Eine Frage des Stils

Luises Klamottengeschmack

Ich finde meinen Kleidungsgeschmack außerordentlich gut. Das behaupten vermutlich die meisten Menschen von sich selbst. Den Klamottengeschmack manch anderer Menschen dagegen finde ich oft ungewöhnlich, das geht vermutlich auch den meisten Menschen so. Am ungewöhnlichsten jedoch finde ich den Klamottengeschmack meiner Tochter. Ich möchte sogar sagen, ich finde ihn scheußlich. So, jetzt ist es raus! Nenn mich Rabenmutter, aber ich würde behaupten, dass meine Tochter sogar den allerschlimmsten Kleidungsstil weit und breit hat. Aber das sage ich ihr natürlich nicht.

Pink ist Trumpf

Ginge es nach mir, würde ich Luise morgens hellblaue Twill-Shorts rauslegen und ein rotes T-Shirt dazu. Auf den Kopf setzte sie ein weißes Leinenhütchen gegen die Sonne. Ich mag gerne einfarbige Shirts mit Streifen oder Punkten. Hosen an Mädchen finde ich toll. Luise trifft eine andere Wahl: Sie zieht sich einen türkisfarbenen Glitzerrock an und wählt dazu ein pinkes Shirt mit einem Delfin-Motiv aus Pailletten. Auf das Haupt kommt eine lilafarbene Sonnenmütze mit Schirm – in Stirn und Nacken. Vorne drauf ist ein Pony mit Einhorn. So marschiert sie von dannen.

An manchen Tagen würde ich ihr gerne das Leinenkleid aus dem Schrank holen, das mit dem dünnen Ledergürtel um die Hüfte. Hübsche Sandalen dazu, fertig! Luise findet dieses Kleid scheußlich. Sie zieht viel lieber Leggings an. Neulich haben wir drei im Sparpack gekauft. Ich nahm eine blauweiß-gestreifte und eine bunt- geringelte, Luise durfte sich die dritte aussuchen. Sie griff beherzt zu Hellrosa-Glitzer. Nun trägt sie letztere mit Ausdauer, kombiniert dazu ein fliederfarbenes My-Little-Pony-Shirt, das wir irgendwoher vererbt bekommen haben. Wird es kühl, stehe ich mit einem grauen Strickjäckchen parat, da holt Luise den türkisen Hoodie mit den vielen kleinen Flitter-Schmetterlingen hervor. Die Füße stecken in billigen Gummistiefeln mit Fluttershy- und Rainbow-Dash-Motiv, bitte frag nicht!

Werden die Tage kühler, sind Luise und ich ähnlich ungleicher Meinung. Ich kaufe gerne Jacken und Mäntel, die beide Geschlechter anziehen können. Naturfarben, Wollfilz in Rot oder Beige, maximal Grün. Luise mag Polyester lieber, am besten kreischt die Farbe aus zehn Metern Entfernung in schrillem Neon oder Rosaton. Auch Farbtöne mit den gruseligen Namen Lagune oder Lachs passen in ihr Schema.

Von Glitzerelfen und Pferdeköniginnen

Luise liebt Zahnbürsten, Kindergartenrucksäcke und Geschirr in grellen Schattierungen und im besten Fall mit fiesen Comic-Ponys drauf. Auch Eisprinzessin Elsa stößt auf große Leidenschaft. Während ich durch die Kinderabteilung einer schwedischen Modekette streife und mir am liebsten die Augen zuhalten möchte aufgrund diverser Scheußlichkeiten, glitzern Luises Augen angesichts der Tüllträume vor Entzücken. Hängt da zum Beispiel ein kreischend pinkes Tütü, an dessen Vorderteil ein halber Pferdekopf angenäht ist und aus dessen Gesäß das passende Hinterteil wächst, flippt das Kind völlig aus.

Die größte Freude ihres Lebens habe ich ihr mit einem Elsa-Kleid gemacht, das ich ihr zu Fasching kaufte. Ich hätte ihr auch ein Prinzessinnenkleid genähnt, weiß aber, dass ich als Kind die gekauften Outfits meiner Freundinnen auch viel schöner fand als das von meiner Mutter liebevoll aus Tüchern und Schals kombinierte Dress. Ich werde nicht weiter ausführen müssen, wie Luises Badeanzug, ihr Bademantel und ihre Turnschläppchen aussehen. Und vor dem Schulranzenkauf im nächsten Jahr graut es mir gewaltig.

Ich muss zwar sagen, dass ich das Verhalten von schwedischen Kinderabteilungs-Chefeinkäufern gemeingefährlich finde und ich mich echt aufrege, dass Mädchen mit diesem Glitzer und Rosa zu wandelnden Barbies hinerzogen werden. Aber so richtig ankommen kann ich dagegen nicht. Wir bekommen viele Kleidungsstücke geschenkt oder vererbt, manches kauft Luise mit Oma ein und ab und zu bringe ich dann ein paar blaue, schlichte Teile als Ausgleich mit. Hat das Mädchen irgendwo die Wahl, sei es Duschgel oder ein Windrädchen, nimmt sie das rosane. Ich habe es als Kind genau so gemacht.

Eleganz kommt von innen

Also staffiere ich Lusie nur in meinem Träumen aus, wie ich es will. Denn noch wichtiger als der exquisite Style ist mir, dass sie weiß, dass ihre Meinung zählt. Also halte ich meine Klappe. Neulich zogen die Kinder mit ihrer Tante durch die Stadt und Luise durfte sich einen Traum erfüllen: sie erwarb vier Plastikhaarsträhnen in Türkis, Blau, Pink und Rosa, die sie sich per Ponyspange in die Haare knipsen kann. Als ich sie sah, traf mich der Schlag angesichts dieser massiven Scheußlichkeit. Aber ihr Blick, ihr stolzer Gesichtsausdruck und ihre Geste, als sie sich kokett die rosa Strähne über die Schultern warf, das alles war so unglaublich hübsch und reizend und rührend, dass ich sie nie zuvor wundervoller gefunden habe als genau in diesem Moment. Da lief sie mit ihren bunten Haaren, einem Paillettenshirt mit Einhornmotiv und einer pinken Leggings mit vielen kleinen Elsa-Schneemännern drauf – und war so elegant wie Kate Moss in der Vogue. Ich denke, genau das macht guten Stil aus, oder?

Bleib fröhlich und unperfekt,

deine Laura

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