Mutter weiß Bescheid
„Wenn mein Mann die Wäsche wegräumen soll, legt er sie stapelweise in die Zimmer, ohne sie in die Schränke einzusortieren. Seine Begründung: er weiß nicht, wo die Kleidungsstücke hingehören. Ein Teil der Arbeit bleibt wieder an mir hängen und ich darf mich mit dem Sortieren rumschlagen“, klagte eine befreundetete Mutter. Dabei ist das ja nur ein Sinnbild für die Grundproblematik von Mental Load. Mamas funktionieren oft als Gehirn der gesamten Familie. Sie wissen eben, dass die blauen Socken in Größe 36 in die Schublade des Sohnes gehören, die schwarzen kurzen mit der 38 drauf in ihren eigenen Kleiderschrank, die nahezu identischen mit dem engen Bund in Größe 43 in Papas Strumpfkiste und alle bunten mit Schmetterlingen in die der Tochter. Sie wissen es, weil sie sich damit beschäftigen. Denn seien wir mal ehrlich, wer jeden Tag im Büro Dateien in entsprechende Ordner verschiebt, kann auch Socken sortieren. Aber „kann nicht“ wohnt eben in der „will nicht-Straße“, um Bernd Stromberg zu zitieren.
Die Mama weiß übrigens auch, wie der Mathelehrer heißt und dass ins Mäppchen zwei gespitze Bleistifte H2 und H3 gehören, um wie viel Uhr abends die Hausaufgaben eingescannt bei der Französisch-Lehrerin sein müssen, dass man im Unverpackt-Laden noch Klopapier und Hefe kaufen kann, nach wie vielen Stunden das Kind bitte ENDLICH den Fernseher ausmachen muss und wie man am besten einen Alltag ohne Freunde, Schule und Sportverein organisiert. Nur eines weiß die Mama nicht mehr: wie sie den Lärm im Kopf endlich mal zur Ruhe bringt.
Gerade jetzt in der Corona-Krise wird in vielen Haushalten noch einmal klar, wer die Familie organisiert und wer den großen Mental Load trägt. Meist sind es Mütter, denen wir es zu verdanken haben, dass das Leben zuhause irgendwie weitergeht, dass Kinder sich beschäftigen, die Stimmung hält und Essen, Bewegung und Unterhaltung vorhanden sind. Selbstverständlich gibt es eine Menge Väter, die das ebenso vortrefflich machen, insgesamt ist Mental Load aber ein weibliches Problem und darf daher nicht individualisiert werden. Es ist auch kein privates Problem Einzelner. Mental Load hat weitreichende psychische und finanzielle Konsequenzen, denn wer meist an die Familie denkt, hat wenig Raum für sich selbst, ist oft weniger berufstätig oder hat einfach nicht den Nerv, sich finanziell ordentlich abzusichern. Über den Mental Load von alleinerziehenden Eltern sprechen wir ein anderes Mal, denn der ist natürlich oft noch größer.
Problem erkannt, Lösung folgt!
Hier gehts aber mal um Elternpaare, die an dieser Problematik etwas ändern können. Die gute Nachricht ist, dass das geht, denn Schuld hat weder nur eine perfektionistische Mutter, noch ein bequemer Vater. Das Problem ist so vielschichtig wie unser individuelle Charakter und viele Aspekte spielen eine Rolle, dass Mütter mental so stark belastet sind. Der Beruf des Mannes wird meist wichtiger eingeschätzt, denn Väter gelten seit Generationen als Versorger der Familie. Frauen dagegen fühlen sich verantwortlich für den Haushalt und die Kinder und daran ändern oft weder feministische Bücher noch eine aussichtsreiche Karriere etwas. Sie ist es, die vom Erzieher angerufen wird, wenn die Tochter gespuckt hat, sie ist es, die sich um Oster-Bastelein kümmert, weil sie es wichtig findet. Vielleicht hat sie manchmal zu hohe Ansprüche, vielleicht macht er es sich darauf bequem – in jeder Familie gibt es da so eine ganz eigene Dynamik, die oft zu viel Ärger, Streit und Unzufriedenheit führt.
Projekt für finanzielle Unabhängigkeit: Was verdient die Frau?
Es gibt ein ganz tolles Projekt vom Deutschen Gewerkschaftsbund: Es heißt „Was verdient die Frau? Wirtschaftliche Unabhängigkeit!“ und beschäftigt sich mit der finanziellen Situation von Frauen. Sie verdienen im Schnitt immer noch weniger als Männer, haben aber endlich das gleiche verdient! Auch ihnen sollte wirtschaftliche Unabhängigkeit möglich sein, und dafür setzen sich die Projekt-Betreibenden seit Herbst 2014 ein. Ziel war es erst, die Debatte um wirtschaftliche Unabhängigkeit für Frauen voranzutreiben, nun werden erarbeitete Projektschritte umgezusetzt. Schwerpunkte sind die Lebensabschnitte, wenn Frauen von der Ausbildung in den Beruf übergehen und wenn sie rund um die Familienphase aus- oder in den Beruf einsteigen. Denn das sind die Knackpunkte für eine gelingende, selbstbestimmte Erwerbsbiografie.
Das Projekt hält unglaublich viel Unterstützung für Frauen parat: Barcamps, Kundgebungen, Fachtagungen und eine Menge Input rund um finanzielle Themen findest du auf der Seite. Ich habe mich erst einmal durch sämtliche Webinare durchgeklickt. Unter dem Motto „Bildet Banden“ fand letztes Jahr ein Netzwerktag in Berlin statt, bei dem sich Frauen zusammenschließen und an verschiedenen Workshops teilnehmen konnten. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend und bietet dir neben all den spannenden Angeboten eine Fülle an Materialien zu den Bereichen Finanzen, wirtschaftlicher Unabhängigkeit, Partnerschaftlichkeit und Empowerment, die du dir kostenlos runterladen kannst.
Nächste Woche, am 23. April 2020, gibt es ein Live-Webinar mit mir in der grandiosen Beratungs-Reihe „Sprungbrett“. Das Thema lautet:
„Unsichtbarer Stress?!? Wie ihr das Familienmanagement fair teilt“
Wir werden besprechen, wie dieser familiäre Stress entsteht, warum meist Frauen darunter leiden und wieso Mental Load große Folgen für die finanzielle Unabhängigkeit und die berufliche Karriere von Frauen mit Kindern hat. Außerdem zeige ich Lösungen auf, wie Familien sich diese Last bewusst werden und dagegen steuern können. Aufgaben identifizieren, sichtbar machen, den Wert von Care-Arbeit schätzen lernen und gemeinsam die Verantwortung neu verteilen – ich zeige euch, wie das funktionieren kann. Außerdem möchte ich jungen Frauen mit auf den Weg geben, wie sie die Mental Load-Falle von Anfang an vermeiden können. Dass wir uns verantwortlich fühlen, wird uns nämlich von der Gesellschaft anerzogen, und wir merken es nicht einmal.
Hier kannst du dich für das kostenlose Webinar bei Clickmeeting anmelden und mir dann live Fragen stellen. Wenn du es nicht pünktlich um 20 Uhr schaffst, kommst du später dazu. Alle, die das Webinar verpassen, können sich das Video mit allen FAQs später in der Mediathek anschauen. Schau doch direkt mal vorbei, es gibt zahlreiche tolle Videos mit klugen Frauen wie Caroline Rosales, Natascha Wegelin oder Sandra Runge.
Ich freue mich sehr, dich nächste Woche dort virtuell zu treffen. Ich finde, es ist höchste Zeit, dass wir einmal darauf aufmerksam machen, wie viel Arbeit es bedeutet, eine Familie zu organisieren. Es ist eine schöne Arbeit, aber sie ist unbezahlt und unsichtbar und birgt für den Hauptverantwortlichen / die Hauptverantwortliche finanzielle und gesundheitliche Risiken. Teilen wir den Mental Load und sorgen wir so für zufriedene Eltern und Frauen, die auf finanziell sicheren Beinen stehen.
Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura