Wenn ein Geschwisterkind dazu kommt
Eigentlich reicht ein einziges Kind, um als Eltern ge- und zeitweise auch überfordert zu sein. Ich jedenfalls hatte mit einem Baby die Hände voll zu tun und auch als Jimmy eins wurde, hätte ich mir kaum vorstellen können, wie ich da noch ein zweites Kind unterkriegen soll. Es geht ja dann aber doch und vielleicht kann ich die eine oder den anderen beruhigen: es geht nämlich sogar ganz gut. Denn während die Arbeit natürlich irgendwie mehr wird (Wäsche, Essen machen, Einkaufen), so gewöhnen wir uns doch an das Kinderhaben und machen uns beim zweiten Kind schon viel weniger Sorgen als beim ersten, sofern die Kinder gesund sind.
Auf Instagram haben neulich viele Mütter gefragt, wie man das denn so am besten macht, wenn ein Baby in die Familie kommt und das Kind oder die Kinder, die schon auf der Welt sind, eifersüchtig seien. Darüber habe ich versprochen zu schreiben. Weil ich ja von Pädagogik keine fundierte Ahnung habe, sondern nur aus meinem Erfahrunssschatz erzählen kann, schaue ich außerdem mal in die Bücher und Blogs von Katia Saalfrank, Katja Seide und Danielle Graf. Los gehts!
Meine Erfahrung
Als unsere Luise auf die Welt kam, hat Jimmy das nicht so sehr interessiert. Er war damals knapp zwei Jahre alt und fand Müllautos, Busse und Bahnen spannender als seine kleine Schwester. Das Baby, das da in der Wiege lag, hat er kaum beachtet. Und tatsächlich hatte ich eigentlich auch genug Zeit für Jimmy, denn so ein Baby schläft ja durchaus viel. Mit Baby Jimmy war ich damals stets beschäftigt, er hat viel geweint, wollte weder im Bett noch im Wagen schlafen und war mit der Grundsituation in den ersten drei Monaten sowieso völlig unzufrieden. Luise hingegen war zwar aufgeweckt, aber nicht so anspruchsvoll. Sie hat viel geschlafen, während ich mit Jimmy über die Spielplätze tingelte.
Daher würde ich sagen, dass der Aufwand für ein Baby beim ersten Kind heftiger erscheint als beim zweiten, schließlich macht mal alles zum ersten Mal und ist dadurch auch angespannter. Dass die Babys so mitlaufen, halte ich aber für ein Gerücht. Ich denke eher, dass Eltern die Nerven bewahren und schon auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen können. Windelinhalte, Blähungen und der Unwille, durchzuschlafen, ist kein Grund mehr zur Diskussion, sondern wird einfach so hingenommen, so wars jedenfalls bei mir. Mit Baby Jimmy habe ich sein Verhalten genau studiert, es mit Freundinnen, Anton und der Hebamme genau besprochen, dokumentiert und im Netz nachrecherchiert. Dafür war mit zwei Kindern zum Glück keine Zeit mehr.
Eifersüchtig auf das Baby
Was machen Mamas und Papas aber, wenn das erste Kind sehr eifersüchtig auf das Baby reagiert? Ist ja eigentlich sehr verständlich, wenn dem so ist. Da haben sich die Eltern eine Zeit lang ausschließlich um das eigene Wohlergehen gekümmert, plötzlich muss man die Aufmerksamkeit teilen und alle, die zu Besuch kommen, staunen nur über das neue Schreibündel.
Ich denke, sich das zu vergegenwärtigen, ist schon einmal die halbe Miete. Ich muss sagen, dass ich auch schwer beleidigt wäre, wenn meine Kinder sich eine Zweitmutter anschafften, die sie jetzt „ganz genauso lieb haben“ und die doch bitteschön ziemlich nett ist, was hätte ich denn nur? Ich würde diese Zweitmutter bei jeder Gelegenheit in den Po kneifen, das kannst du mir glauben. Oder ihr die Nase rumdrehen, bis sie weint. Leid täte es mir schon, aber ich hätte auch Angst vor der Reaktion meiner Kinder, die die neue Mutter ja so schrecklich anhimmeln und nun sicher böse auf mich sind.
Lange Rede, kurzer Sinn: Kinder müssen sich höchstwahrscheinlich erst einmal an diese neue und nicht unbedingt gewollte Situation gewöhnen. Ich bin ja eine unheimliche Verfechterin davon, dass auch die Papas so lange wie möglich Elternzeit nehmen. Dann nämlich haben Eltern viel mehr Zeit, um sie neben dem Neuankömmling auch den Geschwistern ausgiebig zu widmen.
Radau beim Stillen
Übrigens scheint es oft Ärger zu geben, wenn Mamas stillen. Eine Mutter schrieb mir, dass ihr kleiner Sohn jedes Mal Quatsch macht, wenn sie das Baby füttert. Während sie also auf dem Sofa sitzt, wirft der Sohn Dinge durch die Gegend, leert Spielzeugkisten aus und bekommt Wutanfälle. Oh je, die Armen, alle beide. Die Mutter weiß nicht, wie sie sich aufteilen soll, das Kind sieht es nicht ein, dass Mama ständig mit diesem Winzling schmust und kuschelt.
Ideen aus der Müttersprechstunde
Was also kann man in diesem Fall tun? Wir haben diese Frage in die Runde gestellt und viele Mütter haben geantwortet. Es gab praktische Ideen, wie zum Beispiel, eine kleine Kiste mit ganz besonderem Spielzeug zu packen, die das ältere Kind dann aus dem Schrank zieht, wenn das Baby gestillt werden muss. Oder aber das Kind darf sich ein Hörspiel anhören, ein Filmchen gucken oder sonstwas machen, das Spaß macht. Auch wenn beim Filmchen gucken der ein oder andere aufschreien mag, war die Meinung der Mamas, dass es ja wohl alle mal besser ist, als sich während des Stillens zu streiten. Na klaro, finde ich auch! Ich habe mir damals ein riesen Stillkissen so drapiert, dass ich Luise stillen konnte und nebenher mit Jimmy ein Bilderbuch angeschaut habe. Manchmal hat er auch was zu essen bekommen und es sich am Tisch mit Apfelschnitzen und Fruchtriegeln gemütlich gemacht.
Wenn alle brüllen
Gleiches galt, als Oskar auf die Welt kam. Hier war eher das Problem, dass sich Jimmy und Luise mächtig stritten, während ich Oskar fütterte. Das war dann wirklich nervig, weil natürlich nach ein paar Minuten mindestens einer weinte oder sie sich ordentlich ineinander verkeilt hatten. Also musste ich Oskar ablegen, der dann schrie und die Zankhähne trennen, die ebenfalls brüllten. Oft habe dann auch ich gebrüllt. Du siehst, es ist natürlich schon ein Drahtseilakt, drei Kinder unter einen Hut zu bekommen. Ich bin mir sicher, dass alle Eltern immer mal wieder an einen Punkt kommen, an dem sie ordentlich die Nase voll haben.
Allen Kindern gerecht werden – meine Ideen
Für mich ist immer die Lösung, jedem Kind ein wenig Einzelaufmerksamkeit zu schenken. Im Alltag bleibt oft nicht viel Zeit, aber wir finden sie dann manchmal beim Lesen und Vorlesen. Außerdem plane ich mit den Kindern immer schöne Dinge, die wir dann nur zu zweit machen. Bald gehe ich mit Luise in ein Klassikkonzert für Kinder, mit Jimmy in die Sky-Bar zum Fußball gucken und mit Oskar ins Hallenbad. Alle paar Wochen reicht das. Das Tollste sind kleine Reisen nur zu zweit. Luise und ich besuchen in diesem Jahr meine Schwester, ich hatte Jimmy einmal auf einer Kinderpressereise dabei oder übernachte mal mit Oskar bei den Großeltern. Jedes Kind nach seinem Tag fragen, das gehört auch dazu und sich für ihre Hobbys interessieren, auch wenn sie einem persönlich nicht so liegen.
Hilfreiche Texte und Links
Ich möchte dir hier mal den ganz wunderbaren, persönlichen und hilfreichen Text vom Wunschkind-Blog ans Herz legen, die Entthronung der Erstgeborenen.
Dann fiel bei mir endlich der Groschen! Meine Töchter – die eine mehr, die andere weniger – hatten im Alltag das Gefühl, dass ihr Bedürfnis nach Mamas Aufmerksamkeit nicht erfüllt wurde! Das klingt jetzt erst einmal nach keiner großen Offenbarung, doch für uns war sie das. Denn obwohl ich beiden durchaus bemüht viel „Exklusivzeit“ und wunderschöne Extra-Events wie Tierpark, Bauernhof, Theater usw. gegeben hatte, stellte ich, als ich im Geiste unseren Alltag durchging, fest, dass ich, ohne groß darüber nachzudenken oder mir Sorgen darüber zu machen, meine Töchter im Laufe des Tages relativ oft ganz minimal zurückwies.
Das auffällige Verhalten unserer Kinder nach der Entbindung ihres Geschwisterchens (und oft sogar schon eine Weile vorher!) ist also nur ein Indikator. Es ist Mittel zum Zweck für sie, um uns auf ihren Herzschmerz („Mama muss sich so oft ums Baby kümmern, hat sie es lieber als mich?“) aufmerksam zu machen. Hören wir als Eltern ihnen nicht zu und erkennen die Provokationen nicht als das, was sie sind, werden sie sich verstärken. Im übertragenen Sinn rufen unsere Kinder mit ihren Handlungen immer lauter.