Ein Zeichen gegen Mobbing: Mit welchen Irrtümern endlich aufgeräumt werden sollte & was Eltern tun können

Ein Gastbeitrag von Michelle Brey

Tagein, tagaus spielt Mobbing und Cybermobbing für tausende Kinder in der Schule eine Rolle. Dennoch ist Mobbing auch heute noch ein Tabuthema. Nicht selten ignorieren Lehrkräfte und Schulen die Thematik oder kehren sie gar ganz unter den Teppich. „Mobbing? Hier? Auf gar keinen Fall. Mobbing gibt es an unserer Schule gar nicht.“ Auch ich habe diese Sätze gehört. Ich war damals elf Jahre alt, als die Schule für mich wortwörtlich zur Hölle wurde. Heute bin ich 21 Jahre alt und schreibe über Mobbing, um ein Zeichen dagegen zu setzen und dafür zu sensibilisieren.

Tabuthema Mobbing: Eine Geschichte von vielen

Meine Geschichte ist eine von vielen. In den zwei Jahren, in denen mir einige Mitschüler die Hölle sprichwörtlich heiß machten, war der Großteil der Tage nicht mehr als ein Durchbeißen, ein Kampf, sich nicht unterkriegen zu lassen, und ein Hoffen, dass alles irgendwann einmal werden würde wie früher. Mir wurde nicht selten der Vorwurf gemacht, dass ich eben einfach zu schüchtern gewesen sei und mich nicht gewehrt hätte. Doch so schnell, wie ich mittendrin war, konnte ich nicht einmal mit den Wimpern zucken.

Es begann mit Lästereien, die sich in die Höhe schaukelten, und Gerüchten, die hinter meinem Rücken verbreitet wurden. Zettel gespickt mit Beleidigungen, die in der Klasse von Tisch zu Tisch gegeben wurden und tägliche Anfeindungen. Attacken, die nicht für immer verbal bleiben sollten, sondern die irgendwann physisch ausgeübt wurden. Eines Tages kam beispielsweise ein fremdes Mädchen in der Pause auf mich zu, schubste mich aus dem Nichts gegen eine Wand und zischte mir zu, dass sie mich hassen würde.

Meine „Freunde“ nahmen in diesen Jahren leider die Rolle der Unbeteiligten ein. Sie ignorierten es. Damals konnte ich das nicht verstehen. Heute nehme ich es niemandem übel, weil ich weiß, wie viel Courage es benötigt, sich einer Gruppe entgegen zu stellen, die eine/n Klassenkamerad/in Tag für Tag grundlos fertig macht.

„Wenn du gemobbt wirst, dann ignorier es doch einfach“

Meine Eltern setzten jeden möglichen Hebel in Bewegung. Die Schule bzw. die Lehrkräfte, die damals für Vorfälle dieser Art zuständig waren, reagierten jedoch wiederholt nicht. Sie redeten das Mobbing klein. Die Spitze des Eisbergs widerfuhr mir nach knapp zwei Jahren auf dem Heimweg mit meinem Fahrrad. Eine Gruppe von Mitschülern überfiel mich auf der Straße, ich entging nur knapp einem Zusammenstoß mit einem Auto, weil ich aus Panik eine rote Ampel beinahe übersehen hätte. Was folgte, war ein Satz der zuständigen Lehrkräfte, den ich bis heute weder nachvollziehen noch auf irgendeine Weise gutheißen kann: „Wenn du gemobbt wirst, dann ignorier es doch einfach.“

Nachdem meine Eltern der Schule erneut Druck machten und letztlich sogar damit drohten die Polizei einzuschalten, gab es erste Konsequenzen und das Mobbing ebbte nach zwei Jahren langsam ab. Am Ende war nicht ich diejenige, die die Schule verließ. Der Großteil derer, die daran beteiligt gewesen waren, musste aufgrund schlechter Schulnoten die Klasse wiederholen oder gar die Schule verlassen.

Die Geschehnisse habe und werde ich nie vergessen. Und dennoch kann ich heute mit einem Lächeln auf diese Zeit zurückbleiben. Denn das Wichtigste ist, dass man sich nicht für Menschen ändert, die einen ganz offensichtlich nicht so akzeptieren können, wie man eben ist – mit all den Ecken und Kanten. „They laugh at us, we‘re different, we laugh cause you‘re all the same“, [Sie lachen über uns, weil wir anders sind, wir lachen, weil sie alle gleich sind] heißt es in dem Song „Starstruck“ von Robbie Williams, dessen Lyrics/Songtexte ich in diesen zwei Jahren sehr zu schätzen gelernt habe. Und wie es das Schicksal am Ende so wollte, fand ich ein Ende für mein Buch, von dem ich nicht einmal gewagt hätte je zu träumen. Denn nicht immer haben solche Geschichten ein schlimmes Ende. Manchmal gibt es zum Glück auch ein kleines Happy End.

„How To Survive Mobbing“: Ein Buch als Zeichen gegen Mobbing

Doch in meinem Buch How To Survive Mobbing (Affiliate Link) sollte es nicht nur um meine eigene Geschichte gehen. Ich wollte einen Mehrwert für Schüler, Eltern, Lehrer und Schulen bieten. Deshalb entschied ich mich anhand meiner Geschichte theoretischen Aspekten aufzugreifen: Wie definiert sich Mobbing? Welche Rolle spielen Mitläufer und Außenstehende? Wie können Eltern reagieren? Welche Irrtümer sind geläufig? Welche Folgen kann Mobbing haben? Was kann helfen, um Mobbing zu überstehen? Einige der wichtigsten Kernaussagen für Eltern habe ich hier für dich zusammengefasst.

Tabuthema Mobbing: Mit diesen Irrtümern sollte endlich aufgeräumt werden

  • Mobbing endet von alleine wieder.

Das ist ein Irrtum. Denn Mobbing endet nicht, wenn nichts dagegen unternommen wird.

  • Mobbing sei die Schuld des Mobbing-Opfers:

Wohl jeder, der Mobbing erlebt, wird an dem Punkt ankommen, an dem er oder sie sich die Frage nach dem „Warum?“ stellt. Dabei ist es nicht selten der Fall, dass man sich selbst die Schuld gibt oder nach „Fehlern“ sucht. Sei es das Aussehen, die Kleidung, die man trägt, Charaktereigenschaften oder Ähnliches. Man redet sich ein, dass man selbst die Schuld an dem Mobbing trage. Das ist meines Erachtens einer der schlimmsten Trugschlüsse. Jeder Mensch ist einzigartig so wie er ist. Man sollte sich nicht für Menschen ändern, die es nicht wert sind. Mobbing ist immer die Schuld derjenigen, die es initiieren. Die Frage nach dem „Warum?“ könnte nur der Mobbing-Täter beantworten. Doch welche Antwort man hier auch erhalten mag: nichts rechtfertigt Mobbing.

  • Mobbing existiert an Schulen überhaupt nicht.
  • Worte können gar nicht verletzen.
  • Mobbing gab es schon immer, also ist es nicht weiter schlimm.

Tabuthema Mobbing: Wie Eltern reagieren können

  • Ein offenes Ohr für das Kind haben, die Vorfälle ernst nehmen und nicht klein reden.
  • Sich über Mobbing informieren: Was ist Mobbing? Wie definiert sich Mobbing? Wie unterscheidet sich Mobbing von einem Streit?
  • Dem Kind klar machen, dass es nicht die Schuld an dem Mobbing trägt.
  • Alle Vorfälle genau dokumentieren.
  • In die Sprechstunde der Klassenlehrkraft gehen und auf die Vorfälle aufmerksam machen.
  • Die Schule auffordern aktiv zu werden. Vorschläge zur Verbesserung der Situation machen, z.B. Änderungen in der Sitzordnung, verschärfte Aufmerksamkeit der Lehrkräfte in den Pausen, Rundschreiben an alle Lehrer, die die Klasse unterrichten etc.
  • Sich nicht durch Floskeln wie „Ach, das legt sich bestimmt wieder von selbst“ oder „Mobbing gab es doch schon immer, das ist nicht weiter schlimm“ abwimmeln lassen.
  • Nicht lockerlassen!
  • Überprüfen, ob nach den Gesprächen in der Schule tatsächlich auch Taten folgen. Immer wieder nachhaken und sich nicht unterkriegen lassen.

Mobbing: Informationen oder Beratungsstellen gesucht?

Bündnis gegen Cybermobbing e.V. (https://www.buendnis-gegen-cybermobbing.de/)

Zeichen gegen Mobbing e.V. – Gemeinsam stärker. (https://zeichen-gegen-mobbing.de/)

Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (https://www.km.bayern.de/mobbing)

Mobbing in Schulen (http://www.mobbing-in-schulen.de/)

Mobbingberatung – Hilfen bei Mobbing (https://www.mobbingberatung.info/)

Mit meinem Buch wollte ich nie irgendjemanden an den Pranger stellen oder jemandem, der damals an dem Mobbing beteiligt war, nachträglich die Schuld zuweisen. Für mich ist die Vergangenheit passé. Ich habe meine Geschichte nur aus einem Grund verschriftlicht: um ein Zeichen gegen Mobbing zu setzen.

Stay who you are, deine Michelle.

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