Stand up for your rights

Mein feministisches Manifest

Heute gehts mal nicht um die lieben Kleinen, heute ist mal keine Musik! Ich sitze am Schreibtisch und schreibe an einem Artikel zum Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ und mal wieder platzt mir die innere Hutschnur. Beim Lesen diverser Zeitungsberichte von der Zeit über die FAZ bis hin zu Frauenzeitschriften entdecke ich mal wieder das Mütter-Dilemma, das aber genauso die Väter betrifft. Als Leserstimme habe ich mich hier schon mal öffentlich in der Brigitte geäußert. Aber jetzt kocht meine Wut über die Ungerechtigkeit wieder hoch, und mein Alter Ego, das mit der tiefen Stimme, den unförmigen Klamotten und der Nickelbrille, ruft: das musst du doch mal laut sagen!

Es geht mir nicht um die Mütter, die gerne und völlig freiwillig nach der Geburt der Kinder zuhause bleiben. Jeder soll das tun, was er für richtig hält. Und das in Mode gekommene Mütter-Bashing halte ich sowieso für den größten Käse der Menschheitsgeschichte. Viel mehr geht es um die, die zuhause bleiben und darüber unglücklich sind. Sie bleiben zuhause, weil

  • der Herr Papa viel mehr verdient. Und warum verdient er mehr? Weil er so clever war, ein Maschinenbaustudium der brotlosen Kunst der Geisteswissenschaften vorzuziehen oder anstelle von Kindern im Hort lieber Computer betreut. Daraus folgt, dass Herr Papa den super Steuersatz bekommt und Frau Mutter nach Berechnung ihres Einkommens abzüglich dem F***-Steuersatz den Taschenrechner in die Ecke schmeißt, weil Pfandsammeln am Flughafen mehr Kohle bringen würde. (Ich habe ganz schön dumm geguckt, als sich nach unserer Hochzeit mein 13. Gehalt durch die miserable Besteuerung in Luft aufgelöst hat, während meine Kollegen jubelnd ihre Gehaltsabrechnung schwenkten.)
  • der Arbeitgeber froh ist, dass der schon zweifach verlängerte befristete Vertrag sang- und klanglos in der Elternzeit ausläuft und man auf diese Weise eine Mitarbeiterin und potentielle Zweitmutter auf elegante Weise losgeworden ist.
  • ein Platz in der Kinderbetreuung entweder nicht ergattert wird, eine Netto-Arbeitszeit von 2,3 Stunden pro Tag zulässt oder als Privateinrichtung mit Tanz-, Wald- und Kreativangeboten schlappe 600 Euro im Monat einstreicht, wo wir wieder bei Punkt eins wären.
  • das schlechte Gewissen zuschlägt, ausgelöst von älteren Damen im Bus, schwangeren Bekannten oder Arbeitskollegen, die ihre entsetzte Rübe schütteln über die knallharte Rabenmutter, die ihr Kind im zarten Krabbelalter in fremde Hände gibt. Gerne kommentiert mit einem „ach, könnte ich aber nicht, mein Baby wegzugeben.“

Meiner Meinung nach ist das ein großer Fehler im System. Und zwar im Gesellschaftssystem. Unternehmen tragen eine ganz besonders große Schuld. Sie verfolgen eine Personalpolitik, die den weiblichen Arbeitnehmerinnen mit Einreichung des Geburtstermins automatisch das Karriere-Aus mitliefert. Ach, was sage ich. Es geht ja nicht mal um Karriere. Es geht um einen simplen Arbeitsplatz mit Teilzeitmöglichkeit und ähnlichem Anspruch wie dem vorangegangenen Job. Und es geht darum, auch Vätern Arbeitszeitreduzierung, mehr Flexibilität im Home-Office und Anerkennung für den Dienst am Wickeltisch anzubieten. Aber hier sitzen die Machos den 21. Jahrhunderts. Sie predigen Toleranz gegenüber Familienvätern und drücken dem Papa, der eigentlich zum Impfdienst in der Kinderarztpraxis antreten soll, mal eben ein paar Überstunden auf. Der kinderlose Kollege rümpft die Nase über den Trottel, der sich von seiner Alten einspannen lässt und nun den Kinderwagen anstelle seiner Karriere anschiebt.

Solange die Gleichungen gelten: Frau + Kind = weg vom Bürofenster und Mann + Elternzeit = Weichei ist die Gleichberechtigung für den Eimer. Die von mir verehrte Judith Holofernes, einst Sängerin der Band „Wir sind Helden“, hat mich in meiner Meinung bestätigt: „Kinderkriegen ist der ultimative Reality-Check für den Feminismus“. Für mich heißt das erst einmal: Feminismus fundamental gescheitert.

Also feudeln zuhause gut ausgebildete Damen das Parkett, waschen Wäscheberge und sind Stammkundinnen im örtlichen Drogeriemarkt. Sie träumen von einer Halbtags- oder Ganztagsstelle, in der sie beruflich gefordert sind, sich einbringen dürfen, Geld dazu verdienen, Abwechslung vom Kinderalltag bekommen oder davon, einfach mal alleine aufs Klo gehen zu können. Prima wäre auch noch die Akzeptanz der Kollegen, wenn das Kind mal wieder krank ist und man früher gehen muss. Aber da ist es in der Realität statistisch oft wahrscheinlicher, zusätzlich zum Lottogewinn auch noch die 10.000 Euro-Sofortrente abzusahnen. Über die Aussage, dass in Deutschland Fachkräftemangel herrscht, könnte ich mich regelmäßig vor Lachen unter den Tisch kugeln.

Nun wünsche ich all unseren Kindern, dass sie es einmal anders machen werden. Jimmy, und da bin ich überzeugt, wird seiner Partnerin nach dem ersten Kind ganz von sich aus anbieten, die nächsten zwei Jahre zuhause zu bleiben, sodass sie arbeiten gehen kann. Und Luise wird die Bascha Mika der 2050er Jahre. Ich lege jetzt erstmal den Feudel aus der Hand, gehe die Kinder abholen, einkaufen und halte ihnen eine Gardienenpredigt über die Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft. In diesem Sinne beende ich meinen Post mit dem fetzigen Amazonen-Zitat: Stand up for your rights, but sit down to piss.

Deine Laura

Laura live! Wenn du auch auf Instagram unterwegs bist, freue ich mich total, wenn du Lust hast mir zu folgen. Ich erzähle auf meinem Kanal jeden Tag ein paar Kleinigkeiten aus meinem Leben als Dreifach-Mama in den Instastorys und übe mich darin, schöne Fotos zu schießen.

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