Bisher dachte ich immer, dass Jimmy nicht gerne läuft. Gestern wurde ich, wie so oft bei meinen Kindern, eines besseren belehrt: Jimmy läuft ganz ausgezeichnet. Es bedarf ganz einfach der richtigen Motivation, die bei unserer ausgezeichneten Familienwanderung aus einem Burgruinen-Schlossgespenst, einem gefährlichen Wasserfall und einem dicken Belohnungseis bestand. Abends qualmten dann die Schuhe der ganzen Familie, wir aber waren mächtig stolz auf unseren Wandersmann. Und auch Luischen hat sich tapfer geschlagen. Heute erzähle ich euch von unserem Ausflug nach Bad Urach.
Auf zur Burgruine!
Nach einer knappen Stunde Fahrzeit mit dem Auto sind wir auch schon im Biosphärengebiet Schwäbische Alb und es grünt, wohin das Auge blickt. Nicht weit von Stuttgart, in der Nähe des bekannten Outlet-Stores Metzingen, liegt Bad Urach. Hier gibt es fabelhafte Wanderwege für die ganze Familie mit unterschiedlicher Länge. Wer einen Kinderwagen dabei hat, läuft einfach vom Parkplatz aus 2 Kilometer bis zum sagenhaften Wasserfall. Die Kinder können die Beinchen ins Wasser tauchen und die Erwachsenen genießen das Naturschauspiel. Wir hatten uns mehr vorgenommen: wir wollten das Schlossgespenst auf der Burgruine Hohenurach besuchen, den Wasserfall hatten wir uns als Höhepunkt und Ziel gesetzt.
Los ging es, wie in einer Großfamilie üblich, mit ein wenig Chaos. Anton musste seine Fähigkeiten als Operateur beweisen und mir eine Zecke aus dem Bein ziehen. Etwas später, wir waren schon mitten auf dem Wanderweg, bemerkten wir Luises ausgelaufene Wasserflasche in Oskars Wagen und mussten diesen samt Baby erst einmal auswringen. Oskar wurde von da an in die Babytrage gepackt, das Innere des Wagens zum Trocknen auf den Lenker gehängt. Mittlerweile sind Anton und ich routiniert, was solche Zwischenfälle betrifft. Nasse Klamotten schrecken uns nicht, mit diesem Malheur sind wir vier bis fünf Mal täglich konfrontiert.
Als alle Kinder trocken und die ersten Vesper-Brote ausgepackt sind, marschieren wir weiter und laufen gemütlich einen sanften Waldweg nach oben. Alle paar Meter machen wir Pause, denn Luise muss mal, wir schauen uns Glitzerkäfer und Nacktschnecken an und bestaunen mit den Ferngläsern die umliegende Landschaft.
Nach einer halben Stunde steht uns ein echt steiles Stück bevor und Anton und ich motivieren die beiden Großen um die Wette. Am Ende ist Jimmy kurz sogar das Schlossgespenst egal. Er kann nicht mehr, und erst als ich ein paar Hasen-Möhrchen-Witze zum besten gebe, kann er wieder lachen und marschiert weiter. Am Ende werden wir belohnt: die Ruine, früher ein Gefängnis, ist echt spannend, der Ausblick grandios und wir gruseln uns ein wenig, als wir durch die verschlossenen Gittertüren schauen und uns vorstellen, wie hier die Gefangenen gehaust haben. Das Schlossgespenst ist leider ausgeflogen, aber so schlimm ist das nicht. Jimmy kickt ein paar Runden mit dem mitgebrachten Ball und wir machen ein herrliches Picknick in der Sonne. Anschließend erklimmt Anton mit den Kindern noch die Burgmauern und ich erlebe ein paar Schrecksekunden, als ich sehe, wie steil es hinter den Mauern runter geht.
Wunderschöner Wasserfall
Dann geht es wieder abwärts und zwei Kilometer weiter durch den Wald. So langsam spüren wir unsere Füße. Luise sitzt auf Papas Schultern und Jimmy freut sich auf ein Eis. Ganz oben, oberhalb des Wasserfalls auf einer idyllischen Hochwiese, steht die bewirtete Wasserfallhütte, und wir gönnen uns Radler, und das versprochene Eis. Als wir zum Wasserfall gehen und bei der Absperrung hinunter blicken, halte ich die Kinder an deren Rucksäcken fest. Ganz schön spektakulär, wie der Fluss hier abwärts rauscht.
Anschließend gehen wir die Treppen hinunter, und Menschenmassen gehen hinauf. Der Weg vom Parkplatz zum Wasserfall und zur Hütte rauf scheint eine Art Pilgertour für die Menschen aus der gesamten Umgebung zu sein. Es ist irre voll und lange nicht so schön ruhig wie der erste Teil der Wanderung. Unten angekommen staunen wir dennoch, denn der Wasserfall sieht auch von hier irre aus. Dann marschieren wir noch einmal eine halbe Stunde zum Auto. Luise sitzt inzwischen im Kinderwagen, Jimmy ist tapfer und wird von Anton und mir mit Lob überhäuft. Als wir am Auto ankommen, sind wir alle fix und fertig. Aber auch happy, denn es gibt wirklich nichts Schöneres, als mit Kindern zu Wandern!
Infos: Wir hatten bei unserem Spaziergang den Kinderwagen dabei. Allerdings hat Anton diesen am Ende die steilen Treppen runter getragen, was nicht so empfehlenswert ist. Das Baby hatte ich die ganze Zeit in der Trage. Wenn ihr also auf den Kinderwagen nicht verzichten könnt, kehrt an der Hütte lieber um oder lauft einfach nur den Weg vom Parkplatz Richtung Wasserfall und zurück.
Parken ist kein Problem, es gibt genug Parkplätze! Verpflegung ist sinnvoll, an der Hütte bekommt ihr außerdem Würstchen und Eis. Ansonsten unbedingt an Wechselklamotten denken. Es gibt viele kleine Wassertellen, in die Kinder die Füße tunken können. Aus Erfahrung empfehle ich außerdem eine Zeckenzange.