Warum wir Eltern eine Revolution der Arbeitswelt brauchen

Wie schaffen wir es nur, Kinder zu bekommen, gut für sie zu sorgen und gleichzeitig arbeiten zu gehen und Geld zu verdienen? Das ist wohl eine der großen Fragen, die wir uns als Eltern immer wieder stellen. Es gibt viele Möglichkeiten, sie alle haben einen Haken. Leider ist es meist ein Haken für die Frau und das muss sich ändern! Denn wenn wir wirklich gleichberechtigt leben wollen, müssen wir genau hier ansetzen: in der Arbeitswelt.

Einer geht arbeiten, eine bleibt zuhause

Lange Jahre hat die traditionelle Rollenaufteilung super funktioniert, denn seien wir mal ehrlich, am einfachsten ist es, wenn einer der Eltern arbeiten geht und sich der andere um die Kinder kümmert. Jeder hat seine zugewiesenen Aufgaben, die Terminplanung ist äußerst einfach und es sind keine hundertfachen Absprachen nötig. Auch meine Eltern haben es genauso gemacht und die Eltern aller meiner Freundinnen ebenfalls. Das war für den Süden Deutschlands und den Großteil der alten Bundesländer völlig normal.

Der Haken daran: der Elternteil, der die Care-Arbeit macht und nicht berufstätig ist, hat zwar ebenfalls ne Menge Arbeit an der Backe, aber sorgt nicht für die Rente vor. Die paar Rentenpunkte für die Erziehungszeit kann man, oder besser gesagt frau, vergessen. Das Problem ist eben, dass vor allem Frauen die Care-Arbeit machen. Noch heute entscheiden sich einige Eltern langfristig für dieses Modell, auch wenn es längst nicht mehr die Norm ist. Aber es ist eben nur dann gerecht, wenn beide Elternteile damit einverstanden sind und für den, der die Care-Arbeit macht, finanziell vorgesorgt wird. Ein gewisses Risiko besteht jedoch immer, wenn ein Erwachsener so komplett aus dem Job aussteigt.

Zwei Mal Vollzeit, bittesehr

Möglich ist auch, dass beide Eltern Vollzeit arbeiten und die Kinder betreuuen lassen. Leider sind entsprechende Betreuungsplätze rar, ErzieherInnen schlecht bezahlt und es fehlen die Fachkräfte. Wer Glück hat und für die Kinder gute Betreuungsplätze findet, hat immer noch eine Menge Stress: Kinder werden krank, Kitas haben Schließtage und Einkäufe und Haushaltstätigkeiten müssen ebenfalls erledigt werden. Die wenigsten Eltern können das Geld dafür aufbringen, alle Aufgaben auszulagern und haben aus diesem Grund enorm viel Arbeit zu leisten – im Job und zuhause.

Teilzeit, Haushalt, Orga-Kram und Kinder in einem

Da wäre es doch viel besser, einer von beiden arbeitet nur reduziert, oder? Naja, ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass auch das ziemlich anstrengend ist. Denn als Mutter in Teilzeit, und das ist vermutlich das vorherrschende Modell in unserem Land, geht das Ganze auf meine Kosten. Ich arbeite vormittags wie eine Verrückte, um all meine Aufgaben zu schaffen. Dann hetze ich ohne Pause, um die Kinder abzuholen, koche, mache nachmittags die Wäsche und fahre dann den einen zum Fußball, die andere zum Reiten. Weil ich ja nachmittags zuhause bin, habe ich also das ganze Programm am Hals und den Halbtagsjob on top, der mir immer noch eine ordentliche Portion Renteneinbuße beschert.

Die Lösung: die 30-Stunden-Woche

Was also könnte eine Lösung für Familien sein? Überall werden jetzt Forderungen nach einer Revolution der Arbeitswelt laut. Richtig spitze fand ich den Text in der Brigitte, Ausgabe 10/2019. Da fordert Kristina Maroldt, Teilzeit zum neuen Standardmodell zu machen. 30 Stunden für alle, für Väter, Mütter und Kinderlose gleichermaßen. Längst wurde erwiesen, dass wir in 40 Stunden Arbeitszeit gar nicht so viel mehr schaffen als in 30. Eine Studie der Universität Melbourne zum Beispiel hat gezeigt, dass unsere kognitiven Fähigkeiten nach mehr als 25 Stunden Arbeit pro Woche nachlassen. Die Studienergebnisse fasst Angelika Unger in einem Online Beitrag im Wirtschaftsmagazin Impulse so zusammen:

Wir haben weniger gute Ideen, sind unaufmerksam, lernen schlechter, können uns Neues schlechter merken und sind weniger in der Lage zu argumentieren.

So fordert auch Kristina Maroldt, die Teilzeit mit 30 Stunden Arbeitsumfang zur neuen Vollzeit zu machen. „Wenn wir die 40 Stunden-Woche als Speerspitze der Emanzipation feiern, betrügen wir uns (…) selbst“, findet sie. Denn unser Leben mit großem Kraftaufwand an die Arbeitswelt anzupassen, so wie wir es derzeit versuchen, sei viel weniger zielführend, als unsere Energie dafür zu verwenden, die Arbeitswelt zu verändern! Ich finde ihre Forderung richtig, auch wenn es dafür sicher noch ganz viel Kraft und Einsatz braucht, hoffe aber, dass unsere Kinder einmal von unserem Einsatz profitieren werden. Hier sind einige weitere Texte, die dieses Teilzeit-Modell für alle befürworten:

Zeitnot treibt Familien in den Wahnsinn

Julia Schaaf plädierte im Januar in der FAZ für Teilzeit für Eltern: „Frauen, lasst die Vollzeit! Und Männer: Ihr auch!

Frauen sollten sich stärker hinter ihre Karriere klemmen, wird oft gefordert. Unsere Autorin findet: Das ist der falsche Weg. Zeitnot treibt Familien in den Wahnsinn. Ein Kulturwandel muss her.

Zwei teilen sich einen Job

Jana und Anna sind CEO der Plattform Tandemploy gegründet, die ArbeitgeberInnen mit BewerberInnen zusammenbringt, die sich gemeinsam auf einen Job bewerben. „Sie treibt der Anspruch an, das Arbeiten endlich wirklich flexibler werden muss. Und dieser Antrieb wurde noch stärker, als Jana Mutter eines Sohnes geworden ist“, schreibt Aline Spantig auf Edition F über Jana Tepe und Anna Kaiser.

Geteilte Arbeit ist doppelte Freud

Auf Zeit online schreibt Ines Schipperges über ihr eigenes Modell. „Teilzeit ist nicht nur für Frauen da“, heißt die Überschrift. Sie und ihr Partner arbeiten beide reduziert und sie findet das die perfekte Lösung für Eltern, wenn diese nicht aus wirschaftlichen Gründen auf zwei Vollzeit-Gehälter angewiesen sind:

Wir haben zusammen eine Wochenarbeitszeit von 60 bis 70 Stunden, was viele Er-100-Prozent-sie-50-Prozent-Paare auch erreichen. Aber wir kennen die Bedürfnisse unseres Sohnes beide gleich gut, erleben beide kleine Karriererückschritte, aber keinen großen Karrierezusammenbruch. Wir wissen beide, wie es ist, sich nach einem stressigen Arbeitstag ums Kind zu kümmern, haben aber auch beide den Luxus, sich an manchen Tagen auf eins konzentrieren zu dürfen: auf die Arbeit oder aufs Kind.

Wir sind keine Maschinen

Zuletzt möchte ich Teresa Bückers umfassenden Artikel „Frauen entscheiden sich nicht für Altersarmut, unsere Gesellschaft entscheidet für sie“empfehlen:

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