Kinder, Küche, Kalender
Kennst du das Gefühl? Du hast den Kopf so voll, dass du ihn am liebsten ablegen und davon rennen möchtest? Vor allem Mütter haben mit dem Thema Mental Load zu kämpfen, das erlebe ich in meinem eigenen Alltag und in der Müttersprechstunde auf Instagram. Was genau ist noch mal unter Mental Load zu verstehen?
Im Grunde sagt der Begriff nichts anderes als dass es neben den sichtbaren Aufgaben im Alltagsleben sehr, sehr viele unsichtbare Aufgaben gibt, die nie explizit genannt werden, dennoch alle so nebenher identifiziert, bedacht, geplant und dann erledigt werden.
So erklärt es Patricia Cammarata auf ihrem Blog und bei ihr habe ich auch das erste Mal von diesem Begriff erfahren. Es beschreibt genau das, was ich immer an der Backe habe. Ich kümmere mich um Schul- und Kindergartenangelegenheiten, mache Arzttermine, besorge neue Kleidung, wechsle zu kleine Schuhe aus und kaufe Windeln. Ich denke daran, dass donnerstags Spielzeugtag im Kindergarten ist, ich recherchiere nach gebrauchten und hochwertigen Gummistiefeln, ich habe die Geburtstage der Familienmitglieder im Kopf und weiß, dass wir Blumen besorgen müssen, wenn wir die Schwiegereltern besuchen.
Die Sache mit der Dusche
Wieso organisieren eigentlich meist die Mütter den Kram? Ich denke, dass hat zwei Gründe. Erstens: Generell fällt es Frauen etwas leichter, viele Bälle in der Luft zu halten. Männer denken eher in Schubladen. Wenn ich ins Bad will zum Duschen, dann leere ich erst einmal den Müll, der nämlich voll ist, nehme von unten schnell Toilettenpapier mit, weil das alle war. Schmeiße noch eine Buntwäsche an und tippe eine Nachricht ins Handy, weil eine Mutter wissen möchte, was sich die Tochter zum Kindergeburtstag wünscht. Dann gehe ich duschen.
Wenn Anton ins Bad will zum Duschen, geht er ins Bad zum Duschen.
Der Vorteil ist, dass durch meine Art ins Bad zum Duschen zu gehen viel erledigt wird. Keiner sitzt auf der Toilette und ärgert sich über fehlendes Papier, die Wäscheberge werden kleiner, die Freundinnen-Mutter weiß, was sie schenken soll. Der Nachteil ist, dass ich nicht nur so zum Duschen gehe, sondern auch überall sonst hin. Und dass mein Hirn zwar an alles denkt, aber leider auch schnell müde ist. Antons Hirn ist nicht so müde, denn es widmet sich immer einer Sache nach der anderen und macht eine Schublade zu und die nächste auf. Bei mir sind alle Schubladen gleichzeitig offen und dann kippe ich wie unsere Ikea-Malm-Kommode einfach um. Rumms, Zusammenbruch.
Mama macht das schon
Zweitens ist der ganze Orga-Kram eine Übungssache. Als Studentin habe ich schon einmal einen Termin vergessen, hatte kein Ordnungssystem für meine Unterlagen und lebte in den Tag hinein. Als Mutter von Dreien würde ich so ziemlich schnell untergehen. Bei uns lief es so wie in ganz vielen Familien. Ich wurde schwanger und blieb ein Jahr zuhause. In dem Jahr kümmerte ich mich um Babykleider und um U-Termine. Weil ich „nur“ halbtags wieder in den Job startete, war klar, dass ich nachmittags weiter Orga-Kram für die Familie mache. Ich wurde besser und besser, dachte mir ausgeklügeltes Handwerkszeug aus, schaute Youtube-Videos, wie man einen Familienkalender führt. Dann kam das zweite Kind, dann das dritte. Ich war so fest drin in Kindergeburtstagsplanung, Kuchen für den Kindergarten backen und Impftermine organisieren, dass es gut klappte. Aber mein Hirn klappte nicht mehr und immer wieder saß ich heulend in der Küche.
Erst nach einigen Jahren wurde mir bewusst, wieso das so ist und dass es nicht nur die Erledigungen sind, die Arbeit bedeuten, sondern auch das Daran-Denken. Durch Texte und Podcasts im Netz wurde ich aufmerksam darauf, dass nicht ich das Problem bin, sondern dass das Problem einen Namen hat und der Grund dafür die Bedingungen sind, mit denen wir Mütter leben.
Fürsorge ohne Wertschätzung
Care-Arbeit und Organisation einer Familie wird nicht richtig gewertschätzt, bezahlt schon gar nicht. Und es ist noch schlimmer, denn wer diesen Full-Time-Job übernimmt und nicht zusätzlich vorsorgt, steht im Notfall ganz schön blöd da. Es gibt kaum Rentenpunkte und kein doppeltes Netz, wenn dem Partner etwas passiert oder sich ein Elternpaar trennt.
Ich höre darüber hinaus von vielen Frauen in der Müttersprechstunde, dass sie zwar alle Händer voll zu tun haben, diese Care- und Orga-Arbeit aber nicht als solche gesehen wird. Null Wertschätzung, Null Kohle, Null Pause, dass sich da viel Frust und Wut anhäuft, ist klar.
Was tun wir dagegen?
Als allererstes reden wir darüber und zeigen auf, wie viel Organisation eine Familie bedeutet. Patricia Cammarata ist da ganz vorne dabei, schau unbedingt mal auf ihrem Blog nach. Auch dieser Text bei Frau Mutter ist toll und hier gibts noch ordentlich was zu lachen.
Dass es Eltern und Kindern gut geht, dass alle gesund sind und bleiben, dass Essen auf dem Tisch steht und Klopapier im Bad hängt, das ist eine Menge Arbeit. Zuhause mit den Kindern zu sein bedeutet nicht Kaffee trinken und rumhängen und es besteht auch nicht zum größten Teil aus Türme bauen und miteinander Spaß haben. Es besteht aus einem ewigen Hin und Her, aus Streit schlichten und Wäsche waschen. Dort heult einer, da braucht einer Trost. Da will einer auf den Spielplatz, aber der andere möchte drinnen bleiben. Nebenher klingelt der Paketbote, ruft die Bekannte an und immer fällt irgendwo einer hin oder ein Glas um.
Wir reden drüber und tauschen uns aus. Das machen wir in der Müttersprechstunde. (Du möchtst dabei sein? Dann bitte hier entlang.) Dort habe ich außerdem verschiedene Organisationstools vorgestellt, die sich für mich bewährt haben. Demnächst gibts eine Podcast-Folge, denn ich habe das Gespräch aufgezeichnet. Außerdem stelle ich hier auf dem Blog künftig meine besten Orga-Tools vor, sodass du dir ein paar für euer Zuhause abschauen kannst. Als dritten Schritt musst du selbst tätig werden. Mach deine Arbeit sichtbar, zeige sie deinem Partner oder deiner Familie und sprich an, dass du das nicht länger alleine machen willst und kannst. Binde alle mit ein in die Organisation, denn wenn du gutes Handwerkszeug wie synchonisierte Kalender und ein Kanban-Board hast, kann sich keiner mehr mit der Ausrede drücken, dass er nicht weiß, was zu tun ist. (Was das ist erkläre ich dir beim nächsten Mal.)
Familien-Organisation gemeinsam machen
Eltern sind beide verantwortlich für all den Kram. Auch wenn einer von beiden länger oder ausschließlich berufstätig ist, entbindet ihn oder sie das nicht davon. Arzttermine machen, sich mal frei nehmen und mit dem Kind zum Impfen gehen, Ideen für den Kindergeburtstag auf einem Pinterest-Board sammeln oder auf dem Heimweg vom Büro noch Windeln besorgen, das geht auch mit Fulltime-Job.
Leider gibt es für Eltern selten den echten, richtigen Feierabend. Man muss ihn sich erkämpfen, die wenige Zeit gerecht aufteilen und im besten Fall gemeinsam genießen. Nicht alle Eltern möchten Arbeit und Kinderbetreuung gerecht untereinander aufteilen wie wir das hier tun. Schließlich ist das auch den Vätern und Müttern selbst überlassen. Aber dieser ganze Orga-Kram sollte niemals nur an einem hängen, wenn man schon zu zweit ist. Wertschätzung dafür ist sowieso das Allerwichtigste und wer diese dem Partner und der Partnerin vorenthält, schürt eine Menge Streit und Unfrieden.
Ich selber habe etwas gelernt aus unseren beiden Wegen, zur Dusche zu gehen. Manches lasse ich links liegen, die Whatsapp-Nachricht beantworte ich später, die Wäsche kann warten. Das Duschgel nehme ich mit und bitte Anton, das Klopapier aufzufüllen. Oder ich bastel mal was Lustiges.
Wir können voneinander lernen. Den Vätern, die sich bisher rausgehalten haben, können wir Familienorganisation beibringen und müssen unbedingt akzeptieren, dass sie das ein oder andere eben auf unterschiedliche Weise tun. Anton faltet T-Shirts anders als ich und ich schäme mich dafür, dass ich ihn deswegen mal angemault habe. Und wir können lernen, eine Schublade erst zuzumachen und dann die nächste zu öffnen. Oder einfach mal duschen zu gehen. Ohne Umwege.
Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura
Fall du keine Podcast-Folge verpassen möchtest, kannst du Lauras Müttersprechstunde über Itunes oder auch über die Podcast-App auf deinem Handy abonnieren. Dort geht der Beitrag über die Orga-Tools bald online.
Übrigens möchte ich mit meinem #Mutterlauf aufmerksam machen auf all den Stress, den viele Mütter haben. Gleichzeitig sammele ich bei meiner Aktion Geld für Kinder, die es dringend brauchen. In einem Kinderdorf auf den Philippinen müssen dringend zwei Lehrer angestellt werden, sonst muss die Grundschule schließen. Klar, dass das fatal für die Kinder wäre, denn Bildung bedeutet auch, der Armut zu entfliehen. Alle Infos findest du hier und jeder Euro tut gut. Selbstverständlich kannst auch du zur Glücksläuferin oder zum Glücksläufer werden.