röchelnden und rotzenden Patienten und trete noch einmal an den Praxistresen, um die nächsten Termine auszumachen. Luise ist mit Impfen dran, Jimmy steht die U9 bevor, Oskar ist in vier Wochen für die U4 fällig. Mit drei Kindern bin ich bald öfter hier als auf dem Spielplatz, denke ich, und eine neue Hitzewelle überkommt mich.

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