Wie mache ich morgens drei Kinder fertig?

Diese Frage bekomme ich oft gestellt, und zu allererst möchte ich hier eine Tatsache verbreiten, die absolut wahr ist: es ist alles eine Frage der Übung. Mittlerweile kann ich sagen, dass ich die Sache meist im Griff habe, aber dafür habe ich sage und schreibe um die fünf Jahre TÄGLICHE Praxis gebraucht. Und bitte glaubt mir: mit einem einzigen Kind war ich mindestens so gestresst wie mit meinen Dreien jetzt. Also für alle Mütter, die das zweite oder dritte Kind bekommen, sei zur Beruhigung gesagt: der Stress wächst nicht proportional mit der Anzahl der Kinder. Denkt an euren ersten Job! Am Anfang hattet ihr das Gefühl, all die neuen Aufgaben niemals bewältigen zu können. Nach drei Jahren habt ihr neben eurer Hauptaufgabe noch die Urlaubsvertretung der Kollegin gemacht und saht dabei sogar entspannt aus.

Unsere Morgenroutine

Jetzt aber los, ran an die Kartoffeln. Ich erzähle euch heute, wie das bei uns morgens so abläuft:

Ich liebe Schlaf. Ich brauche Schlaf. Ich verehre mein Bett. Deshalb bleibe ich so lange es geht liegen. Aber spätestens um sieben klingelt der Wecker und Luise, die nachts in 99 von 100 Tagen zu uns ins Bett huscht, sitzt wie eine eins im Bett. Wenn wir Glück haben, schläft Oskar noch ein wenig, und wir Damen machen uns auf zum Frühstück. Einmal „Koanfleeks mit Mulch“ für Luise, einmal Müsli mit Milch plus riesen Becher Kaffee für mich. Dann löffeln wir ne Runde und ich höre der munteren kleinen Dame zu, wie sie mir im wahrsten Sinne des Wortes einen vom Pferd erzählt. Dann schmiere ich zwei Brote und schneide Äpfel und Gurken, packe sie in Dosen und ab in die Rucksäcke von Jimmy und Luise.

Um halb acht gehe ich Jimmy wecken. Der liebt Schlafen genauso wie ich und ist selten begeistert. Locken kann ich ihn hin und wieder mit einem Verweis auf den gestrigen Spielstand der Bundesliga. Oder mit einem Becher warmer Milch. Er schlurft zu uns und trinkt wort- und grußlos.

Kinder miteinbeziehen

Irgendwann wacht dann auch Oskar auf, ich schmiere ihm ein Marmeladenbrot und füttere ihn, während die Großen ne Runde spielen gehen. Luise hütet ihre Pferde, Jimmy drischt ein paar Bälle. Wenn Oskar fertig ist, müssen wir uns meist ein bisschen sputen.

Um neun Uhr ist Morgenkreis im Kindergarten und deshalb müssen wir bis 8:55 Uhr dort sein. Regel eins beim Kinder-fertig-machen lautet : „tu so, als seien die Kinder stets Herr über die Lage. Biete ihnen Entscheidungsmöglichkeiten“ Also rufe ich: „Luise, möchtest du dich zuerst anziehen, oder Zähne putzen?“. Sie möchte sich meist zuerst anziehen. Ich nehme Oskar mit, lege ihn auf den Kinderzimmerboden und gebe ihm etwas zum Spielen. Dann frage ich : „Luise, möchtest du ein Kleid oder eine Hose anziehen“ und verfahre im gleichen Schema weiter. Luise entscheidet sich für das Punktekleid, zieht die rosafarbene der grünen Strumpfhose vor, lässt sich klaglos ein T-Shirt überziehen und schnappt sich noch die Königinnenkrone für den Kopfschmuck. Regel zwei heißt: „Fang keine unnötigen Diskussionen an“. Das bedeutet, dass ich die Kinder Sonnenbrillen, Kronen, Gummistiefel, Trillerpfeifen, Fußballsocken und was ihnen sonst noch einfällt aussuchen lasse. Solange es der Jahreszeit entsprechend warm oder luftig genug ist, ist es mir egal. Auch was die Kombination der Farben angeht, drücke ich ein Auge zu. Spart Nerven, Worte und Mühen.

Wie wir die Zähne putzen

Dann gehts ab zum Zähne putzen. Regel drei lautet: „Zähneputzen macht Spaß!“ War für Luise lange Zeit ein leidiges Thema, bis Karius und Baktus in ihr Leben traten. Die Geschichte der beiden bösen Bakterien gibt es als Hörspiel oder als Buch, und Kinder lieben es. Seitdem Luise das Buch kennt, erzähle ich ihr während des Putzens spannende Kurzgeschichten. Einmal haben Karius und Baktus einen Ponyhof auf Kais Zähnen gebaut, einmal eine Schule für Bakterienkinder. Manchmal bauen sie Spielplätze oder Schlösser, hin und wieder bohren sie auch nur zum Spaß herum. Dann geht Kai mit seiner Mama zum Zahnarzt, dieser erzählt was vom Putzen und am Ende sind alle froh, auch Luise und ich. Dann beenden wir die Bad-Session mit Gesicht waschen und Haare kämmen und die Dame zischt noch eine Runde ab ins Kinderzimmer.

Jimmy rufe ich alle paar Minuten zu, dass er demnächst an der Reihe ist. So kann er sich mental darauf vorbereiten. Meist einigen wir uns wie folgt: er haut noch sieben Bälle ins Tor, dann kommt er. Oder er liest noch zwei Seiten im Buch, oder darf noch ein Blick in die Fußball-App auf dem Handy werfen. Wenn ich ihn in die Entscheidungen miteinbeziehe, klappt auch die nervige Pflichtübung wie das Anziehen ganz gut. Dabei helfe ich ihm, weil er das gerne mag. Vielleicht ist es wie Kuscheln, also habe ich selbst damit Frieden gemacht und stehe ihm beim Jeans über die Beine ziehen und sich den Pullover überstülpen zur Seite. Zähne putzen ist mit ihm kein Problem.

Baby braucht Abwechslung

Oskar ist in der Zwischenzeit unzufrieden mit der Situation auf dem Boden. Dann schnappe ich ihn mir und wickel ihn. Regel vier lautet: „das Baby braucht am Morgen Abwechslung“. Also liegt er mal mit ihm Bad rum, oder er sitzt auf seinem Stühlchen. Wenn er meckert, packe ich ihn direkt in den Wintersack und in den Kinderwagen.

Am Ende mache ich mich eben noch fertig, putze die Zähne und schmeiße Hose und Pullover drüber. Dann ziehen wir uns alle an und brettern los, mal mit dem Auto, mal mit Kinderwagen und Fahrrädern. Natürlich gibt es bei diesem Teil gehörig Zoff zwischen Jimmy und Luise, das ist nicht zu verhindern. Meist schaffen wir es dann bis um kurz vor neun zum Kindi. Regel Nummer fünf lautet: „wenn was dazwischen kommt, ist es eben so“. (Das geht natürlich nur, weil ich gerade in Elternzeit bin und nicht arbeite)

Manchmal kommt alles anders

So, das wäre es. Natürlich kommen manchmal Dinge dazwischen wie Kinderarzttermine mit Oskar, ich verschlafe, ein Kind flippt aus oder ist besonders schlecht gelaunt. Dann hilft nur: ruhig bleiben, durchatmen, mehr Kaffee trinken und im Zweifel gerne auch mal das Fräulein Rottenmeier raushängen lassen. Es ist auch durchaus schon einmal vorgekommen, dass ich unter meinem Wintermantel den Schlafanzug anhatte oder ich Jimmy und Luise eine kleine Runde Ponyreiten auf dem Tablet spendiert habe. Das darf und muss natürlich sein.

Ich wünsche euch weiterhin viel Spaß bei der morgendlichen Action-Tour. Seid stolz auf euch, das ist schließlich nicht ohne. Und das betrifft Mütter von Fünfen genauso wie die Damen mit „nur“ einem Kind.

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