Neulich saß ich morgens am Frühstückstisch und blätterte durch die Zeitung. Ein Artikel erregte sofort meine Aufmerksamkeit. Zu sehen war ein Bild mit einem Papa, zwei Kinder auf dem Arm, im Hintergrund die Wäsche. „Was ist bloß mit den Vätern los? Von wegen Vereinbarkeit! Sich um die Kinder zu kümmern macht Männer unzufrieden, sagt der Soziologe Martin Schröder“, lautete der Titel (Die Zeit, 21, Juni 18, Nr. 26)
„Da siehst du es!“ rief ich Anton zu, der gemütlich seinen Kaffee schlürfte. „Die Väter haben eben auch keinen Bock auf die Hausarbeit und den Vereinbarkeitswahnsinn. Aber wir Frauen sollen das ohne Murren machen.“ Bei diesem Thema geht mir ja immer die Hutschnur hoch, denn mindestens einmal pro Tag fluche ich, über die Dreckwäsche oder meine ewig streitenden Kinder gebeugt, dass ich es bin, die einen Großteil des Haushalts übernehmen muss. (Wir haben diese Entscheidung gemeinsam getroffen) Dass Anton währenddessen gemütlich mit Kollegen plauscht und es sich in der Kantine mit Burger und Pommes gut gehen lässt, so stelle ich es mir jedenfalls in solchen Momenten vor, regt mich dann richtig auf und ich hadere mit meinem Schicksal. (Na klar, natürlich ist es nicht so. Anton hat einen Haufen Arbeit, Stress und manchmal keine Zeit, mittags essen zu gehen, ich weiß…)
Die schockierende Studie
Im Text ging es wirklich um eine wissenschaftliche Untersuchung. Der Soziologe Martin Schröder wertete Daten von fast 60.000 Personen aus dem Jahr 1984 bis 2015 aus. Gefragt wurde nach der Lebenszufriedenheit auf einer Skala Null bis Zehn. Demnach sind Männer mit Kindern am zufriedensten, wenn sie 50 (!) Stunden die Woche arbeiten. Besonders daran ist, dass nichts anderes so viel Einfluss auf ihr Lebensglück hat wie die Dauer der Arbeitszeit. Das findet sogar der Soziologe schockierend. Übrigens wurden dabei relevante Faktoren wie der Wohnort, die Art des Arbeitsplatzes und der Gesunsheitszustand der Männer mitberücksichtigt. Bei Müttern ist das anders, ihre Zufriedenheit hängt nicht von der Zahl der Arbeitsstunden ab. Spannend ist übrigens auch, dass die Zufriedenheit der Frauen mit der Arbeitszeit des Partners ebenfalls steigt, bis sie bei mehr als 50 Stunden außer Haus wieder sinkt.
Die Ergebnisse scheinen also all dem zu widersprechen, was viele moderne Familien progagieren: dass Mutter und Vater sich die Arbeit zuhause und außerhalb der Familie teilen sollten. Denn stell dir vor, selbst dann, wenn beste Bedingungen für Mann und Frau herrschen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf scheinbar optimal klappen müsste, ist dieses Muster zu erkennen, und sogar noch deutlicher als in Familien, in denen das kaum möglich ist.
Die Erklärung
Der Soziologe erklärt sich dieses Phänomen so: in Deutschland ist es bisher immer noch normal und die Regel, dass der Mann in Vollzeit arbeitet. Und wir kennen das ja alle – es lebt sich angenehmer, wenn man es so macht wie alle anderen. Jede Frau, die berufstätig ist und nicht bei den kleinen Kindern zu Hause bleibt, kennt diese (vorwurfsvollen) Fragen. Warum machst du es nicht so wie alle anderen guten Mütter und bleibst daheim? Kein Wunder, dass sich auch die meisten Väter nicht gegen das wehren möchten, was eben schon immer so war; Der Mann als Ernährer der Familie geht tagsüber zum Geld verdienen ins Büro.
Im Übrigen verweist der Soziologe darauf, dass das alles Durchschnittswerte sind und es in vielen Familien natürlich anders sein kann. Aber die Zahlen belegen nun einmal, dass sich die meisten Männer mit der Reduzierung der Arbeitszeit schwer tun. Das kann ich als Feministin natürlich ätzend finden, aber Unzufriedenheit ist nun einmal ein Fakt, der nicht wegzudiskutieren ist.
Das ist unfair!
Auch Journalist Christoph Gurk meldete sich im Newsletter des SZ Familienmagazins zu der Studie. Er ist gerade nach einem Monat Elternzeit ins Arbeitsleben zurückgekehrt und noch ganz bezaubert vom Babyglück. Dann gibt er aber zu:
„Es ist schön, wieder im Büro zu sein. Ich mag meine Arbeit und meine Kollegen. Und die Wochenbett-Höhle ist ja auch oft eine Wochenbett-Hölle. Der Schlafmangel, das weinende Baby, die fordernde Vier-Jährige: Da ist es im Büro viel entspannter.“
Ich verstehe Journalist Gurk zu gut. Ich jedenfalls hätte mir wirklich an vielen Tagen mit einem kleinen Kind gewünscht, ins Büro fahren zu dürfen. Ich hätte jedes stressige Projekt gegen ein brüllendes Baby getauscht und auch heute noch würde ich keine Sekunde zögern, wenn mich jemand fragt: Wäsche oder Meeting? Aber als Frau spüre ich, dass ich in dieser Hinsicht benachteiligt bin. Weil mich mein Arbeitgeber nach der Schwangerschaft nicht mehr wollte, hätte ich gar nicht ins Büro gehen können. Frauen, die Kinder kriegen, sind oft raus aus dem Job, die Erfahrung haben viele andere Mütter gemacht.
Was macht uns zufrieden?
Was trägt denn überhaupt dazu bei, dass wir zufrieden sind? Ich denke, da ist in erster Linie das Gefühl, selbstwirksam zu sein. Dass das, was wir tun, einen Sinn und einen Nutzen hat. Wir möchten in unserem Leben dazu beitragen, dass es uns und unserer Familie gut geht, dass wir ein Teil einer Gemeinschaft sind und etwas bewirken können, wenn Probleme auftauchen. Schlimm ist das Gefühl, nichts ändern zu können. Hier kommt der Punkt: ich selber habe manchmal das Gefühl, als Frau an meiner Situation nichts ändern zu können. Daher hadere ich auch so oft mit meiner Rolle als Mutter, die den Großteil der Hausarbeit stemmt. Wer kennt nicht das Gefühl, den ganzen Tag für die Kinder hin und her gerannt zu sein, sich Wäsche und Kochtopf gewidmet zu haben und doch am Ende des Tages zu dem Ergebnis zu kommen: „Ich habe nichts geschafft!“ Klar, das ist nicht der Fall. Kinder zu versorgen, sie in den Arm zu nehmen, wenn sie weinen, auf sie aufzupassen und nebenher zu schauen, dass die Bude nicht völlig in Chaos versinkt, das ist eine große und wichtige Aufgabe. Aber es fühlt sich nicht immer so an. Dagegen fühlt es sich schon ziemlich gut an, wenn am Ende des Monats ein Gehalt überwiesen wird, mit dem die Rechnungen bezahlt werden können. Ich verstehe die Männer ja, sogar sehr gut.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber mich macht das alles sauer. Es sind nicht die Männer, denen meine Wut gilt, es sind vielmehr die beruflichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten. Wenn du länger hier liest, kennst du meine Meinung zu diesem Thema. Frauen und Männer sollten die Wahl haben. Eine Frau, die sich freiwillig entscheidet, bei den Kindern zu bleiben und ihren Beruf aufgibt, die soll das auch tun dürfen. Genauso sollten aber auch Frauen arbeiten gehen können, wenn die das möchten. Das Mindestmaß von allem ist, dass sich Eltern gleichberechtigt für ihren eigenen Weg entscheiden, der für BEIDE passt.
Wie gehts weiter?
Ich bin optimistisch, dass sich die Verhältnisse für Luise, Jimmy und Oskar ändern werden. Wenn meine Kinder groß sind, werden immer mehr Männer länger zuhause bei den Kindern bleiben und sich mit ihren Partnerinnen Erziehung und Haushalt teilen. Wenn dieses Bild von einem Vater zur Normalität wird, werden die Männer auch zufriedener sein, da bin ich mir sicher. Insofern ist für mich die Schlussfolgerung aus dieser Studie, dass wir Eltern weiter für die Vereinbarkeit kämpfen müssen, denn ich sehe es wie der Soziologe: „Es wäre nach diesen Ergebnissen sinnvoller, den Menschen Wahlmöglichkeiten zu eröffnen, auch die Chance, länger zuhause zu bleiben. Dann würde sich vielleicht auch das traditionelle Rollenbild ändern – und damit das Empfinden dessen, was uns glücklich macht.“
Lust auf Diskussion?
Und nun interessiert mich, ob es hier auch Väter unter den Lesern gibt, die zu diesem Thema etwas zu sagen haben. Versteht ihr die Ergebnisse der Studie, weil es euch ebenso geht? Fühlt ihr den Druck, wie alle Männer zu sein und so viel wie möglich arbeiten zu gehen? Oder ist es bei euch im Bekanntenkreis schon normal, sich Haushalt und Betreuung zu teilen? Ihr dürft auch ruhig sagen, wenn ihr sehr gerne ins Büro geht. Es soll keiner für sein Empfinden verurteilt werden!
In meiner Umfrage unter Eltern, die sich Job und Kinderbetreuung teilen, haben sich viele Männer gemeldet. Aber das waren immer Väter, die sich bewusst für die Kinder und gegen einen 100%-Job (gegen einen Teil des Geldes oder oft auch gegen Aufstiegschancen) entschieden haben und damit in ihrem Kollegenkreis ziemlich alleine dastanden. Wie siehst du das alles und was würdest du dir für dich und deine Familie wünschen?
Ich freue mich, wenn hier respektvoll und kräftig diskutiert wird. Vielleicht haben ja Elternblogger und -bloggerinnen Lust, das Thema aufzugreifen und ihre Texte hier zu verlinken? Besonders die Väterblogger möchte ich aufrufen, denn deren Meinung würde mich sehr interessieren! Falk vom wunderbaren Blog Papa macht Sachen ist schon mal dabei und wird demnächst einen Text veröffentlichen. Ich bin gespannt, was er zu der Studie sagt…
Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura
Völlig out of topic, ich weiß, aber nach so viel ernster Kost muss man sich das Leben wieder etwas versüßen. Bist du zufällig auch auf Instagram unterwegs? Dann freue ich mich, wenn du auf meinem Kanal vorbei schaust! Da gibst zum Beispiel Rezepte für kleine Lecker-Schmecker-Sachen wie ein ratzifatzi Marshmallow-Nachtisch, Yummy!