Die Hausfrauenrolle: ein Brennpunkt-Thema

Geschickt eingefädelt: wie Männer Frauen an den Herd verbannten

Kaum ein Thema ist für Frauen so aufgeladen, wie das der Hausfrauenrolle, und das ist mehr als verständlich. Seit dem Industriezeitalter sind Frauen für Heim und Herd zuständig, denn als es die Menschen in die Städte trieb, um dort in den Fabriken mehr Lohn zu verdienen, gingen die Männer einer Berufstätigkeit nach, die Frauen kümmerten sich um die Kinder und die Wäsche. Dass diese Aufteilung so einseitig war, hatte mit den Männern zu tun, die kräftig am Mütter-Mythos feilten. Von Martin Luther über Jean-Jaques Rousseau, wurde die (wissenschaftlich unhaltbare) These aufgestellt, dass die Kinder nur von der Mutter erzogen werden können und sie deshalb für sie verantwortlich ist. Es sei ihre Aufgabe, zuhause für das Wohlergehen der Familie zu sorgen und den Haushalt zu machen. Der Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi und Tiefenpsychologe Sigmund Freud verwiesen auf die Psyche der Kinder, für die vor allem die Mutter zuständig sei. Was für ein Clou! Viele Männer haben mit ihren Thesen die Frauen dazu auserkoren, sich für Kinder, Küche und Psychohygiene des Nachwuchses für Jahrhunderte allein verantwortlich zu fühlen.

Für den Haushalt verantwortlich

Wir spüren diese Last bis heute und tragen darunter schwer. Vor allem, dass wir als Mütter verantwortlich für das Seelenheil unserer Kinder sind, ist eine Last. Einem Kind geht es nicht gut? Kein Wunder, die Mutter ist sehr früh arbeiten gegangen. Das Kind verhält sich sonderbar? Kein Wunder, die Mutter kümmer sich zu viel. Aber auch für den Haushalt fühlen wir uns in der Tradition unserer (westdeutschen) Mütter und Großmütter verantwortlich. Ich selber verwehre mich dagegen, für unseren Familienhaushalt alleine zuständig zu sein und bin es zum Glück auch nicht, denn Anton wischt und putzt seit jeher. Dennoch bin ich in Sachen Hygiene oft überpenibel und putze wie ein Teufel. „Die hat ihren Haushalt im Griff,“ ein Kompliment, das sich annhört, als stamme es aus den 50er Jahren, ist für mich Balsam auf der Seele und gleichzeitig schäme ich mich genau dafür. (Warum sich viele Frauen für alles Mögliche schuldig fühlen und immerzu ein schlechtes Gewissen haben, diskutieren wir an einem anderen Tag…)

Zerreißprobe 2.0

Wir sind heute also hin und hergerissen zwischen den Ansprüchen der alten weißen Männer aus den letzten Jahrhunderten (die westdeutschen, männlichen Politiker der Nachkriegszeit beschworen das Einverdiener-Modell und die Hausfrauen-Ehe, juchuu!) und den Forderungen, wonach Frauen heute unbedingt erwerbstätig sein müssen. Wen wundert es da, dass sich da so manche Frau zerissen, bevormundet und eingeengt fühlt?

Christina Mundlos hat das Dilemma in ihrem Buch „Mütterterror“ gut zusammengefasst:

„Dabei hat der 24 Stunden-Job mit Haushalt und Kinderbetreuung und der Vereinbarung von Familienleben und Berufen einen gewaltigen Nachteil: es gibt keinerlei Anerkennung, Lob oder Gehaltserhöhung für die Leistungen von engagierten Müttern und Vätern. Aber gerade Anerkennung und Wertschätzung sind es, die den Frauen und zunehmend auch Männern fehlen. Gepaar mit dem Anspruch der Perfektion ist dies eine brisante Mischung.“ (S. 16)

Feminismus und Privilegien

Doch klamüsern wir das doch mal auseinander. Damit wir endlich frei leben können und als Menschen gesehen werden mit all unseren Stärken und Schwächen, brauchen wir den Feminismus. Dafür habe ich auch persönliche Gründe, denn ich möchte die gleichen Rechte haben wie mein Mann Anton und vor allem will ich, dass meine Tochter Luise die gleichen Bedingungen vorfindet wie ihre Brüder. An den Gegebenheiten unseres Lebens können wir oft nichts ändern, denn wo und unter welchen Umständen wir geboren werden, liegt nicht in unserer Macht. Daher hat Feminismus auch etwas mit den Priviliegien zu tun, die wir haben, und derer wir uns bewusst sein müssen. Dass mein Mann und ich gut ausgebildet sind, genug Geld zur Verfügung haben und in Frieden leben, ist ein Privileg und wir verdanken es den Umständen, der Gesellschaft, dem Zufall und unseren Eltern. Wir haben also nicht unbedingt in unserer Macht, wie viel und was wir arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen.

Abgesehen von den Umständen ist die freie Wahl für uns Frauen nicht gegeben und auch unsere Töchter werden sich nicht so frei entscheiden können wie unsere Söhne. Wir fühlen uns oft für den Haushalt verantwortlich oder meinen, nur wir Mütter können uns um die Kinder kümmern. Die Gesellschaft, Freunde und Bekannte tun ihr Übriges, um Druck auf uns aufzubauen. Dazu kommen prekäre Umstände auf dem Arbeitsmarkt. So kommt es, dass selbst Familien, die keine großen Geldsorgen haben und demnach theoretisch eine frei Wahl hätten, ihr Leben zu gestalten, oft sehr konservativ leben.

Rollenzwang macht krank

Frauen werden also oft in die Rolle der Hausfrau gedrängt, auch wenn sie sie nicht erfüllen wollen. Sie fühlen sich außerdem aus den genannten Gründen verantwortlich und kommen nicht raus aus dem Teufelskreis. Den gilt es zu durchbrechen, denn für viele Frauen ist der Haushalt und die Kinderbetreuung eine Last, wenn sie die meiste Zeit alleine zuständig sind. Sie möchten gerne erwerbstätig sein und Geld verdienen, sich finanziell absichern und auf eigenen Füßen stehen. Manchmal reden sie sich dann ihr Lebensmodell aus der Not heraus schön. Sie bauen sich ein Zauberschloss und verkünden, sie machten es gern und einzig für das Wohl ihrer Kinder. Das ist schlimm und diese Tatsachen müssen wir aufdecken, denn seine eigene Identität nicht ausleben zu können, sich in eine Rolle hinein zu zwängen, die nicht dem Naturell entspricht, kann krank machen und ist ein Grund für Burn Out.

Fehlende Anerkennug für die Arbeit im Haushalt macht wütend

Nun gibt es da aber noch eine andere Seite der Medaille. Die Arbeit im Haushalt und die Kinderbetreuung muss gemacht werden. Es ist auch eine Tatsache, dass diese Arbeit wichtig und wertvoll ist und sehr viel Freude bereiten kann. Sie ist schöpferisch, anspruchsvoll und persönlich. Menschen, die sich um anderer Menschen kümmern, ziehen daraus eine große innere Befriedigung, denn dafür zu sorgen, dass es anderen gut geht, tut auch selbst gut. Frauen, die sich frei für diese Arbeit entschieden haben, sind logischerweise wütend über den Vorwurf, sie wären nicht berufstätig und geben sich mit wenig zufrieden. Auch in Familien, die besondere Herausforderungen zu meistern haben, etwa kranke Kinder, muss diese Arbeit in hohem Umfang gemacht werden. Es ist unglaublich unfair, egal ob es ein Mann oder eine Frau tut, diese herabzuwürdigen.

Die freie Wahl

In einer perfekten Welt gibt es eine freie Wahl. Da bekommen Mann und Frau (oder Frau und Frau oder Mann und Mann) ein Kind und dann wird darüber gesprochen, wer sich kümmert und wer das Geld verdient. Die Aufteilung ist Sache des Paares und geht Niemanden etwas an. In einer perfekten Welt wird der, der sich mehr kümmert und aus diesem Grund auf Einkommen oder einen Teil des Einkommens verzichtet, vom anderen entsprechend mitversichert. Ein Teil des Lohnes spart das Paar für das Alter, für Notfälle oder Rücklagen. Möchte der eine wieder zurück in den Beruf oder zurück zu den Kindern, werden die Karten neu verteilt und Kompromisse gefunden. Das ist bloß fair.

Unser Weg

Wie haben wir das Problem gelöst? Wir arbeiten beide keine 100 % mehr. Es war aber zugegebenermaßen ein langer Weg bis dahin. Wir teilen uns den Haushalt und die Verantwortung für die Kinder auf und haben dafür verschiedene Hilfsmittel entwickelt, denn noch immer fühle ich mich mehr verantwortlich als Anton. Ich arbeite daran, loszulassen, genauso wie Anton daran arbeitet, an all die Kleinigkeiten im Alltag zu denken. Wir wissen, dass es so nicht für alle Familien funktioniert, denn die Arbeitszeit zu reduzieren ist für einige Menschen nicht drin – und das ist schlimm. Denn Eltern sollte auch immer Zeit für ihre Kinder zugestanden werden.

Wogegen ich ankämpfe, ist die Auffassung, Frauen seien automatisch für die Kinder und den Haushalt zuständig. Das ist einfach Quatsch. Auch müssen wir lauter fordern, dass die Menschen, die sich kümmern, finanziell abgesichert sind.

Und nun wünsche ich dir, dass du deinen Weg so gehen kannst, wie du ihn für richtig hältst. Weg mit den ollen Stereotypen, Wahlfreiheit für alle Frauen und Schluss mit der Einmischerei.

Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura

Ps: Richtig toll ist die Arbeit von Susanne Mireau. Ich mochte ihren Blog schon immer, weil ihre bindunsorientierten Ansätze in Sachen Erziehung nie mit dem erhobenen Zeigefinger daher kamen. Sie hat aber auch sehr viele feine Inhalte zu genau diesem Thema und hat mich dadurch sehr inspriert. Sie fordert, dass Frauen (und natürlich auch Männer) Lohnausgleichs- und Rentenausgleichszahlungen für ihre Tätigkeit einfordern sowie vertragliche Festlegungen der in Ehejahren erwirtschafteten Gewinne plus Unterstützung, wenn es um den Wiedereinstieg in den Beruf geht.

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