Wir brauchen noch Mütter, die die Kinder beim Wandertag begleiten * bitte an 10 Euro Getränkegeld denken * wer kann beim Martinimarkt am Stand aushelfen und einen Kuchen backen? * bitte leere Klopapierrollen in den Kindergarten mitbringen * bis Ende des Monats brauchen wir zwei aktuelle Fotos Ihres Kindes * wer sammelt Geld für die ErzieherInnen? * bitte Wechselklamotten überprüfen * am 27.11. um 7:30 Uhr ist Eltern-Sprechstunde * das Kindergarten-Klohäuschen wird neu gebaut und wir suchen fleißige Helfer für das Wochenende
Das Kümmern teilen
Das sind die To-Dos für drei Kinder in einer Woche. Anton und ich bekommen sie per WhatsApp, Brief oder Mail und alle einzelnen Punkte ziehen viel Arbeit nach sich. Wir müssen zum Beispiel Fotos aussuchen und sie in der Drogerie nachmachen lassen. Oder uns einen Tag frei nehmen, um die Kinder beim Wandertag zu begleiten. Dann muss sich einer von uns darum kümmern, dass wir Klopapierrollen sammeln, statt sie wegzuschmeißen. Keine große Sache, aber es muss sich einer verantwortlich fühlen und daran denken. Gegen Ende des Jahres wird wieder Geld eingesammelt, um tüchtigen Erzieher*innen und Lehrer*innen Danke zu sagen. Das leuchtet mir ein, denn sie alle machen einen anstrengenden Job und werden nicht angemessen bezahlt (auch nicht die Grundschullehrer*innen).
Damit einer von uns die Elternsprechstunde in der Schule wahrnehmen kann, sollten wir morgens die Kinder früh wegorganisieren, zum Beispiel zur Nachbarin bringen. Dann gehts für einen von uns zur Schule, Termin wahrnehmen, zurück zur Arbeit und die fehlende Zeit irgendwie aufholen. Das ist ganz schön viel Aufwand, was da so auf Eltern zukommt. Bei uns in Deutschland sind viele Schulen und Kindergärten auf die Mitarbeit angewiesen. In Frankreich soll das anders sein, auch in den skandinavischen Ländern. Da backt keine Mutter abends noch Kuchen für die Weihnachtsfeier, da wird das in der Schulkantine erledigt. Natürlich ist dieses Modell dann anders finanziert. Ich vermute mal, dass der Staat mehr Geld für Kinderbetreuung ausgibt, für die Qualität und für den Lohn der Menschen, die dort für die Kinder da sind.
Mama wirds schon richten
Zurück zum Thema: mit drei Kindern haben Anton und ich ziemlich viel zu tun. Bis vor kurzem habe ich das fast alles alleine gemacht, denn ich habe mich dafür verantwortlich gefühlt. Bei uns sind es immer die Mütter, die sich für Schule und Kindergarten engagieren. Bei Freunden in der Großstadt und bei einer Blogger-Kollegin im Osten Deutschlands ist das anders. Hier im Schwäbischen werden die Mütter im Elternbrief sogar direkt angesprochen: „Wir brauchen noch Mütter für den Kuchenverkauf.“
Aber auch Caroline Rosales erzählte neulich von den „Mutti-Heften“, in denen Lehrer*innen in Berlin Wichtiges aus dem Unterricht mitteilten. Wir Frauen fühlen uns eben auch deshalb verantwortlich, weil das von uns erwartet wird. „Wo ist denn die Mama?“ heißt es im Kindergarten, wenn wochenlang der Vater das Kind abholt. „Kann es sich gut von der Mama trennen?“, wurde ein mir bekannter Vater beim Kinderarzt gefragt. Ein Kind gehört zur Mutter, kaum eine These haben wir so verinnerlicht wie diese. Dabei kann der Vater das alles mindestens genauso gut. Von wegen Mutterinstinkt: in Susanne Miraus Buch „Mutter.Sein“ habe ich gelernt, dass wir als Mensch dazu im Stande sind, uns um die Kinder zu kümmern. Das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Hormone werden übrigens auch von Vätern ausgeschüttet, wenn die Partnerin schwanger ist. Und ich schwöre Stein und Bein, dass alle meine Kinder die ersten Jahre nur zu ihrem Papa wollten, weil der viel fürsorglicher ist als ich.
Der Kopf läuft über
Was ist denn jetzt schlimm daran, wenn sich die Mama kümmert? Nichts, wenn sie es gerne und freiwillig tut. Das ist aber eben nicht immer der Fall. Ich tue es manchmal gerne, aber nicht immer. Diese Organisationsdinge sind wichtig und ich möchte Kindergarten und Schule gerne unterstützen. Aber ich habe nicht genug Zeit. Wenn ich mittags Fotos der Kinder ausdrucken, Kuchen backen, Schulhefte kaufen und beim Martini-Markt am Stand stehen muss, habe ich keine Zeit für mich, zum Ausruhen, für meinen Job und nicht für die Kinder. Mein Kopf ist dauernd voll mit Erledigungen und ich finde niemals Ruhe, weil ich nach dem Kinder ins Bett bringen um 20:30 Uhr Perlen und Seifenputzer für das Adventsbasteln zusammen suche und das U-Heft des Kleinsten kopiere, weil das für eine Untersuchung benötigt wird.
Was ist also zu zun? Ich würde mal sagen, wir sollten nicht immer den Müttern alles in die Schuhe schieben. Ich habe deshalb jetzt meinen Job im Kindergarten quittiert und komplett an Anton übergeben. Ich kümmere mich um alles Schulische und das ist bei zwei Kindern mehr als genug. Übrigens delegiert Anton Termine an mich, sollte er im Büro sein. Aber er ist der, der sich kümmert und sich auch die 120 WhatsApp-Nachrichten reinziehen muss, die so eintrudeln. Abgeben lernen, Kinderdinge wichtig nehmen, den anderen nicht laufend kritisieren, andere Wege respektieren – das Kümmern zu teilen birgt Herausforderungen, das gebe ich gerne zu. Aber es fühlt sich gut an.
Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura