Die wunderbare Marlene Hellene hat neulich mal wieder eine ihrer grandiosen und treffsicheren Feststellungen gepostet:
Wussten Sie, dass es ausschließlich Müttern möglich ist, Geburtstagsgeschenke für Kinder zu besorgen oder Fragen nach Geschenkewünschen des Kindes zu beantworten? Ich wusste das auch nicht.
Und wie es nicht anders von Twitter zu erwarten ist, hagelte es direkt Kommentare von Männern, die sich durch diese These auf den Schlips getreten fühlten. Ja, sich mit den eigenen Privilegien auseinander setzen zu müssen ist nicht einfach, das weiß ich. Es geht mir selber so, wenn ich Tweets von Schwarzen Menschen lese, die den weißen Rassismus zutage fördern, den wir manchmal alle nicht wahrhaben möchten. Wir wollen gute Menschen sein und wenn das in Frage gestellt wird, weil wir privilegiert sind, tut es weh und wir beginnen, uns zu verteidigen. Leider wissen wir im tiefen Inneren, dass all das wahr ist.
Achtung: Privilegien
Leider ist es so, dass es einen unbewussten Rassismus gibt, mit dem wir uns auseinander setzen müssen. Genauso ist es eine Tatsache, dass wir in einem patriarchalen System leben, in dem sich vorrangig Frauen kümmern, meist unter- oder unbezahlt und leider nicht ausreichend gewertschätzt. Das zeigt sich in Marlenes Tweet, denn ganz ehrlich: in wie vielen Familien kümmern sich ausschließlich die Männer um die Geschenke für Verwandte und Kinder und Freunde von Kindern und Nichten und Neffen und für was weiß ich wen noch alles?
Ok, da meldet sich jetzt der Hans mit einem Tweet, dass er sich aber immer kümmert und überhaupt hätte er neulich den Traktor für den Sohn besorgt und die Wäsche macht er auch. Ja Hans, aber darum geht es nicht. Es hilft Frauen auch nichts, die von Gewalt bedroht sind, dass der Klaus noch niemals die Hand gegen seine Inge erhoben hat und es bringt der Frau aus Nigeria nicht viel, die laufend gegen Vorurteile kämpfen muss, dass ich selbst der Meinung bin, dass Rassismus einfach gar nicht geht. Fakt ist nun einmal, dass gewisse Menschen Privilegien haben, derer sie sich aber verflixt noch einmal bewusst werden sollten. So auch die Herren der Schöpfung.
Meine Frau hat ein Auge für Dreck
Aufgeregt habe ich mich dann, und das ist zum Leidwesen meines Mannes und zum Vorteil einiger Frauen mein großes Laster, die Antwort von einem anderen Herrn. Er hat nämlich geschrieben, dass seine Frau das mit den Geschenken viel besser könne. Dieser Herr, nennen wir ihn mal Christian, der ist vermutlich der Meinung, dass Frauen so ein besonderes Gen haben, das sie zu ausgezeichneten Geschenkefinderinnen macht. Das Gen bewirkt übrigens auch, dass die Frau den Dreck in allen Ecken besser sieht. Christian sagt dann immer, dass er da leider keinen Sinn für hat. Außerdem meint Christian vermutlich auch, Frauen seien genetisch dafür geeignet, den Terminkalender der Familie zu führen und während sie bügeln, auch noch die Vokabeln abzufragen und die Pizza im Ofen im Blick zu behalten. Multitasking nennt man das ja, und den Christian macht das immer so fix und alle. Er muss sich auf eine Sache konzentrieren, so wie im Büro. Das Projekt ganz in Ruhe erledigen, eine Aufgabe nach der anderen machen, dabei nicht gestört werden und ab und zu eine konspirative Pause einlegen, um wieder die Gedanken zu sortieren. So arbeitet es sich für ihn am besten, denn er ist eben ein Mann.
Lieber Christian, ich muss dich enttäuschen. So würde deine Frau garantiert auch gerne arbeiten. Geht aber nicht, denn zuhause passiert immer alles auf einmal. Während das Kind aus Versehen neben das Klo pinkelt, kocht das Nudelwasser über, die Waschmaschine piepst und das Schulkind klingelt. Es hat Hunger und den Füller verloren, dafür eine Geburtstagseinladung von Max. All das muss deine Frau gleichzeitig koordinieren und glaub mir, sie würde auch viel lieber alles nacheinander machen und um 12 Uhr in einer Kantine Schweinshaxen mit Pommes essen und anschließend noch mit dem Kollegen ein Eis in der Sonne lutschen.
Schenken heißt Denken
Wir Frauen haben kein Gen fürs Schenken, fürs Putzen oder für Multitasking. Wir müssen genauso viel Denkkraft, Schweiß und Nerven dafür aufwenden, wie du, Christian, falls du diese Arbeit machen müsstest. Ein Geschenk für Max kaufen heißt in diesem Fall nämlich folgende wahnwitzige Abfolge von Arbeitsschritten: Kind kommt mit Einladung zum Geburtstag nach Hause und braucht ein Geschenk. Nun könnte man den Vater (hahahaha) von Max fragen, ob er einen Wunsch hat, oder man kennt Max und weiß, was ihm gefallen könnte. Es soll ungefähr zehn Euro kosten, so will es das Gesetz. Man fährt in die Stadt oder bestellt was im Internet, muss das Spielzeug einpacken und mitgeben. Im blödesten Fall umtauschen.
Auch die Geschenke für die eigenen Kinder sind so eine Sache. Man denkt darüber nach, was sie erfreut, aber gleichzeitig nicht völliger Quatsch ist wie der Plastikhund, der Knete-Hundehaufen macht. Dafür notieren sich Mütter im ganzen Land Herzenswünsche auf ihrer imaginären To-Do-Liste, fragen die Kinder, wägen ab, machen sich Gedanken, ob eine Eintrittskarte ins Erlebnisbad eine gute Alternative wäre oder es dann doch der Knet-Kack-Hund wird, weil der das Kind zum Jubeln bringt. (Sie dann aber dauernd die Knete aus den Teppichfransen im Wohnzimmer bürsten müssen und dann ihre Entscheidung bitter bereuen)
Bitte keine Ausreden mehr!
Frauen haben auch kein besonderes Auge für den Dreck, weil sie so auf die Welt kommen. Aber wer meist für den Haushalt zuständig ist, dessen Auge wird geschult. So wie der Christian nach langer Übung super gut Power Point Präsentationen erstellen kann, so wird seine Frau gut darin, den Staub fachgerecht zu entfernen. Sie findet das wahrscheinlich dennoch so wenig lustig wie der Christian, wenn er die Folien für die Vortandssitzung machen muss.
Darum, lieber Christian, ruhe dich nicht aus auf der blöden Ausrede, deine Frau könne das mit den Geschenken einfach besser. Sag lieber ganz ehrlich, dass du keine Lust darauf hast, dich um knetekackende Hunde zu kümmern oder nach einem Vorlesebuch zu suchen, das genau zehn Euro kostet und dem Max gut gefällt. Oder aber du fängst einfach mal an, dich damit zu beschäftigen. Frag doch am besten heute mal dein Kind, was es sich gerade sehnlich wünscht. Denn eines weiß ich sicher: du kannst das mindestens genauso gut. Ich finde, es ist Zeit, dass wir das Kümmern gerechter aufteilen. Geschenke ausdenken für die Männer und Schweinshaxe in der Kantine für die Frauen, oder meinetwegen ein vegetarischer Burger. In jedem Fall Eis essen in der Sonne und kein Multitasking mehr. Denn wenn man den Haushalt gemeinsam macht, geht auch eins nach dem anderen.
Danke, liebe Marlene, dass du dich immer wieder mutig für die Frauen in die Bresche schmeißt und dich mit Christian, Karl und Hans herumschlägst. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg. Aber dafür braucht es Frauen wie dich. Oder wie die Anwältin Nina Straßner, für die du hier abstimmen kannst, damit sie verdientermaßen den Emotion Award gewinnt.
Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura