Mama macht Stress
Ich bin zuhause eine echte Meckerziege. Andauernd schimpfe ich und nörgle an Anton und den Kindern rum. Das stresst auch die Familie sehr. Ich habe hier Anfang dieses Jahres mein Entspannungsprojekt gestartet und Auslöser war tatsächlich der Wunsch, entspannter zu werden. Wie wäre es, die Wäsche auf dem Boden, einen umgekippten Becher mit Milch oder kleine Sandhaufen im Flur nicht mehr als Katastrophe, sondern als Begleiterscheinung des Familienlebens zu sehen? Mir fällt das nämlich echt schwer und eine Saftlache auf Tisch und Boden kann in mir an manchen Tagen eine Wutexplosion hervorrufen. Anton bleibt gelassen und ich frage mich, wie macht er das nur? Warum können andere Menschen die kleinen Missgeschicke, die nun einmal passieren und die die Kinder nicht mit Absicht machen, so locker hinnehmen?
Was Stress mit uns macht
Neulich hörte ich mal wieder meinen Lieblingspodcast SWR1 Leute, dieses Mal mit der Bestsellerautorin und Psychologin Stefanie Stahl, die über die Kindheit sprach. Wenn Eltern so viel meckerten, bliebe in den Kindern das Gefühl, nicht zu genügen. Sie bezögen die Wut auf sich selbst und nehmen das mit ins Erwachsenenalter. Oh nein, habe ich gedacht. So viel, wie ich motze, müssen meine Kinder einen Schaden fürs Leben davontragen. Andererseits liefen dann die meisten Menschen mit einem gehörigen Dachschaden rum, denn welche Mutter schafft es schon, immer verständnisvoll und ruhig mit den Kindern umzugehen oder den Erklärbär zu spielen, auch wenn die Meute tobt?
Aber es hat mich schon interessiert, was Stefanie Stahl damit meinte. Und ich habe mir ihr Arbeitsheft Das Kind in dir muss Heimat finden. In drei Schritten zum starken Ich (Affiliate Link) als Rezensionsexemplar vom Kailash-Verlag kommen lassen und einfach mal begonnen. Es ist der Nachfolger ihres Bestsellers Das Kind in dir muss Heimat finden (Affiliate Link). Darin geht es darum, dass wir gewisse Glaubenssätze in der Kindheit aufnehmen, die uns und unsere Persönlichkeit später noch stark prägen. In uns gibt es demnach das Schattenkind mit den negativen Glaubenssätzen, das Sonnenkind hingegen beinhaltet den positiven Anteil unseres „inneren Kindes“.
Nachdem ich mit Hilfe des Buches mein Schattenkind analysiert habe, fiel mir eines auf: ich habe dauernd das Gefühl, dass ich in der Familie zu kurz komme. Die Kinder wollen ständig etwas von mir, ich muss durch meinen Halbtagsjob zwangsläufig einen großen Teil des Haushalts machen, obwohl ich viel lieber arbeiten würde. Ich muss mich um Termine kümmern, um Schul- und Kindergartenfragen und um so viel anderes Zeug noch. Dann kommt abends Anton um die Ecke und fragt mich, ob er bald mal wieder mit seinem Kumpel Billard spielen gehen kann. In mir macht es dann „Kawumm“ und ich lasse meiner Wut freien Lauf. Dann schreie ich sowas wie „immer ich“ und „für alles zuständig“ und sowas. Klar, das Leben mit Kindern, die Berufstätigkeit und der Haushalt – all das ist anstrengend, da beisst die Maus keinen Faden ab. Aber ich gehe immer wieder deshalb an die Decke und werde böse auf Mann und Kinder. Dabei können die vier wirklich nichts dafür. Die Kinder sind einfach ganz normale Kinder mit Streit und Chaos und umgekippten Bechern und Anton ist der hilfsbereiteste Mensch, den ich kenne. Die Umstände sind bei uns nun einmal, wie sie sind und wir sehen im Moment beide keine Alternative.
Woher kommt die Wut?
Ich aber gräme mich, fühle mich unglaublich machtlos und habe das Gefühl, in einer Falle zu stecken. „Keiner achtet auf meine Bedürfnisse, ich komme zu kurz, alles bleibt an mir hängen“ – das läuft wie ein Mantra in mir ab und ist der Auslöser vieler Wutanfälle. Stefanie Stahl schreibt dazu:
„Aufgrund der Unterlegenheitsgefühle ihres Schattenkindes bekommen sie (die Menschen mit der Selbstschutzstrategie Attackieren und Fordern) Bemerkungen leicht in den falschen Hals und interpretieren auch Handlungen ihrer Mitmenschen schnell als respektlos und gegen sie gerichtet. Ihr Schattenkind ist leicht zu kränken. Kränkung ist ein Gefühl, das ungeheure Wut freisetzen kann.“ (S. 50)
Mit Hilfe des Buches, den Fragen, den Erklärungen von Stefanie Stahl für unser menschliches Verhalten und den Übungen aus dem Heft ist mir klar geworden, dass ich Angst habe, kein Einfluss auf meinen Alltag zu haben und das starke Gefühl empfinde, nichts bewirken zu können. Abgesehen davon, dass in meinem Leben ein paar Gegebenheiten gesetzt sind, bin ich aber gar nicht so machtlos. Und das kann ich mir als neues Mantra vorsagen: ich bin verantwortlich dafür, wie ich auf mein Leben blicke. Außerdem kann ich so vieles tun! Ich kann auf meinem Blog über Frauen und Gleichberechtigung schreiben, ich habe einen tollen Mann, der mich unterstützt und mit mir darauf hinarbeitet, dass wir Job und Familie noch besser und vor allem gemeinsam wuppen. Außerdem habe ich eine Familie und Eltern, die mich lieben und wollen, dass es mir gut geht.
Mütter dürfen sich beschweren
Keine Angst, dieser Text ist kein Plädoyer für Mütter, sie sollten sich nicht über den Haushalt beklagen und zufrieden sein. Wenn du meinen Blog schon länger liest, weißt du, dass ich die Oberemanze bin.
Ich finde es auch gar nicht weiter schlimm, wenn man sich mal beschwert über all die Arbeit. Aber was ich erkannt habe, ist dass es nicht meine Familie ist, die die Gefühle von Wut in mir auslösen. „Diese Wahrnehmung verleitet uns dazu, andere Menschen oder das Schicksal für unsere Probleme und für unsere Stimmung verantwortlich zu machen. Wir nehmen uns ständig als Opfer unserer Umstände wahr. Tatsächlich sind wir es jedoch selbst, die sich mit ihren Interpretationen und Gedanken rauf- oder runterziehen“ (S. 92)
Stahl schreibt auch, dass wir verantwortlich dafür sind, gut drauf zu sein. Viele Menschen meinten, sie dürften erst genießen, wenn sie alle Arbeiten erledigt hätten. Das ist aber nie der Fall, also könnten sie nie genießen und fühlten sich schuldig, wenn sie nicht arbeiteten (Vgl. S. 95). Das trifft zum Beispiel stark auf mich zu und dieses Gefühl, immer aufräumen und ordnen zu müssen, führt dazu, dass ich meine Kinder und meinen Mann beschuldige, weil sie es nicht tun. Verstehst du, was ich meine?
Eine kleine Lebenshilfe
Es kann sein, dass du ganz anders tickst als ich. Sicher hast du aber auch den ein oder anderen Glaubenssatz, der in deinem Kopf rumort und dir das Leben schwer macht. Vielleicht müsstest du eher lernen, deine Grenzen stärker zu wahren, weil du immer nur tust, was deine Lieben von dir wollen. Oder du fühlst dich schnell eingeengt und hast Angst vor zu viel Nähe, weil das deine Freiheit einschränken würde. Ganz egal was es ist: dieses Heft ist echt nützlich, um den eigenen (negativen) Glaubenssätzen auf den Grund zu kommen und etwas gegen die Leitlinien zu tun, die uns bisher das Leben schwer gemacht haben. Viele unserer schlechten Gedanken, sei es Neid auf andere, ein negatives Bild von uns selbst, Angstgefühle oder Missmut kommen von diesen Glaubenssätzen, die wir mit uns herum tragen und nur schwer ablegen können. Schließlich leben wir seit Jahrzehnten mit ihnen. Aber es lohnt sich, ihnen auf die Spur zu kommen, denn es eröffnet uns viele neue Möglichkeiten, zufriedener und glücklicher zu werden.
Übrigens ist das Buch natürlich kein Problemlöser für Menschen, die einen schweren Schicksalsschlag erlitten haben, sehr krank oder einsam sind oder in Geldnot leben. Aber für gestresste Menschen wie mich kann es ein paar sehr entspannende Erkenntnisse bringen.
Bleib fröhlich und unperfekt,
deine Laura
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