Mehr ICH in all dem WIR: Jetzt ist Zeit für Mütter, an uns selbst zu denken!

Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim sind die Frauen hinter dem größten deutschen Elternblog Stadt Land Mama und haben bereits ein ganz wundervolles Buch für das erste Jahr mit Kind geschrieben. Nun kommt der Nachfolger und richtet sich an alle Mütter, die manchmal das Gefühl haben: Wann habe ich denn endlich mal wieder für mich selbst Zeit? Wow Mom. Der Mama-Mutmacher für mehr ICH in all dem WIR.(Affiliate Link)

Lisa und Katharina können vor allem eines: authentisch und wertschätzend über den Familienalltag schreiben. Sie urteilen nicht, sind dafür sehr ehrlich und malen uns kein Traumbild von Mutterschaft. Sie trösten, sprechen Mut zu und kennen all die großen und kleinen Herausforderungen, die auf uns zukommen, wenn wir Kinder bekommen. Das pickepackevolle Buch ist ein Wegweiser für uns alle und neben tollen Texten der beiden gibt es einen grandiosen Berg von Gastbeiträgen. Keine geringeren als Ildikó von Kürthy, Herbert Renz-Polster, Jasmin Gerat, Laura Karasek, Teresa Bücker, Stefanie Stahl haben für dieses Buch in die Tasten gehauen und ich bin unglaublich stolz, dass auch ich dabei sein durfte. Du findest also auch ein Kapitel zum Thema Mental Load. Aber jetzt geht es erst einmal los mit einem Interview mit Lisa, die für mich in den letzten Jahren zur Freundin geworden ist.

Endlich Zeit für mich!

Laura: Irgendwann kommt der Zeitpunkt, in dem wir uns als Frau wiederentdeckten und uns fragen: Wo bin ich eigentlich geblieben in dem ganzen Familientrubel. So heißt es im Klappentext. Wann genau war der Zeitpunkt bei euch gekommen?

Lisa: Ich hatte da tatsächlich einmal ein richtiges Aha-Erlebnis, über das ich auch in unserem neuen Buch schreibe. Als Rheinländerin ist mir Karneval sehr wichtig und 2017 kam es dazu, dass mein Mann nach dem ersten Tag, nämlich Weiberfastnacht, sagte, er habe sich erkältet, bliebe die nächsten Tage zu Hause und könne sich um die Kinder kümmern.

Ich hatte also fünf Tage nur für mich, tanzte und sang mir den Kopf frei, lag bei meinen FreundInnen in den Armen, war komplett flexibel, musste nicht dauernd für andere Leute mitdenken und kam mit solcher Euphorie aus diesen Tagen, dass ich dachte: WOW. Die Lisa, die ich vor den Kindern war, diese unbeschwerte Leichtigkeit, die gibt es ja auch noch!

Das muss ich viel öfter machen, mal alle Verantwortungslast von den Schultern nehmen und Sachen machen, die keinen Sinn ergeben, aber einfach Spaß machen und Freude bringen. Mehr Zeit für mich, für meine Lieben außerhalb der Familie, für meine Bedürfnisse und für das, was mich neben der Mutterschaft eben auch noch glücklich macht.

Das war natürlich nur einer von wenigen Momenten auf dem Weg zurück zu mir selbst, aber einer, der mir sehr präsent in Erinnerung geblieben ist. Ich habe aber auch früher schon heimlich für Me-Time gesorgt. Als unsere Große vier war und die Zwillinge zwei, fing ich zum Beispiel nochmal ein Studium an. Allein während der Vorlesungen wieder mal allein auf Toilette zu gehen, war schon der Inbegriff der Freiheit in dieser Phase meines Lebens

Fotos: Charles Yunck

Laura: Wie habt ihr dieses Jahr erlebt und wie krass war es, neben dem Homeschooling noch ein Buch zu schreiben?

Lisa: Ultrakrass. Unbeschreiblich. Wobei man sagen muss: So sehr wir uns anfangs fragten, wie wir das mit dem Buch nun auch noch schaffen sollen, so sehr war es auch eine Chance für uns. Katharina und ich arbeiten beide aus dem Homeoffice und sind selbständig, während unsere Männer Vollzeit und außer Haus angestellt sind. Wer bleibt also meist zu Hause, wenn was mit den Kindern ist?! Man kann es erahnen…

In diesem Fall aber hatten wir eine Deadline, die wir einhalten mussten, also mussten wir uns gezwungenermaßen etwas überlegen und brauchten mehr Gleichberechtigung. So kam es, dass Katharina und ich uns immer freitags und samstags komplett einigelten und in Schreibklausur gingen. Es ist zwar nicht so leicht, auf den Punkt kreativ zu sein, aber wenn wir eben mal einen unkreativeren Tag erwischten, dann haben wir halt redigiert oder Interviews geführt oder Gastbeitrags-Anfragen versendet, uns fiel da schon immer etwas ein.

Das Homeschooling an den anderen Tagen in der Woche war da deutlich anstrengender und kräfteraubender, weil man einfach nie fertig wurde, immer neue Arbeitsblätter kamen, es weder Applaus, noch Gehalt oder ein Dankeschön dafür gab, sondern eher Konflikte, Mutter-Kind-Verwerfungen, weil ich Mathe falsch erklärte oder dauernden Hunger, weil drei Teenies im Wachstum nun einmal relativ große Mengen brauchen, räusper…

Illu: Kera Till


Laura: Wie können wir es als Eltern schaffen, wieder ein wenig mehr Platz und Raum für uns selbst zu finden? Habt ihr da drei Spezial-Tipps?

Lisa: Zunächst einmal müssen wir erkennen, was uns wirklich guttut. Was also den Akku auflädt, statt ihn noch weiter zu schwächen. Singe ich gern im Chor? Feiere ich gern ganze Nächte durch? Finde ich meine Erfüllung im Yoga, beim Reiten oder Stricken… viele opfern sich in den ersten Jahren ja doch so sehr auf, dass sie darüber ihre eigenen Interessen in den Hintergrund rutschen lassen. Und die Prioritäten mit Kindern verschieben sich nun einmal. Da ist es die Kunst, zu schauen, wie wir das Beste von unserem alten Ich vor den Kindern mit dem Besten aus den Learnings mit den Kindern zu verbinden. Tipps also wie wir das schaffen können: Mütter dürfen auch mal egoistisch sein und nur an sich denken. Mütter dürfen auch ganz klar Zeiten für sich einfordern und dabei auch ihren Bereitschaftsdienst für Familienangelegenheiten ablegen. Mütter dürfen auch mal ihr schlechtes Gewissen ablegen, denn den Kindern ist es gleich, ob sie auf Dienstreise sind oder mit den Mädels auf einer Weintour an der Mosel…

Laura: Ihr habt ja eine Menge toller AutorInnen für eure Bücher gewonnen. Erzählt mal, welche Themen waren euch wichtig und wie seid ihr bei der Suche nach den ExpertInnen vorgegangen?

Lisa: Oh, das ist eine schöne Frage! Tatsächlich ist das ein wunderbarer Mix aus allem, was wir tun. Wir netzwerken unheimlich gerne und lernen dabei auch immer wieder spannende Menschen kennen. Wenn wir merken, dass jemand authentisch und ehrlich ist, wissen wir, dass er oder sie zu unserer Wow Mom-Reihe passen könnte, denn da geht es ja vor allem um die ungeschönte Wahrheit. Die mal Glück bringt, aber mal eben auch Verzweiflung. Durch unsere journalistische Arbeit haben wir zudem schon relativ viele Interviews geführt und wissen ganz gut, welche ExpertInnen augenöffnende Dinge sagen und Ansichten vertreten. Dazu haben wir viele großartige BloggerInnen zu Wort kommen lassen, zum Teil sogar mit Texten, die wir so oder so ähnlich bereits von ihnen gelesen haben. Die Anfragen liefen dann teils über den persönlichen Kontakt und teils auch über das Management derjenigen.

Was die Themen angeht, haben wir ganz zu Beginn gebrainstormt, was in einem Buch für mehr Ich in all dem Wir auf keinen Fall fehlen darf. Wir gehen in der Schreibphase auch mit unglaublich offenen Augen und Ohren durch die Welt und sobald uns im Netz oder im real life spannende Details ins Auge fallen, notieren wir sie sofort. Wichtig war uns wie auch im ersten Buch, dass sich negative und positive Aspekte und Kapitel die Waage halten. Und dass wir immer ehrlich sind, damit sich die Leserin wiedererkennen kann.

Foto: Charles Yunck


Laura: In Mamas steckt so viel mehr als wir sehen. Was steckt in euch Beiden und nervt es euch, dass ihr oft in erster Linie als Mutter wahrgenommen werdet?

Lisa: Oh ja, in jeder Mama steckt so viel mehr als wir sehen. Genauso steht es auf den Postkarten zu unserem Buch. Wir haben auch durch Stadt Land Mama so viel Kontakt zu Müttern in den unterschiedlichsten Lagen und Situationen. Die eine Mama hat grad ein Pflegekind aufgenommen, die nächste wird Solomama, wieder eine andere macht sich in der Flüchtlingshilfe stark oder kümmert sich um die Kinder auf der Onkologie oder die demenzkranken Großeltern.

Allein mit ihrer Mutterschaft übernimmt eine Frau aber ja bereits die wohl wichtigste Aufgabe ihres Lebens. Was in ihrem Herz und in ihrem Hirn vor sich geht, können wir nur erahnen. Sicher ist nur: Diese Frauen sind viel mehr als ihre Fassade. Sie sind Kämpferinnen, Gründerinnen, Aktivistinnen, Trösterinnen, Freundinnen, Helferinnen, Liebende. Die eine oder andere zweifelt vielleicht manchmal an sich, hat sich in all dem Alltagstrubel verloren – und doch schlummert tief in ihr – in uns allen – eine ungeheure Kraft. Und nein, dabei haben wir nicht einmal das Gefühl, in erster Linie als Mutter wahrgenommen zu werden. Auf dem Elternabend – klar. Im Job oder bei Treffen mit FreundInnen eher nicht. Liegt aber vielleicht auch daran, dass zumindest bei mir die Kinder schon im Teeniealter sind.

Laura: Ist es in der Corona-Krise für Frauen besonders wichtig, sich Zeit für sich zu nehmen, und wieso glaub ihr, fällt Frauen das oft so schwer?

Lisa: Absolut! Überlebenswichtig sogar. Nie zuvor – oder zumindest seit den ersten Wochen mit Baby – mussten Mütter so viel leisten, hatten Mütter so wenig Zeit und Raum für sich selbst wie in Zeiten von Corona. Rund um die Uhr zusammen mit den Kindern, immerzu in der Funktion der Bedürfniserfüllungsmaschine, das geht nicht spurlos an Müttern vorüber, wenn sie gleichzeitig auch noch arbeiten und homeschoolen und haushalten und kochen und einkaufen.

Natürlich haben einige die Zeit auch als Entschleunigung wahrgenommen und die viele Familienzeit genossen, da kann ich persönlich aber nicht mitreden. Ich war so überfordert wie wirklich seit dem Babyalter mit drei Kindern unter zwei Jahren nicht mehr. Da ist es essentiell wichtig, ab und zu mal zum Sport, zu lieben Menschen oder zu sonstwas aufzubrechen, das einem guttut und nichts mit Familie zu tun hat.

Warum das so schwer fällt? Weil leider immer noch in den meisten Familien die Hauptlast der Verantwortung bei den Müttern liegt. Ganz viele haben das Gefühl: Wenn ich´s nicht mache, macht´s niemand. Wir können da nur zum Mut zur Unperfektheit raten. Notfalls fahren die Kids halt ohne Schuhe im Koffer in den Urlaub. Kein Weltuntergang. Aber zumindest hattest du dann mal den Packstress nicht…

Laura: An wen richtet sich euer Buch?

Lisa: Unser Buch richtet sich an Müttern, die sich selbst nicht egal sind, die sich wiedererkennen und Wertschätzung erfahren wollen und vielleicht nur nochmal einen kleinen Stups für ein bisschen mehr Ich in all dem Wir brauchen. Wir bemühen da ja gern das Bild der Stewardess im Flugzeug, die sagt: Im unwahrscheinlichen Falle eines Druckverlusts, setzen Sie sich zunächst bitte selbst die Atemmaske auf – und helfen Sie dann erst Ihren Kindern…

Lisa Harmann, Katharina Nachtsheim: Wow Mom. Der Mama-Mutmacher für mehr ICH in all dem WIR, Frankfurt am Main 2020, 16,99 Euro.(Affiliate Link)

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