Dieses Jahr ist Papa dran!

So langsam werde ich unruhig, denn es wird kalt draußen und der Dezember naht. Im Supermarkt gibts schon lange Lebkuchen und die Oma fragt, wie wir das dieses Jahr mit den Adventskalendern für die Kinder machen sollen. Schoko, Geschenke, gekauft oder gebastelt? Bei mir springt das Hirn in den Weihnachtselfen-Modus und dann geht alles von alleine: Ich mache mir Gedanken und erstelle die ersten mentalen Listen. Ich überlege mir ein Adventskalendersystem, das auch nachhaltig ist. Nicht all diesen Plastikkram, denn das ist schlecht für die Umwelt. Lieber nette Kleinigkeiten, die entweder lecker oder nützlich sind. Nächste Woche bin ich doch in München, da kann ich Schokolädchen kaufen, ein Glitzerradiergummi für Luise, einen Fußball-Bleistift für Jimmy. Oskar bekommt ein Piratenschaumbad und dann besorge ich noch bliblablu….

Außerdem sollten wir uns dieses Jahr echt mal um einen Adventskranz kümmern. Unten im Keller, in der Kiste, da ist noch ein Rohling. Ich könnte mit Jimmy, Luise und Oskar in den Wald gehen, Tannenzweige sammeln und dann solche netten kleinen Salzteiganhänger basteln, wie ich sie neulich auf Instagram….

Mama macht das schon

Haaaaaalt, Laura, merkst du nicht, wie du dir selber schon wieder einen riesen Stress machst? Wie dein Kümmermodus angeht, von dem du immer dachtest, den hast du, weil du eben eine Mama bist? Nein, den hast du deshalb, weil das als Frau von dir erwartet wird. Gute Mütter kümmern sich, machen es zuhause schön, sorgen für Atmosphäre und dass die Wünsche der Kinder in Erfüllung gehen. So ist es doch, oder? Nein, so ist es nämlich nicht. Wieso ist der Mental Load im November und Dezember am schlimmsten? Weil wir die ganze Elfenarbeit machen. Weil es schon immer so war und auch immer so sein wird, oder etwa nicht?

Von klein auf sind die Mädchen für die Basteleien zuständig. „Mal doch mal was für die Oma“, heißt es dann, „du machst das doch so gerne. Der Bruder ist lieber draußen und spielt Fußball, ist ja auch ein Junge. Wieso weint denn der Kerl da draußen jetzt los, das tun Männer doch nicht.“

Ist doch kein Wunder, dass uns die jungen Kerle in der Oberstufe erst sagen, sie haben es nicht so mit der Romantik und später als Papa erzählen sie uns, dass sie keinen Sinn für Weihnachtsdeko haben und wir das doch viel besser machen. Aha.

Dann eben ohne Weihnachtszauber

Ich bin übrigens keine wilde Weihnachtsfee, die dekoriert wie eine Irre und sich wer weiß was für eine Arbeit macht. Ich weiß aber um das Wunder, das Kinder empfinden. Ich selber war selig, wenn meine Mutter am ersten Advent die Kerze anzündete, wir zusammen Weihnachtslieder sangen und alles auf einmal wie verzaubert war. Ich möchte, dass meine Kinder diesen Zauber auch spüren und sich jeden Morgen mit klopfenden Herzchen an den Adventskalender schleichen, um ein kleines Säckchen zu öffnen.

Wir Mütter hören uns ja gerne Vorwürfe an und ich bekomme dieses Argument hier auf dem Blog mehrfach um die Ohren gehauen: macht euch doch nicht so einen Stress, ihr seid ja selber Schuld an eurem Mental Load. Legt doch die Füße hoch und meckert nicht rum. Aber über Maternal Gatekeeping-Argumente wie diese hat sich Patricia neulich schon ziemlich aufgeregt, zu Recht, wie ich finde. Ich kümmere mich um den Adventskranz nicht unbedingt wegen des güldenen Mutterkreuzes, sondern weil es sonst keiner tut und wir dann eben keinen Weihnachtszauber haben, keinen Kuchen am Geburtstagsmorgen, keine Kerzen am Frühstückstisch. Aber an was erinnern sich die Kinder, wenn sie groß sind und was wärmt ihnen die Seele?

Schuld ist die Sozialisierung

Dies ist übrigens keine Anklage gegen Väter, die nicht im Traum drauf kommen würden, Weihnachtsanhänger aus Salzteig zu basteln. So wie wir Opfer der Sozialisierung sind und uns der Muttermythos das Leben schwer macht, so schwer ist es für viele Männer. Ihnen wird von klein auf beigebracht, sich gefühlsmäßig zusammenzureißen. Ein junger Mann, der sich eine Adventskerze in sein Jugendzimmer stellt – lachhaft! Papas, die sich am Laternenfest darüber unterhalten, was sie in die Adventskalender der Kinder stecken? Unvorstellbar!

Doch wenn Männer Gefühlsarbeit nie lernen, verpassen sie einen großen, wichtigen Teil ihres Lebens. Gewiss, es ist in vieler Hinsicht ein bequemes Leben. Wenn aber jemand anderes sich um die Details kümmert, gehört dir dein eigenes Leben nie voll und ganz. (Gemma Hartley, Es reicht!, S. 34)

Wochenend-Papas

Nils Pickert von Pinkstinks hat mir mal in einem Interview gesagt, dass er den Eindruck hat, viele Männer seien in ihrem Leben zu Gast. Den Eindruck habe ich auch von manchen Vätern in unserem Bekanntenkreis. Sie nehmen vier Wochen Elternzeit, sind dann flucks wieder im Büro. Sie sind die Wochenend-Daddys, sie lesen abends eine Geschichte vor und laden auf Instagram ein Bild von sich und Junior beim Toben auf dem Spielplatz hoch. Applaus, Applaus… Was sich ihre Kinder vom Nikolaus wünschen, welche Schuhgröße sie nach dem Sommer haben, warum der Sohn den ollen Tim aus der 4b nicht mag oder weshalb die Tochter nicht gerne Glitzer-Röcke trägt, das wissen sie nicht, denn das sind Dinge, die erfährt man im Alltag, wenn man das Kind zum Fußballtraining bringt oder mit ihm im Wartezimmer vom Kinderarzt sitzt.

Aber es ändert sich etwas. Denn diese Art von Gefühlsarbeit, die auch beinhaltet, für die Kinder Weihnachtszauber ins Wohnzimmer zu pusten, ihnen kleine Wünsche zu erfüllen, weil man genau weiß, welche Sammelkarten sie gerade lieben oder sich einfach mal einen Nachmittag zu ihnen ins Kinderzimmer zu setzen, macht auch unglaublich viel Spaß. Sie ist nur dann eine Last, wenn man sich eben immer alleine kümmern muss und genau weiß, dass es kein anderer tut.

Gefühlsarbeit macht Frauen fertig, dabei ist sie schön und bereichernd und bringt einen der eigenen Familie näher. Wenn wir uns mal mit diesen blöden stereotypischen Rollenbildern beschäftigen und erkennen, wie sehr sie uns belasten und uns das Leben schwer machen, können wir auch etwas dagegen tun. Daher rufe ich dieses Jahr auf: Papas, habt Freude daran, Adventskalender zu bestücken und euch um den Adventskranz zu kümmern. Backt mit euren Kindern und genießt eine Partnerin, die in der Weihnachtszeit so gut drauf ist wie nie zuvor – weil sie endlich mal keine Weihnachtselfe spielen muss. Gefühlsarbeit für alle –  das würde Familien ungemein bereichern. Lasst uns aufmerksam sein und die veralteten Rollenbilder nicht an die Kinder weitergeben. Lassen wir die Jungen weinen, romantisch sein und gefühlsduselig. Schicken wir die Mädchen raus zum Fußball spielen und drücken wir unserem Sohn Karte und Stift in die Hand. „Hier, schreib doch du der Oma ein paar liebe Worte, du kannst das so gut!“

Und nun widmen wir uns wieder dem Fest, das viel aktueller ist. Papas, habt ihr schon Gruseldeko aufgehängt?

Bleibt fröhlich und unperfekt, deine Laura

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