Erziehung – warum ich doch immer wieder scheitere

Die Sache mit der Erziehung – Wiebkes Blogparade

Wiebke vom Blog Verflixter Alltag ruft zur Linkparty auf, einer Art Blogparade. Das Thema ist „Die Sache mit der Erziehung“, und da schließe ich mich gerne an. Wahrscheinlich machen wir Eltern uns über nichts Anderes mehr Gedanken als über Kindererziehung. Erziehe ich meine Kinder gut? Wie kommen sie mit meinen Methoden klar? Bin ich zu streng, bin ich zu nachgiebig? Soll ich drohen, bestrafen, loben, oder auf die dauernde Bewertung meiner Kinder und auf Konsequenzen verzichten?

Meine Leit-Sätze der Erziehung

Ich habe mal ein wunderbares Buch gelesen, das mich sehr beeindruckt hat. Es ist von Alfie Kohn und heißt „Liebe und Eigentändigkeit – Die Kunst bedingungsloser Elternschaft, jenseits von Belohnung und Bestrafung“ und ich habe es hier rezensiert. Dabei geht es darum, dass Belohnen und Bestrafen auf Dauer nicht funktioniert, außerdem lernen die Kinder nichts daraus. Viel eher lernen sie durch respektvollen Umgang miteinander, durch gute Vorbilder, durch bedingungslose Liebe. Ich kann das 100 %ig unterschreiben und habe mir das sofort auf meine Erziehungs-Fahnen geschrieben. Der Nachteil ist: es kostet viel Nerven, Schweiß und Durchhaltevermögen, doch dazu später mehr.

Ein weiteres Buchzitat kam neulich in meine virtuelle Liste der Erziehungsleitsätze dazu. Ich lese zur Zeit das neue Schlafbuch „Schlaf gut, Baby!“ von Herbert Renz-Polster und Nora Imlau, das ich demnächst näher vorstellen möchte. Hier stehen auf Seite 117 vier Leitsätze, die für mich eigentlich schon das meiste zum Thema Erziehung sagen:

  • Ein Kind, das müde ist, darf schlafen
  • Ein Kind, das nicht müde ist, muss nicht schlafen
  • Ein Kind, das weint, wird getröstet
  • Ein Kind, das Nähe braucht, bekommt Nähe

Ich glaube, wenn man auch noch das Thema Essen dazu nimmt und ähnlich damit verfährt, sind Eltern schon mal auf einem guten Weg. So, nun denkt ihr sicher alle, ich bin die Obermutter in Sachen Geborgenheit und Güte und verdiene einen Preis für moderne Erziehung, gestiftet von Niemand geringerem als Gleichwertigkeitsprediger Jesper Juul. Ha, falsch gedacht. In diesem Artikel geht es um etwas anders. Zur Zeit geistert eine andere Blogparade im Netz, sie heißt „Zeigt her eure Küchen – keine heile Welt sondern echter Dreck #myrealkitchen“ und ist von Frida initiiert, die den Blog 2KindChaos betreibt. Um was es geht, sagt der Titel sehr schön. Und ich adaptiere die tolle Idee und schreibe über

Die Sache mit der Erziehung

Zeigt her eure Erziehung – keine heile Welt, sondern die echte Realität

Wie ich darauf kam? Ich habe gestern in meiner Facebook-Timeline den schönen Post von Kathrin gelesen, die auch bei der Blogparty zum Theme Erziehung dabei ist. Sie schreibt in ihrem Artikel „Auf Erziehung verzichten“ in etwa genau über die Ansätze von Alfie Kohn. Auch sie hat sich von Verboten und Bestrafungen gelöst und beschreibt, wie auch bei ihren Kinder das ganze Heckmeck vom „Wenn nicht…dann“ nicht funktioniert. „Ein unerzogenes Kind ist wundervoll. Frei. Authentisch“ lautet ihr Motto und hat dennoch keine Kinder, die auf den Tischen tanzen, immer kriegen, was sie wollen und schwarze Zähne haben, weil sie sich nicht die Zähne putzen wollen.

Sie begegnet ihren Kindern auf Augenhöhe, spricht mit ihnen und versucht, ihre Bedürfnisse zu erkennen. Sie verzichtet auf „gefälligst“, „sofort“ und „wenn du nicht, dann…“

Nach dem Lesen des Artikels habe ich Kathrin sehr bewundert, und fühlte mich gleichzeitig auf frischer Tat ertappt. Ihre Ansätze sollten doch auch auf meiner Fahne stehen und ich unterschreibe alles auf der Stelle, was sie auf ihrem Blog so prima beschreibt. Warum, zum Teufel, habe ich trotzdem heute morgen gebrüllt: „Jimmy, komm sofort her zum Zähen putzen!“ und schob nach einer Minute des Wartens hinterher: „Na gut, dann gehst du eben mit Karius und Baktus auf den Zähnen in den Kindergarten!“ Danach knöpfte ich mir Luise vor: „Wenn du erst eine Milch möchtest, dann trink sie auch. Sonst gibt es nächste Woche keine mehr!“ Und um dem ganzen #myrealeducation noch eines drauf zu setzen, habe ich jedem der Kinder nach gegenseitigem Haare ziehen einen Teufel auf die Korkwand gepinnt. Das ist mein neuester Coup: die beiden zanken so viel, dass sie nun für „streiten, hauen, beißen“ einen kleinen Teufel  erhalten, den sie mit einer Friedenstaube bei „trösten, miteinander spielen, etwas abgeben“ wieder aufheben können. Soviel zum Thema Belohnen und Bestrafen. Alfie Kohn würde mir sein Mauskript über den Schädel ziehen, wenn er das wüsste.

#myrealeducation

Es ist ganz ähnlich wie mit dem Schokolade essen: ich will es nicht, denn es macht dick und ein blödes Gefühl. Bestrafen und Belohnen macht zwar nicht dick, aber keinen Sinn und auch ein doofes Gefühl. Dennoch wandert beim Einkauf eine Tafel „Milka – Oreo-Keks“ in den Einkaufswagen und ich schnaube eine gepfefferte Drohung beim Abendessen: „Luise, wenn du nur Wurst ohne Brot isst, dann gibt es keinen Gummibär zum Nachtisch!“

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An manchen Tagen, wenn ich zum Beispiel erkältet, müde, schwanger oder übellaunig bin (zur Zeit kommt alles zusammen), kann ich mich selbst nicht mehr hören mit all meinen Drohungen und Verwarnungen. An anderen Tagen, ausgeschlafen und fit, weiß ich, wie es richtig geht: Auf die Knie gehen, Jimmy erklären, warum Zähne putzen wichtig ist, geduldig warten, bis er seine Kalender umgestellt hat und dann ein Lied pfeifend, völlig gelassen und mit seinem Einverständnis die Bürste über die Kinder-Beisserchen schwingen.

Oder ich bespreche mit Luise ruhig, dass Wurst alleine nicht satt macht und sie doch besser noch ein leckeres Brot drunter schieben möge. Ich hole dann auch den Toaster raus und mache es schön knusprig, so wie sie es mag. Und Gummibären gibt es sowieso, schließlich ist das auch ein feines Ritual und ein Abschluss nach einem gemeinsamen Abendbrot.

Tja, so bin ich nunmal. Irgendwie hat mich die Droh- und Belohnungsdroge immer mal wieder in ihren Klauen, ich alter Junkie. Dann lese ich halt einfach nochmal das Alfie-Buch oder den Artikel von Kathrin, mach ne Runde Meditation und gönne mir eine Tafel Milka-Oreo. Ach nee…da war doch was?

Liebe Grüße und viel Spaß beim Kindererziehen! Und schaut doch mal bei Kathrins Artikel, Fridas Küchenchaos oder der Erziehungslinkparty bei Wiebke vorbei.

Ps.: Nächste Woche berichte ich übrigens von der Bloggerkonferenz denkst aus Nürnberg, an der ich morgen teilnehme!

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