Ganz viel Liebe geben: warum Erziehung so viel besser geworden ist (plus Gewinnspiel)

Mama machts möglich

Neulich ging mir etwas durch den Kopf: wir Eltern tun ganz schön viel für unsere Kinder! Mir fiel es auf, als ich mit einer fremden Mutter und ihren Söhnen um unseren Tisch saß. Jimmy und die Jungs hatten ihre Fußball-Sammelalben vor sich liegen und tauschten eifrig hin und her. Zuvor hatte ich eine Anzeige im Internet aufgegeben. Die Sache mit den Sammelkarten ist nämlich die: damit Eltern und Kinder eifrig Geld ausgeben, gibt es viele Fußballersammelkarten nur ganz selten. Mittlerweile findet Jimmy in den Tüten kaum noch eine Karte, die er nicht hat, obwohl ihm immer noch eine Menge fehlen. Ihm ist diese Sammelleidenschaft unheimlich wichtig und er liebt sein Album über alles. Er nimmt es stets mit, durchblättert es Tag für Tag und lernt alle Daten rund um die Spieler auswendig. Weil es ihm so viel bedeutet und ich keine Lust mehr habe, den Sammelkartendruckern Geld in den Rachen zu werfen, bin ich unter die Kartendealer gegangen.

Zu Weihnachten haben Jimmy und ich dann seine Kartennummern in eine Excel-Datei geschrieben, ich habe eine Online-Anzeige erstellt und mit anderen Eltern virtuell Karten verhandelt. Das hat super geklappt und viele Kinder haben sich für Portokosten an neuen Karten erfreut. Nun hatte ich Kontakt zu einer Mutter aus dem Nachbardorf und kurzerhand beschlossen wir, dass sich die Jungs live zum Tausch treffen. Sie holte die Kids von der Schule ab und brachte sie zu uns. Ein riesen Aufwand, den wir Mütter da betreiben, oder? Ich mache das für Jimmy, weil es wirklich seine Leidenschaft ist. Er lebt für Fußball und er lebt für sein Album. Er freut sich so sehr über seine Sammlung und ihn machen ein paar kleine Kärtchen tatsächlich richtig und wahrhaftig glücklich.

Was wir für unsere Kinder tun

Und wir tun noch viel mehr, als nur einen Live-Kartentausch ins Leben zu rufen, das wirst du bestätigen können. Wir hören hin, was unsere Kinder mögen und versuchen, im Rahmen unserer zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten ihre Hobbys zu unterstützen. Noch wichtiger aber ist, dass wir Bescheid wissen über ihre Leidenschaften und uns für sie interessieren. Das hat ja ganz viel mit Respekt zu tun, denn auch wenn es nur irgendwelche Sammelkarten und dieser olle Fußball ist: für Jimmy ist genau das gerade in seinem Leben furchtbar wichtig.

Auch die Erziehung ist intensiv, die wir Eltern anwenden. Viel schöner ist sowieso das Wort Be-ziehung. Denn mir, dir und vielen anderen Eltern ist die gute Beziehung zu den Kindern wichtiger als absoluter Gehorsam. Ich behaupte sogar, dass absoluter Gehorsam das Gegenteil von einer guten Beziehung ist. Das macht die Sache natürlich auch viel schwieriger, denn Kinder wollen oft einfach nicht gehorchen. Ich erkenne bei meinen Kindern aber immer wieder, dass es ihnen in den meisten Situationen darum geht, dass ich sie ernst nehme und ihre Meinung anerkenne. Für mein Schulkind ist es das schlimmste, wenn ich über es hinweggehe. Wenn ich Entscheidungen treffe, die es ungerecht findet und es nicht einmal sagen durfte, warum. Ich treffe oft Entscheidungen, die Jimmy und Luise doof finden, denn wenn es nach ihnen ginge, gäbe es nur Pommes mit Ketchup, stundenlang Fernsehen und Roller fahren ohne Helm. Wenn ich ihnen aber einen Gemüseeintopf vorsetze und den Fernseher sang und klanglos ausmache, „weil es jetzt genug ist!“, dann gehen die beiden an die Decke. Frage ich sie aber, welches Gemüse sie gerne essen und koche dann etwas, das sie wenigstens ein wenig mögen, dann kommen wir einigermaßen klar. Auch die Sache mit dem Fernsehen läuft nie ohne Ärger ab, aber ich erkläre ihnen den Grund für mein Verhalten und dann ist es zumindest bald ok.

Gute Beziehungen

Was ich sagen möchte: über die Jahrzehnte haben Eltern mehr und mehr gelernt, dass diese Art von Beziehung viel besser klappt. Schon meine Eltern haben uns Kindern nie etwas verboten, wir musste nicht im Zimmer verschwinden oder erhielten eine Strafe ausgeklügelter Art. Das hat sehr gut geklappt, war aber wahrscheinlich mit viel Diskussion verbunden und deshalb auch anstrengender, als die Erziehung meiner Großmutter. Bei der gabs kein Pardon!

Mir hat vor ein paar Jahren ein ganz wunderbares Buch die Augen geöffnet. Es heißt Liebe und Eigenständigkeit. Die Kunst, bedingungsloser Elternschaft, jenseits von Belohung und Bestrafung (Affiliate Link). Ich habe es hier schon einmal besprochen und finde es nach wie vor ein gewaltiges und wunderbares Werk. So sollte Erziehung für mich sein, dachte ich nach dieser Lektüre und noch heute versuche ich, diesen Leitsätzen zu folgen. Aber die Betonung liegt auf dem Wort Versuch. Denn ich bin ehrlich: mir rutschen hin und wieder echte Fiesigkeiten gegenüber meinen Kindern raus. Neulich habe ich in meiner Verzweifelung und Hilflosigkeit gemeine Dinge angedroht. „Wenn du das nicht tust, darfst du nicht zum Fußball-Turnier!“ habe ich Jimmy entgegen gebrüllt. Er war so sauer und traurig und ich habe mich geschämt. Das fühlt sich dann auch immer schlimm an, denn diese Verbote sind ein Ausdruck meiner eigenen Hilflosigkeit. Wenn ich dann hinterher mit ihm spreche, mich entschuldige und ihm mein Verhalten erkläre, dann haben wir beide etwas gelernt. Dass wir Menschen nämlich Fehler machen und das auch in Ordnung ist, wenn wir hinterher dafür einstehen.

Neulich habe ich im Radio im Zuge einer grausigen Berichterstattung über das Martyrium eines misshandelten Jungen eine gute Nachricht gehört: die Zahl der Kindesmisshandlungen nimmt seit Jahrzehnten ab. Klar, es gibt immer noch viel zu viel furchtbare Gewalt gegen Kinder, aber die Tendenz ist sinkend. Das hänge auch mit der Erziehung zusammen, die sich geändert habe, erzählte der Professor. Das bestätigt mich in meiner Art der Erziehung und ich weiß, dass der Spruch von Astrid Lindgren stimmt:

„Gebt den Kindern Liebe, mehr Liebe und noch mehr Liebe, dann stellen sich die guten Manieren ganz von selbst ein.“ (Astrid Lindgren)

Gelingt respektvolle Erziehung immer?

So finde ich, sind wir auf einem guten Weg. Ich muss aber noch ein ABER hinzufügen. Zur Zeit finde ich Erziehung auch wirklich ganz schön hart. Jimmy kann nämlich so frech sein, wie es nur ein Erstklässler sein kann. Er spricht wie das Sams, stellt jedes Wort in Frage, bringt fremde Leute aus der Fassung und benimmt sich wie ein furchtbar unerzogenes Kind. Ich sehe es in meinen guten Stunden als das normalste der Welt an. Ein kleines Schulkind fühlt sich groß wie ein Mammut und ist frech, dass es kracht. Und hier liegt der Knackpunkt. Kinder mit sehr viel Wohlwollen zu erziehen, keine Verbote auszusprechen und sie stets respektvoll zu behandeln, ist eine sehr, sehr anstrengende Aufgabe. Sie lohnt sich, denn wenn wir unseren Kindern jetzt mit Respekt begegnen, werden sie selbst im Umgang mit anderen Menschen respektvoll sein. Sie werden positiv auf ihre Mitmenschen blicken und Gutes im Herzen tragen, weil wir Gutes in ihnen gesehen haben, auch wenn sie ein kleiner, frecher Dachs waren. Aber wir sollten auch erkennen, dass Eltern sein eine große Aufgabe ist, die uns an die Grenzen bringen kann. Der Anspruch an uns Eltern ist heute hoch und nichts schmerzt so sehr wie das Gefühl, keine gute Mutter zu sein, geht dir das nicht auch so? Und daher finde ich es auch enorm, wie sehr ich mich selbst unter Druck setze. Denn auch wenn ich meinen Kindern immer mit Respekt, Wohlwollen und Ruhe entgegen treten möchte, so gelingt mir das ganz oft nicht.

Was ich dir mit meinem Text sagen will: schau hin, was du alles für deine Kinder tust. Ob du Sammelkarten tauschst, deine Kinder zum Turnen bringst, ihnen genau zuhörst oder ihre Bedürfnisse erkennst und erfüllst – es ist so unglaublich viel und es tut deinen Kindern auch unglaublich gut. Sogar wenn du deine Kinder gerade angemeckert hast und dir ausnahmsweise böse Verbote über die Lippen geflutscht sind, dann ist das überhaupt nicht schlimm, sondern ganz normal. Unsere eigenen hohen Ansprüche an uns selbst und an eine gute Mutter sind viel zu hoch. Probier mal folgendes: frag deine Kinder abends im Bett, ob sie finden, dass du eine gute Mutter bist. Was meinst du, werden sie sagen?

Ich habe Jimmy gefragt und obwohl ich gestern ganz doof zu ihm war und überhaupt nicht so, wie ich eigentlich sein will, sagte er: „Du bist eine ganz tolle Mama!“ Auf meine Frage, warum, hat er drei Dinge aufgezählt: „weil du mir Fußballkarten kaufst, mich zur Schule begleitest, wenn mein Freund krank ist und weil du so lieb bist!“ Da war ich baff und ganz gerührt.

Bleib fröhlich und unperfekt.

Deine Laura

Gewinnspiel

Ich habe die Idee, mein Kind danach zu fragen, ob ich eine gute Mutter bin, aus dem Buch „Prost, Baby!“ von Katie Kirby, Bloggerin auf dem bezaubernden Blog Hurrah for Gin. Es ist super witzig geschrieben und damit du richtig was zum Lachen bekommst, verlosen wir unter allen NewsletterabonnentInnen, die sich bis zum 20. Februar 2018 eintragen, ein Exemplar, das uns der Goldmann Verlag zur Verfügung gestellt hat. Wenn du nicht zu den Helikoptereltern gehörst und einfach mal eine Runde Trost brauchst, weil dir die Kids über den Kopf wachsen, dir vor Kindergeburtstagen graut, dann garantieren wir dir, dass du dieses Meisterwerk lieben wirst! Wir haben uns beim Lesen jedenfalls kaputt gelacht, denn Katie Kirby schreibt unglaublich lustig. Besonders gelungen fanden wir ihre Ausführungen über den „Bettzeitterror“ oder ihren Erziehungstipps, die darin bestehen, den Kindern einfach Kekse in den Mund zu schieben. Mehr zu den Teilnahmebedingungen für das Gewinnspiel findest du hier.

 

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