Sarah vom Blog Mamaskind hat zur Blogparade aufgerufen: Müssen Kinder teilen lernen? Das Thema hat mich sofort angesprochen und ich war total verwundert, wie ähnlich Sarah und ich uns sind. Dass wir beide drei Kinder haben, wusste ich. Aber dass es uns mit dem Teilen auch ganz ähnlich geht, das fand ich spannend.
Abgeben muss sein…
Wie bei Sarah auch sagte mir mein Bauchgefühl früher, dass ich den Kindern das Teilen beibringen muss. „Gib deinem Bruder was ab, das muss man so machen unter Geschwistern“, habe ich Jimmy befohlen und war sauer, wenn er von seinen Gummibären nichts abgab. Ich wollte auch, dass Luise ihre Freundinnen mit ihrem Lieblingspferdchen spielen lässt, wenn sie zu Besuch sind, und fand es von Oskar nicht in Ordnung, dass er dem Nachbarsjungen sein Laufrädchen nicht ließ.
Zur Not habe ich das Teilen per Mama-Dekret einfach verordnet. „So ist das eben, mit Geschwistern MUSS man teilen, Ende Aus Mickymaus“. Mich hat es auch nicht verwundert, dass mein Kind weinte, wenn es im Sandkasten saß und die Schaufel nicht abgeben wollte. „Ist halt so, jetzt ist eben der andere Junge dran, du hattest die Schaufel lange genug“. Im Nachhinhein schäme ich mich dafür, da bin ich ehrlich. Wie dieser Wandel kam? Tjanun, das war aus demselbem Grund wie bei Sarah: ich habe ein Buch gelesen. Dieses Buch habe ich hier schon rezensiert und ich halte es für bedingungslos empfehlenswert: Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn. (Werbelink) Die beiden Autorinnen erklären sehr einfühlsam, wie Kinder denken und ich habe einen ganz einfachen Trick gelernt. Frag dich einfach selbst, wie es dir an des Kindes Stelle gehen würde. Und ganz oft bin ich dann verdutzt, wieso ich das nicht schon immer getan habe, denn meist wird ein Verhalten dann ganz logisch.
…oder etwa nicht?
Ich habe bisher oft nach dem Motto gelebt, dass das Kind gewisse Dinge so hinnehmen muss, weil ich es als Mutter so will. Ich bin die Mama, ich habe die Macht. Die Kinder wissen noch nicht viel, ich weiß es besser. Mama will nur das Beste, also müssen es die Kinder so akzeptieren. Natürlich ist es bei vielen Dingen auch so, denken wir nur mal ans Zähne putzen, in die Steckdose fassen oder über die Straße laufen. Na klar, müssen unsere Kinder vieles so hinnehmen, aber dass sie es nicht gerne machen oder Protest dabei äußern, das sollten wir ihnen lassen. Denken wir nur an uns selbst. Wenn wir gemütlich am Schreibtisch sitzen und einen Auftrag zu Ende bringen und der Chef kommt rein und verlangt, dass wir jetzt sofort aufhören müssen, weil doch dieses Meeting ansteht und zwar auf der Stelle und außerdem mögen wir uns doch bitte endlich was Vernünftiges anziehen, so läuft doch keiner rum! Dann machen wir entweder gar nicht mit oder nur widerwillig, erklären unseren Chef insgeheim für ätzend und sind ihm gegenüber eher negativ eingestellt.
Keine Sorge, ich bin wie alle Eltern hier zuhause ganz oft ein doofer Chef, aber seit ich das Buch kenne, wundere ich mich nicht, wenn meine Kinder dann Protest ankündigen und mich ätzend finden. Ich kann dir nur aus eigener Erfahung sagen: wenn ich gute Nerven habe und mit den Kindern so umgehe, wie ich selbst von anderen Menschen behandelt werden will, dann läuft es geschmeidig. Ganz besonders mit Jimmy, der mich und meine Worte als Siebenjähriger gut versteht.
Was hat das nun alles mit dem Teilen zu tun, fragst du dich, und findest zurecht, dass ich hier wieder ziemlich rumlabere. Aber es ist doch so: wenn der Chef kommt und sagt, dass ich das schöne Geschäftshandy ab morgen mit meinem Kollegen teilen soll und zwar ohne Meckern, ist das klar? Dann sage ich ihm: „Nein, ich brauche das Handy alleine. Ich kann das nicht teilen, was, wenn ein Kunde anruft, und überhaupt, wie soll das gehen? Das kommt mir nicht in die Tüte!“
Ich teile auch nicht alles
Und ich teile viele andere Sachen nicht. Meine schönen Kleider, zum Beispiel. Die möchte ich meinen Freundinnen nicht ausleihen. Mein Handy gebe ich auch nur ungern ab, genauso wie mein Arbeitsmaterial. Wenn Oskar an meine Washi-Tapes geht, gehe ich in die Luft. Und wenn Anton fragt, ob er was von meinem Frappuccino abhaben kann, sage ich „Nein!“
Wieso ist es uns dann nicht glasklar, dass das Kind im Sandkasten gerade so schön mit dieser blauen Schaufel spielt und sie unbedingt braucht, um weiter am Sandberg zu bauen? Stell dir vor, bei ganz kleinen Kindern ist es sogar so, dass sie manche Gegenstände als zu ihrem Körper gehörend ansehen und wenn die Mama dann die Schaufel schnappt, um sie dem zeternden Kind nebenan zu geben, es sich anfühlt, als reiße sie ihm ein Fingerchen ab? Seit ich das weiß, entschuldige ich mich insgeheim beim kleinen Jimmy.
Teilen ist freiwillig
Wieso wollen wir eigentlich, dass die Kinder teilen? Ist ja klar, wir möchten, dass sie merken, dass auch ein anderer Bedürfnisse hat. Dafür müssen sie sich in diesen hinein versetzen. Das können sie aber erst später, Kleinkindern gelingt das alles noch fast gar nicht. Aber Größere sollen unserer Meiung nach teilen lernen, weil wir es in einer Gruppe eben so machen, an den anderen denken, etwas abgeben, damit alle Spaß dran haben, ob Gummibären, sprechender Stift oder was auch immer. Und wir wollen, dass die Kinder es von sich aus machen. Ich glaube, das funktioniert nur auf der Basis von Freiwilligkeit. Zwingen wir sie zum Teilen, machen sie es vielleicht. Sie machen es widerwillig und wenn wir nicht hingucken, machen sie es gar nicht.
Daher mache ich es zuhause jetzt so: ich weiß, dass die Kinder später sowieso von mir lernen, wenn ich ein gutes Vorbild bin. Also teile ich mit den Kindern meine Dinge, die ich teilen möchte und bin auch mal großzügig. OK, Oskar, hier ist ein Stück vom Glitzer-Tape. Aber an meine Stifte und den Computer darfst du nicht dran gehen, ok? Oskar muss aber auch sein geliebtes Laufrad nicht mehr mit dem Nachbarsjungen teilen. Er liebt es, so wie ich meinen Computer. Wenn er nichts von den Süßis abgeben will, dann frage ich ihn, ob Luise nicht doch auch ein Gummibärchen haben darf, sie hat so Lust darauf. Will er nicht, dann ist es so.
Sei versichert: seitdem wir hier keinen Zwang mehr haben, klappt das mit dem Teilen besser. So auch bei Sarah. Die Dinge, die den Kindern furchtbar wichtig sind, die müssen sie nicht teilen. Bei allem anderen sind sie von selber sehr großzügig, der eine mehr, der andere weniger. Das ist auch Typsache. Wie bei so vielen anderen Dingen auch in Erziehungsfragen gilt das Sprichwort von Oswald Bumke:
„Erziehen heißt vorleben. Alles andere ist höchstens Dressur.“
Wenn wir das Teilen vorleben, den Kindern zeigen, dass wir auch an arme Menschen denken. Etwas spenden oder unsere Zeit verschenken. Wenn wir großzügig mit unseren Mitmenschen, Freunden und Kindern sind, uns gegenseitig unterstützen und auch mal ein Auge zudrücken, dann lernen die Kinder das Teilen von ganz alleine.
Bleib fröhlich und unperfekt,
deine Laura
Mehr von Heute ist Musik gibts auf Facebook oder Instagram. Dort erzähle ich einen Schwank aus meinem Leben, streue Glitzer in den Mama-Alltag oder teile schöne Texte meiner lieben Bloggerkollegen. Ich freue mich auf dich!