In den letzten Monaten hatte ich immer mal wieder ein ungutes Gefühl. Es ging um die Kinder. Ich fühlte mich gestresst und kaputt und meinte, Jimmy, Luise und Oskar hätten eine Freude daran, mich in den Wahnsinn zu treiben. Dass das vor allem an mir selbst lag, habe ich bereits in diesem Artikel erzählt: Ich fühle mich schnell als Opfer und denke, dass alles eine einzige Zumutung ist. Kinder streiten und schmeißen in ihrer Wut den Milchbecher um? Eine Zumutung für mich! Die Familie pfeffert ihre Wäsche auf den Boden und ich muss sie aufheben? Eine Zumutung für mich!
So gehts nicht weiter
So kam es, dass ich mich selbst am laufenden Band reden hörte, als sei ich Fräulein Rottenmeier: „Hast du mich jetzt endlich verstanden?“ oder „Wenn du nicht gleich deine Zähne putzen gehst, kriegen wir RICHTIG Ärger!“ Nun ist es tatsächlich so, dass Kinder einen in den Wahnsinn treiben können und der Haushalt manchmal richtig ätzend ist, da wirst du mir Recht geben. Aber es kann doch auch nicht sein, dass sich alles so doof anfühlt und wir hier miteinander nur rummeckern, dachte ich mir irgendwann.
Außerdem wusste ich es doch eigentlich besser, schließlich habe ich hier auf dem Blog schon einmal über gewaltfreie Kommunikation geschrieben, von der ich ausnahmslos überzeugt bin. Ich denke, wenn man wie ich nicht von Natur aus mit guten Nerven und viel Verständnis für das Verhalten einer schlecht gelaunten Fünfjährigen ausgestattet ist, muss man ab und an zu Hilfsmitteln greifen, und das tat ich auch. Ich habe mir vom Beltz-Verlag das Buch „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn. Gelassen durch die Jahre 5 bis 10“ (Affiliate Link) von Danielle Graf und Katja Seide bestellt, die den gleichnamigen Blog schreiben. Bereits der erste Teil „Gelassen durch die Trotzphasen“ (Affiliate Link) hat mein Blick auf die Kinder verändert. Aber die Lektüre ist ein bisschen her und ich war neugierig auf den neuen Teil, der ja genau das Alter meiner beiden Großen betrifft.
Die Wahrheit tut weh
Ehrlich gesagt schmerzt das Lesen ein wenig. Denn der Blick der Autorinnen auf die Kinder ist so überaus respektvoll und positiv, dass ich schnell erkannt habe, dass das Problem in meiner Wahrnehmung liegt. Manchmal kamen mir beim Lesen die Tränen, wenn ich merkte, dass ich die wahren Bedürfnisse der Kinder gar nicht erkannt oder ihnen zu viel zugemutet habe. Meine Stimme im Kopf sagt ziemlich oft: die Kinder müssen das jetzt so machen, wie ich es will. Keine Widerrede, ich bin der Chef. Dabei weiß ich genau, dass das meist in die Hose geht. Klar muss es Regeln geben und was Gefahrenquellen betrifft, gibt es keine Diskussion. Das sehen die Autorinen übrigens ganz genau so. Aber sie versuchen stets, das Kind komplett ernst zu nehmen und mit ihm zusammen nach einer Lösung zu suchen. „Jedes Kind möchte so geliebt werden, wie es ist. Darf es all seine Facetten zeigen und wird auch bei Konflikten seine Integrität gewahrt, wächst es psychisch gesund heran.“ (S. 56)
An vielen beispielhaften Schilderungen von Eltern erklären sie, wie es mit den Kindern klappen kann und zeigen genau auf, wie sich das Kind in bestimmten Momenten fühlt und was es eigentlich braucht. Sie schildern zu Beginn die Szene, in der eine Mutter mit ihrem Teenager-Sohn aneinander gerät. Noch sind unsere Kinder klein, aber womöglich sitzt auch irgendwann mein kleiner Jimmy vor mir und wir haben diese typischen Konflikte, von denen alle reden. Ich stimme den Autorinnen unbedingt zu, dass die herkömmlichen Erziehungswege, die auch ich angewandt habe, bei den Kindern Unmut und Wut über ihr Ausgeliefertsein provozieren. (S. 10) Ich glaube, dass wenn ich an mir arbeite und mir Mühe gebe, die Integrität meiner Kinder noch besser zu achten, als ich es bisher tue, dann kann es klappen, dass wir die Pubertät gut miteinander hinbekommen. Übrigens geht es im Buch keinesfalls darum, die Eltern zu willfährigen Dienern ihrer Söhne und Töchter zu machen (Vgl. S. 11). Ab dem fünften Lebensjahr könnten Kinder durchaus wichtige soziale und gesellschaftliche Regeln vermittelt bekommen, so die Autorinnen.
Ein Buch kann Berge versetzen
In den letzten zwei Wochen, in denen das Buch hier immer neben mir liegt und ich es lese, hat sich für mich viel verändert. Ich bin manchmal ganz erstaunt und habe das Gefühl, dass ich die Kinder verstehe. Ok, ich muss mich oft zusammenreißen und es ist für mich sehr hart, das Gebrülle und Gestreite auszuhalten. Ich bin auch immer noch oft genervt und würde manchmal gerne das Fräulein Rottenmeiner wieder rauskramen, aber ich denke, ich habe etwas verstanden. Die Autorinnen sprechen an, dass man sich mit dieser anderen Art, mit Kindern umzugehen, manchmal ratlos fühlt. Wenn Eltern es gewohnt seien, eine klassische Führungsposition innezuhaben, ließe einen dieses „Nicht-am-längeren-Hebel-sitzen“ ratlos zurück (Vgl. S. 24) Und in der Tat: als Luise heute morgen nicht aufhörte, die Polster im Wohnzimmer durch die Gegend zu pfeffern, habe ich ihr mal wieder gedroht, dass das Tanzen dann heute Nachmittag ausfiele, wenn sie nicht sofort aufräume. Was Besseres fiel mir nicht ein. Aber ein wenig habe ich sie verstanden, denn sie war noch müde und sauer, weil es nur Vollkorn- statt Toastbrot gab. Ich denke, sie ein wenig toben zu lassen und dann in Ruhe mit ihr zu sprechen, das hätte funktioniert.
Beeindruckt hat mich im Buch das Kapitel, in dem eine der Autorinnen erzählt, wie das morgens bei ihnen so abläuft und wie sie auf alle drei Kinder eingeht. Bei mir ist das meist eher chaotisch und anstrengend, aber sie erklärt, warum das so ist. Der eine braucht morgens seine Streicheleinheiten, will kuscheln und möchte Hilfe für Dinge, die er eigentlich selber kann. So ist es bei Jimmy. Mich nervt oft, dass er sich nicht anziehen will. Aber er braucht vermutlich einfach ein bisschen Nähe und will sich bemuttern lassen, bevor er ganz alleine den Schulweg antritt. Anders dagegen Oskar, der will alles selber machen und dabei geht viel daneben. Ihm aber die Möglichkeit zu geben, sich sein Frühstück selber zuzubereiten (mit etwas Hilfe natürlich, einem riesen Schlabberlatz und einem Kindermesser), das macht ihn stolz und froh.
Rat für Jimmy und mich
Übrigens habe ich Danielle Graf und Katja Seide auf der Blogfamilia getroffen. Sie sind live ebenso sympathisch wie im Netz und sie haben mir noch einmal enorm geholfen. Ich war nämlich mit meinem Schulkind sehr unglücklich, das wirklich seine gesamte Stift- und Kleiderausrüstung vergisst. Oft stand ich schon da wie der Oberfeldwebel und habe mit strengem Blick das Mäppchen inspiziert. Die beiden haben mir dann erklärt, dass Kinder in dem Alter einfach nicht so gut organisiert sein können wie wir Erwachsenen. Manchen fällt es etwas leichter, aber andere sind mit der Schule, dem Schulweg, den Klassenkameraden, den Lehrern und all den Eindrücken so beschäftigt, dass die Organisation von Jacke, Stift und Regenschirm einfach zu viel des Guten ist. Als ich das hörte, tat mir Jimmy so leid, den ich echt oft angemeckert habe. Übrigens hatten Danielle und Katja trotzdem viel Verständnis für mich, sie sind keinesfalls Menschen, die mit erhobenem Zeigefinger auf Eltern einreden, das spärche ja auch gegen ihr Konzept. Sie gaben mir den Rat, künftig weder teure Stifte noch andere hochwertige Sachen zu kaufen. Lieber einen Vorrat an günstigen Stiften zuhause haben, die Turnschuhe können in der Schule bleiben, einen Schirm brauchen die Kinder mit ihren Regenjacken sowieso nicht und alles andere wird Second Hand gekauft. Dann haben Jimmy und ich keinen Stress mehr.
Wir sind ein Team
Seien wir realistisch: wir alle sind an schlechten Tagen auch mal gemein oder nah am Wasser gebaut, behandeln Partner oder Kinder nicht so gut und erleben selbst, wie die anderen unsere Grenzen überschreiten. Außerdem sind wir Menschen verschieden und so nervenstark wie die Autorinnen bin ich nicht und werde ich vermutlich nie werden. Ihre Toleranz und ihr Umgang mit Kindern ist in meinen Augen wunderbar und der richtige Weg. In den letzten Tagen hatte ich das Gefühl, dass Jimmy, Luise und ich viel mehr ein Team sind als noch vor ein paar Wochen. Ich schaue sie dank des Buches noch einmal ganz anders an. Toll fand ich sie schon immer, aber sie waren mir manchmal ein Rätsel. Danielle und Katja haben hier ein Buch geschrieben, das am besten jedem Kind bei Geburt beiliegt. Da das nicht der Fall ist, ist es auch noch ein wunderbares Geschenk für alle Eltern. Ich lege es dir aus tiefster Überzeugung ans Herz, genau wie den Blog und den ersten Teil der Reihe.
Gewinnspiel
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