Gastbeitrag von Nadine Dietl-Augst von Family Travel Journal
“Mama, wo sind meine Stifte?” – “Schatz, kannst Du mir mal die Reisepässe geben?” – “Ich habe Hunger, was haben wir zum Essen dabei?”
So oder ähnlich klingt es oft in Dauerschleife, wenn wir wieder mal einer längeren oder kürzeren Reise sind. Mama weiß alles. Das macht mich manchmal schon vor Reisebeginn so unendlich müde, habe ich doch schließlich bereits tagelang über Packlisten und die richtige Anzahl von Unterhosen sinniert. Ganz nebenbei habe ich dann auch noch die komplette Reiseplanung im Vorfeld übernommen; ich plane nämlich für mein Leben gerne. “Reiseleiterin” ist mein Spitzname im Familien- und Freundeskreis, denn ich organisiere jeden noch so kurzen Urlaub akribisch durch, seit ich denken kann.
Flüge, Transfers, Unterkünfte, Aktivitäten, beste Restaurants und sportliche Betätigung: Wer mit mir reist, reist sorgenfrei, denn alles ist bereits gebucht. Die Reisebegleiter bekommen eine Woche vorher ein Programmheft mit allen Informationen ausgehändigt, damit sie wissen, was auf sie zukommt. Stöhnen ob der Fülle an Aktivitäten inklusive.
So viel Spaß mir Reiseplanung macht, so ermüdend finde ich sie, seit ich mit Mann und Kind unterwegs bin. Denn auf einmal denke ich nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen mit. Während mein Koffer schnell gepackt ist (kleiner Tipp: auf Reisen bewährte Garderobe einfach jedes Mal wieder genau so mitnehmen), packe ich gleich auch noch mindestens den Rucksack für den Sohnemann. Ich denke an Trinkflaschen, Kopfhörer, Steckdosenadapter, Reiseapotheke, Kuscheltier und lade noch fix Hörbücher und eBooks auf Tablets und Laptops.
Wer so viel vorab leistet, darf sich dann spätestens bei Reiseantritt gemütlich in den Sitz fallen lassen und zurücklehnen; so zumindest meine irrige Annahme, bevor ich Mutter wurde. Hatte ich, wenn ich mit Erwachsenen unterwegs bin, immer ganz klar meinen Anteil zur Reise beigetragen, indem ich die Organisation übernommen habe, konnte ich mich währenddessen darauf berufen und die anderen machen lassen.
Mit Kind geht das nicht mehr, denn Urlaub mit Kind(ern) hat wenig mit Entspannung und viel mit ganz normalem Alltag – nur eben in anderer Umgebung – zu tun. Nach ein paar Jahren (und vielen Reisen) voller Frustration darüber bin ich der Sache auf den Grund gegangen, nachdem das Thema “Mental Load” mehr und mehr in meine Wahrnehmung gerückt ist.
Mental Load hört im Urlaub ja nicht auf. Auch hier setzt sich die Care-Arbeit, die vornehmlich von Müttern übernommen wird, ganz selbstverständlich fort. Wer schält den Apfel, wer denkt daran, im Supermarkt noch Snacks für die bevorstehende fünfstündige Zugfahrt einzukaufen, wer hängt die Badehose zum Trocknen raus und wäscht schnell die Unterwäsche von Hand im Waschbecken aus? Meistens Mama. Nicht, weil Papa sich zu fein dafür wäre, sondern weil er schlichtweg nicht den Blick dafür hat. Zu lange wurde den Vätern die Verantwortung dafür abgenommen. Sie wuchten zwar die Koffer auf das Gepäckhand oder marschieren zur Rezeption zum Einchecken, die eigentliche Alltagsarbeit bleibt meistens da liegen, wo sie auch zuhause liegt: in Frauenhand.
Aber dieses Mal, bei unserer sechs Monate langen Auszeit, sollte alles anders werden. Schließlich haben wir uns gemeinsam für die Familienpause entschieden, bevor unser Sohn eingeschult wird. Eine Weltreise wollten wir antreten, und zwar eine möglichst “gleichberechtigte”, bei der jeder von uns auf seine Kosten kommt. Also haben mein Mann und ich die Karten auf den Tisch gelegt: Jeder soll für alles verantwortlich sein, jeder soll sich Auszeiten nehmen können, und jeder soll über die gleichen Informationen für den reibungslosen Tagesablauf verfügen.
Und siehe da: Es hat geklappt, durch neun Länder hindurch, über fast 11.000 Kilometer hinweg. Nicht ohne den einen oder anderen Streit, aber zumindest mit verteilter Last der Care-Arbeit.
Ein paar Travelhacks für einen entspannten Urlaub findet Ihr hier:
1. Gemeinsam packen
Die ganze Fragerei, wo nun was zu finden ist, kann ziemlich zermürbend sein. Die Lösung: gemeinsam packen. Jeder legt erst einmal alles, was seiner Meinung nach mit ins Gepäck muss, bereit. Sehr hilfreich sind dafür bereits bestehende Packlisten, die man dann “nur” noch abarbeitet und ggf. ergänzt.
Anschließend packen alle Reisenden gemeinsam (!) die Rucksäcke oder Koffer. Jeder weiß, in welcher Tasche drin ist. Bei uns haben sich außerdem verschiedenfarbige Packbeutel bewährt. So sieht jeder auf den ersten Blick, wo seine T-Shirts oder Socken sind.
Peter, Founder Family Travel Journal:
Gemeinsam ist natürlich toll, aber wir machen auch gute Erfahrung mit der klaren Aufteilung von Aufgaben. Das kann auch entlasten und man teilt es sich ja ach nur eben anders.
Bei uns ist z.B. Claudia immer für Kleidung und Kosmetik etc. zuständig beim Packen. Ich für die „wichtigen“ Dinge (Pässe, Geld, Unterlagen, Medikamente, Elektrokrams etc.). So packen wir auch immer im Hotel wieder zusammen. Erst Claudia „ihren“ Bereich und danach ich meinen Teil. Man könnte also sagen: Auch Verantwortung einzuteilen kann helfen.
2. Liste
Eine einfache Tabelle, abgelegt in einer immer und überall verfügbaren Cloud, ist für uns das wichtigste Werkzeug bei der Reiseplanung. Diese übersichtliche Liste wird mit Reisedaten, Städten/Aufenthaltsorte, Unterkünften, Aktivitäten und Transportmöglichkeiten befüllt und bei Bedarf geändert. Sie kann mit den verschiedenen Reisebegleitern geteilt werden, so sieht jeder stets das Programm vor Ort und was ggf. noch organisiert werden muss.
3. Essen selber machen
Um schlechte Laune durch Unterzucker zu vermeiden, kaufen wir auf Reisen immer viel Obst und Gemüse frisch an Marktständen. Dabei gilt: Peel it, boil it, cook it – or forget it. Unverzichtbar deshalb: Taschenmesser, Sparschäler, faltbarer Teller, der als Schneidebrett fungiert, Dosen und waschbare Snackbags für die Reste vom Restaurantbesuch.
Damit spart man außerdem unnötige Plastikverpackungen und trägt zur Müllvermeidung bei.
4. Kinderbeschäftigung vorab planen
Um mit möglichst wenig Gepäck Kinder die Reise über bei Laune zu halten, haben
sich bei uns bewährt: Mäppchen mit Stiften und Bastelzeug, dazu ein Block und
eventuell Activity Books. Außerdem ein paar familientaugliche Spiele im
Reiseformat und eine selbst gebastelte Lego-Kiste. Bücher (zum Lesen, Hören oder Vorlesen) kommen digital ins Gepäck.
5. Auszeiten planen
Wer reist, verbringt 24 Stunden am Tag mit der Familie. Je länger man unterwegs ist, desto eher droht der Familienkoller. Für uns ist es deshalb wichtig, Auszeiten für die einzelnen Reisenden zu planen. Denn Urlaub bedeutet nicht, dass man jede freie Minute miteinander verbringen muss, das führt nur zu faulen Kompromissen und Knatsch.
Mama möchte gerne zum Tauchen, der Junior lieber weiter am Strand spielen? Kein Problem, dann fahre ich alleine mit der Tauchschule raus und genieße den kindfreien Tag, während Papa Sandburgen baut.
Am nächsten Tag darf der dafür mit Roller über die Insel düsen, während ich mit dem Sohnemann im Pool plantsche. Und am Abend haben wir uns richtig was zu erzählen.
Peter, Founder Family Travel Journal:
Es steckt eigentlich schon fast mit drin, aber wir unterteilen immer in Reisetage (An-, Weiter- und Abreise), Kindertage (Strand, Pool, Spielplatz, Spielen) und Erwachsentag oder Kultur- und Actiontag (Wandern, Sighseeing, etc.). Das können natürlich auch halbe Tage sein. Aber wir versuchen immer mit Blick auf die Stimmung der Kids hier feinzujustieren. Damit die Stimmung bei allen gut ist. Soll heißen: Wir machen alles gemeinsam, aber besprechen, in welchem Verhältnis was für wen dabei ist.
6. Spontan sein
Eigentlich wollten wir eine Wanderung machen, doch das Kind spielt gerade mit den Kindern der Pensions-Chefin? Kein Problem, dann hole ich mir ein Buch und mache es mir gemütlich. Solange das Kind zufrieden ist, bin ich es auch. Und die Wanderung können wir notfalls auch noch am Nachmittag oder am nächsten Tag machen.
Gerade bei Langzeitreisen muss man flexibel bleiben, nicht alles lässt sich akribisch monatelang im Voraus planen. Und – siehe Punkt 5 – jeder sollte je nach Tagesform und -laune auf seine Kosten kommen!
Peter, Founder Family Travel Journal:
Und Druck rausnehmen. Man kann nicht alles sehen und nicht alle immer glücklich machen.
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