Finanziell auf eigenen Beinen stehen

Eine Frau zeigt, wie es geht

#MamasUndMoneten

Bei mir hat sich eine Frau gemeldet, die gerne etwas zu Sophies und meinem Projekt #MamasUndMoneten beitragen möchte, aus verständlichen Gründen anonym. Mich hat der Text sehr berührt und ich bewundere die Autorin. Sie schreibt darüber, dass sie schon ihre Ausbildung so gewählt hat, dass sie von ihrem Beruf später auf jeden Fall gut leben kann. Und sie beneidet die Menschen, die sich in ihrer Berufswahl davon leiten lassen konnten, wie sie sich am besten selbstverwirklichen können. Das sind wahre Worte, denn ich würde soweit gehen: eigentlich kann es sich (leider) keine Frau leisten, die Ausbildung nur nach den Leidenschafts- und Spaßfaktoren zu wählen, wenn sie finanziell unabhängig sein möchte. Das ist sehr schade, aber ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich selbst habe Literatur und Geschichte studiert und hätte schon früher wissen müssen, dass ich so später in die Mutter-Teilzeit-Falle tappen würde. Andererseits, kann eine Frau mit Anfang 20 schon so vorausschauend handeln? Sie kann es, wenn sie wie die Autorin mit jungen Jahren schon einiges an Lebenserfahrung auf dem Buckel hat. Ich jedenfalls würde es meiner Tochter und jedem jungen Mädchen genauso raten, wie sie es gemacht hat. Das ist vor allem deshalb bitter, weil es Berufe wie Erzieherin und Alternpflegerin gibt, die viel zu schlecht bezahlt sind, aber dringend gebraucht werden. Das schreit doch nach Veränderung, oder? Nun aber übergebe ich das Wort an meine anonyme Schreiberin:

Frauen und Geld, das ist so eine Sache. Wenn ich mich mit meinen Freundinnen unterhalte, möchte ich meistens leise weinen.
Ich würde schätzen, dass gut 95% nicht in der Lage wären sich im Falle einer Trennung von ihrem Partner finanziell über Wasser zu halten.

Viele Frauen sind finanziell abhängig von ihrem Partner

Bei mir ist das anders. Mein Gehalt reicht um mich und meine Kinder zu ernähren und wenn alles gut geht (bei dieser Rentensache weiß man es ja nie so genau), werde ich auch in der Rente ein finanziell sorgloses Leben haben.

Ich bin in West-Deutschland, genauer gesagt, in Bayern aufgewachsen. Meine Mutter ist „natürlich“ nicht arbeiten gegangen und mein Vater war Manager in einem Konzern. Meine Mutter hatte nicht mal eine Ausbildung, die ihr ermöglicht hätte, einen Job – geschweige denn – einen gut bezahlten Job zu haben. Mein Vater wollte auch gar nicht, dass sie arbeiten geht. Wie sähe das denn aus? Die Leute würden glauben, er könne seine Familie nicht ernähren.

Als ich 13 war, haben meine Eltern sich nach 25 Jahren Ehe scheiden lassen. Wir standen mit buchstäblich nichts da. Mein Vater hätte wohl Unterhalt gezahlt – aus Stolz wollte meine Mutter aber nichts annehmen.
Wir mussten von einem großen Haus in eine Zwei-Zimmerwohnung ziehen. Drei Menschen und ein Hund.
Ich könnte noch sehr viel über diese Erfahrung schreiben – warum ich sie aber erwähne: Ich habe mir damals geschworen – das passiert mir nicht. Ich finde es unerträglich. Mein Vater wohnt in der Zwischenzeit mit seiner neuen Frau in einem neuen, größeren Haus. Meine Mutter lebt in einer klammen Zwei-Zimmerwohnung und geht mit über 70 noch arbeiten. Sie bekommt 400 Euro Rente.

Finanziell stabil auf eigenen Beinen stehen war das Ziel

Ich habe deswegen in Schule und Studium alles gegeben, um einen möglichst guten Abschluss zu bekommen. Nebenher habe ich immer gearbeitet, teilweise mehr als ich in der Uni war, aber von irgendwas musste ich ja leben.
Meine Zukunft habe ich nach zwei Dingen ausgerichtet:
1) Einen Job finden, in dem man ordentlich verdient
2) Einen Job finden, in den man nach einer möglichen Elternzeit wieder reinkommt

Ich habe deswegen NIE darüber nachgedacht, was mir Spaß macht oder was mir liegt. Um Erfüllung oder Selbstverwirklichung ging es mir nicht. Ich beneide die Menschen, die sich das leisten konnten.

Mit meinem ersten festen Job habe ich angefangen für meine Rente zu sparen. Da war ich gerade mal 25 Jahre. Je früher man anfängt, desto besser. Mein Lebensstandard war als Studentin sehr niedrig. Ich habe oft am Ende des Monats weder Geld noch Essen gehabt. Ich habe später als Angestellte von meinem Einkommen so viel weggespart, wie ich konnte und mein Lebensstandard nur geringfügig verändert.
Die ersten Jahre habe ich alle zwei Jahre den Job gewechselt und damit jedes Mal einen Gehaltssprung gemacht. Die Jahre dazwischen habe ich mein Gehalt verhandelt. Das mache ich auch jetzt noch jedes Jahr. Ich warte nicht darauf, dass mir gnädigerweise jemand eine Gehaltserhöhung gibt.

Auch in der Ehe die Hoheit über die Finanzen behalten

Den Überblick über die Finanzen habe ich nie abgegeben. Meine Steuererklärung mache ich selbst. Über meine Sparverträge und Konten weiß ich Bescheid. Niemand sonst hat Zugriff darauf.

Ich war eine kurze Zeit verheiratet. Da haben wir einmal die Festkosten berechnet und dann prozentual von unserem Gehalt die Anteile. Dieses Geld wurde dann auf ein gemeinsames Konto überwiesen.

Zwischen uns gab es nie ein Gehaltsgefälle. (Was mich im übrigen nie vor der Diskussion gerettet hat, dass sein Job wichtiger sei als meiner und ich doch bitte die Kinderkrankentage etc. übernehme). Ich hätte mich nie auf Lohnsteuerklasse 3/5 eingelassen.

Als die Kinder geboren wurden, habe ich darauf bestanden, dass mein Mann übergangsweise die Einzahlungen meiner privaten Rentenversicherung übernimmt. Elterngeld war schließlich viel weniger als mein Gehalt. Warum soll er weiter in seine Altersvorsorge einzahlen und ich nicht, weil ich mich um unsere gemeinsamen Kinder kümmere? Nach jeweils einem Jahr bin ich wieder arbeiten gegangen (u.a. weil es hier gute und finanzierbare Kinderbetreuung gibt).

Beim letzten Jobwechsel habe ich hart verhandelt. Ich verdiene jetzt mit deutlich reduzierten Stunden genauso viel wie vorher in Vollzeit.

Zwischenbilanz: Trotz Scheidung keine finanzielle Notsituation

Ich lebe mit meinen Kindern in einer schönen Wohnung in guter Lage und kann – toitoitoi – alles von meinem Geld zahlen. Ich spare für meine Rente, ich spare für Urlaub, ich spare für mittelgroße Anschaffungen, die kommen können, ich spare für meine Kinder, denn sie sollen nicht unter den Bedingungen studieren müssen wie ich.
Ich hab natürlich kein Haus, keinen Garten, keinen Kleiderschrank voller Markenklamotten. Ich kann mir keine Mitgliedschaft in einem Fitnessclub leisten und gehe nie zur Kosmetikerin oder ähnliches. Aber darauf lege ich keinen Wert.
Manchmal bereue ich, dass ich den größten Teil meiner beruflichen Zeit nichts mache, was mich erfüllt. Ich gestehe, manchmal wäre ich gerne zu Hause, denn ich habe unendlich viele Ideen und Projekte mit denen ich mich beschäftigen könnte.
Aber unter dem Strich bin ich wirklich stolz auf mich, dass ich finanziell komplett unabhängig bin und dass meine Kinder das auch sehen.

Ich kann nur jeder Frau dazu raten.
Ihr seid mit der finanziellen Unabhängigkeit auch von allen anderen Entscheidungen unabhängig. Ich musste noch nie nachdenken, ob ich es mir leisten kann, mich zu trennen. Ich musste meinen Mann noch nie fragen, ob ich mir z.B. einen neuen Rechner kaufen kann. Ich sorge mich (meistens) nicht um die Zukunft. Ich freue mich, dass ich meinen Kindern einfach so eine Klassenfahrt bezahlen kann.

Seid es euch wert ordentlich zu verhandeln. Wenn ihr gute Arbeit leistet, wartet nicht aufs Entdecktwerden. Eure männlichen Kollegen machen das auch nicht. Sprecht mit allen Freundinnen und Kollegen über euer Gehalt. Vergleicht euch. Achtet darauf nicht ungleich behandelt zu werden.

Ich weiß, ich hatte natürlich auch Glück und gute Rahmenbedingungen – aber ich hatte auch ein Ziel – nämlich mit über 40 nicht so dazustehen wie meine Mutter.

 

Danke, liebe Autorin, für diesen offenen und ehrlichen Text. Und vielleicht ermutigt es dich auch, deine Geschichte zu erzählen. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass wir Frauen uns endlich noch weiter in die Materie eingraben, uns über Finanzen, unser Leben und finanzielle Unabhängigkeit austauschen und gemeinsam dafür kämpfen, dass es nicht länger ein Armutsrisiko ist, Frau und Mutter zu sein.

Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura

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