In den letzten Wochen kamen meine Kinder ganz unabhängig voneinander zu mir und wollten etwas wissen. Jimmy interessierte sich für das Wort mit F, das er in der Schule gehört hatte und Luise fragte nach, wo denn jetzt genau die Babys herkommen. Jimmy ist sieben, Luise ist fünf, also durchaus alt genug, um mit ihnen Tacheles zu reden. Geschichten von Störchen und Bienen finde ich albern, aber ich war mir bei Luise auch nicht so sicher, welche Details ich lieber rauslasse. Anton zog sich schnell zurück, also nahm ich das Ruder in die Hand und dachte das erste Mal über Aufklärung für Kinder nach.
Das muss mal raus!
Wir standen gemeinsam im Bad und putzten Zähne, als mir Jimmy geheimniskrämerisch und kichernd das Wort mit Fxxx zuflüsterte. Ein bisschen erschrocken war ich schon, aber ich merkte ihm an, dass er selbst wusste, welche Wirkung die paar Buchstaben hatten. Ich fragte ihn, woher er das Wort kennt und er erzählte es mir. In der Schule haben es ein paar Jungs gesagt und außerdem erwähnt, dass das etwas Verbotenes sei. Manchmal wäre ich zu gerne dabei, wenn sich ein paar Siebenjährige unterhalten, dachte ich, und musste mir das Lachen wirklich verkneifen. Dann habe ich Jimmy aber gesagt, dass die Sache an sich überhaupt nicht unbedingt schlimm und verboten sei, jedenfalls nicht für Erwachsene. Allerdings wäre das Wort nicht fein und es gäbe da ganz andere Ausdrücke für das, was gemeint ist.
Wo sind die Grenzen?
Na toll, nun musste ich wirklich zur Sache kommen. Aber in der Tat war mir dieses Thema wichtig, denn ich finde, Kinder haben ein Recht auf Aufklärung und auch auf ihre eigene Sexualität. Noch wichtiger als das Recht auf Wissen ist mir aber in diesem Zusammenhang, dass sie Bescheid wissen über ihren Körper, ihre Grenzen und die Grenzen anderer. Kinder vor Missbrauch zu schützen funktioniert meiner Meinung nach am besten, wenn wir ihnen von klein auf erklären, dass sie der Herr oder die Herrin über ihren eigenen Körper sind. Dass Niemand, auch Mama und Papa nicht, sie anfassen, umarmen oder küssen darf, wenn sie das nicht möchten. Und dass gewisse Körperbereiche unterhalb des Bauchnabels nur von ihnen selbst berührt werden dürfen, wenn sie alleine für sich sind.
Ebenso gilt das für ihre Freunde. Wenn Luises Freundin nicht umarmt werden möchte, muss Luise das akzeptieren. Der zweijährige Oskar ist zur Zeit ein leidenschaftlicher Küsser. Aber nicht alle kleinen Fräuleins finden das toll. Zwar reagiert er momentan beleidigt, wenn ich ihn darauf hinweise, schmeißt sich gar auf den Boden und vergräbt sein Gesicht in den Händen, aber in ein zwei Jahren wird er es noch besser verstehen.
Du Uhrensohn!
Zurück zu Jimmy: er interessiert sich überhaupt nicht für Mädchen, dafür wird er in seinem Verhalten gerade merklich älter. Wer ist größer, besser, schneller im Fußball, wer kann die tollsten Tänzchen auf dem Platz, wenn ein Tor gefallen ist? Und er hat über den Fußball viel Kontakt zu älteren Jungs, die für ihn eine faszinierden Sprache sprechen. Luise ist ein Uhrensohn, rief er neulich durch den Supermarkt und wusste genau, dass er mit diesem seltsamen Wort ein paar Glocken zum Klingeln brachte.
Wir sprachen dann darüber, was das für ein Wort ist, dass es eigentlich anders heißt und was dahinter steckt. Dass es andere Menschen verletzt und beleidigt und Jimmy das Wort lieber schnell aus seinem Wortschatz verbannt. Zuhause durfte er es nochmal sagen, irgendwie musste es raus. Dann war es aber gut. Ich mache mir in dieser Beziehung auch keine Gedanken, denn die Kinder wissen die Macht der Worte einzuschätzen und haben so zu sprechen gelernt, wie wir es hier zuhause machen. Wenn er in Schule und Fußballverein mal mit vulgärem Wortschatz in Kontakt kommt und das eine oder andere Wort ausprobiert, wird es auf ihn lange nicht so viel Einfluss haben wie die Art, wie unsere Familienmitglieder und seine besten Freunde sprechen – respektvoll und einigermaßen gewählt.
Aufklärung im Kindergarten
Als nächstes fing Luise mit dem Baby-Thema an: Wie kommt denn das Baby in den Bauch der Mama, fragte sie. Und weil ich nicht so recht weiter wusste, habe ich mit ihr zwei Bücher aus der Bücherei ausgeliehen: Wir entdecken unseren Körper (Affiliate Link) aus der Wieso Weshalb Warum-Reihe von Ravensburger sowie den Band Woher die kleinen Kinder kommen (Affiliate Link) aus der gleichen Reihe. Hier wird in kindgerechten Worten erklärt, wie das denn so alles wirklich läuft mit den Babys und auch Jimmy hörte interessiert zu.
Irgendwie ist es ja auch für uns Großen manchmal schwierig, die Geschlechtsteile in Worte zu fassen. Meine Freundinnen und ich haben noch bis ins Studentenalter Penis rückwärts gesagt: Sinep. Ganz schön albern, oder? Auch Scheide oder Vagina kam uns nicht über die Lippen. Irgendwie will ich diese Verklemmtheit nicht an die Kinder weitergeben, deshalb lso nennen wir alles beim richtigen Namen. Also nichts gegen lustige Wörter, die sich eine Familie für ihre besten Stücke ausdenkt. Aber im Kindergartenalter dürfen die Kinder schon wissen, wie ihre Geschlechtsteile richtig heißen.
Auch Kinder sind sexuelle Wesen
Witzigerweise habe ich dann ein paar Tage später noch einen spannenden Podcast gehört: Bei SRW2 Wissen lautete das Thema Wie geht gute Aufklärung. Dort wurde spannend und interessant erläutert, wie Kindern verschiedener Altersstufen Sexualität verstehen lernen können. Denn schon kleine Kinder sind sexuelle Wesen, nur eben in einem ganz anderen Sinne als wir Erwachsenen. Es ist auch Quatsch, vor Frühsexualisierung zu warnen, so wie es viele konservative Menschen tun. Im Gegenteil, auch kleine Kinder dürfen Fragen stellen und sollen vernünftige, ihrem Alter entsprechende Antworten bekommen.
Mir ist es außerdem sehr, sehr wichtig, meinen Kindern früh zu erzählen, dass die Welt bunt ist. Dass es Menschen gibt, die das andere Geschlecht lieben, dass es aber auch gleichgeschlechtliche Liebe gibt. Dass sogar Menschen auf die Welt kommen, bei denen nicht klar ist, ob sie männlich oder weiblich sind und die das dann im Laufe des Lebens erst rausfinden. Einige Menschen finden es nie raus und wollen auch keines von beidem sein. Dass das am Ende aber alles völlig egal ist und meine Kinder in ihrem Gegenüber einen individuellen Menschen mit Gefühlen sehen, das ist das, was zählt.
In Sachen Sexualität zählt also vor allem der Respekt voreinander und das Wahren der Grenzen jeder Person. Viel mehr als der Inhalt der beiden Bücher aus der Bücherei müssen Jimmy und Luise dann auch erst einmal gar nicht wissen. Wenn sie älter sind und jugendlich, schaffe ich mir ein weiteres Buch an. Make love (Affiliate Link) von Ann-Marlene Henning. Es wird eine Zeit kommen, da möchten sie mit mir nicht mehr über solche Themen reden und dann ist ein verbünftiges Buch im Schrank viel wert.
Ganz wundervolle Ideen für Aufklärung von Kindern hat auch Susanne vom Blog Hallo liebe Wolke. Sie macht das ganz wunderbar und einfühlsam, finde ich. Schau mal hier nach. Wie machst du das denn so mit deinen Kindern? Hast du weitere Buchtipps, Links oder Ideen?
Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura
Ps.: Ich habe noch tolle Tipps von anderen Eltern bekommen. Ganz viele sind begeistert von dem Buch Peter, Ida und Minimum. Familie Lindström bekommt ein Baby (Affiliate Link) und hier ist noch ein toller kleiner Film von Löwenzahn. Aber Achtung: auf Youtube immer vorher selber mal gucken, ob der Film für die Kinder geeignet ist und sie nicht mit dem Tablet oder dem Handy alleine lassen. Da werden danach nämlich die schlimmsten Empfehlungen angezeigt. Mehr zur Gefahr beim Youtube schauen gibts hier.