So baust du dir dein Unterstützungs-Netzwerk

Puuuh, war das mal wieder anstrengend! Morgens die Kinder fertig gemacht, dann ab ins Büro gedüst, Kinder abgeholt, Mittagessen gemacht, Hausaufgaben betreut, nachmittags auf den Spielplatz, Abendessen und alle fürs Bett fertig machen.

Oder acht Stunden am Schreibtisch sitzen und sich in den wenigen freien Minuten um die Kinder kümmern, damit sie nicht zu kurz kommen.

Oder den ganzen Tag mit einem Babyzuhause sein, das viel weint und am liebsten 24 Stunden am Stück auf dem Arm ist.

Oder zu Corona-Zeiten Teenies erklären, dass Hausaufgaben wichtig sind, nebenher Mails beantworten, Einkaufslisten schreiben und Telefonate entgegennehmen.

So war das nie gedacht!

Eltern sein ist mitunter echt stressig und ehrlich gesagt war es niemals so gedacht, das alles alleine zu schaffen. Wenn wir ehrlich sind, reichen nicht einmal zwei Personen für so einen Alltag, denn am besten hat man überall HelferInnen, die einen dabei unterstützen, unsere geliebten Kinder groß zu ziehen und dabei nicht die Nerven zu verlieren. Was wäre es entspannend, wenn wir den Tag in Ruhe beginnen, mittags eine Pause einlegen und abends auch mal was für uns tun könnten? Ganz ehrlich, dann wäre ich auch immer super geduldig im Umgang mit meinen Wackelzahn-Kindern. Aber wer kann sich diesen zeitlichen Luxus schon erlauben…

Drei Erwachsene, vier Kinder – passt!

Für zwei Tage ist gerade meine Schwester zu Besuch, die hier in der Nähe beruflich zu tun hat. Anton hat montags seinen kurzen Arbeitstag und daher spielt er gerade mit Jimmy unten Tischtennis auf dem Esstisch. Meine Schwester kümmert sich um Oskar, der vom Kindergartentag erschöpft ist und alle zehn Minuten weint, weil er das Memory-Spiel verloren hat oder sein Feuerwehr-Auto nicht findet. Währenddessen arbeite ich am Schreibtisch und schaue ab und zu nach Luise, die mit ihrer Freundin spielt. Wir sind drei Erwachsene für vier Kinder und so gehts eigentlich gerade. Vielleicht lachst du jetzt laut auf, weil du sowas sonst komplett alleine stemmst. Ist es ein Wunder, dass Eltern mental belastet sind, wenn sie alles auf einmal und das auch noch solo schaffen müssen?

Mal dir dein Netzwerk auf

Aber solange die Bundesregierung nicht auf die Idee kommt, statt 300 Euro Lego-Abwrackprämie besser pro Haushalt einen Roboter zu sponsorn, der einkauft, sauber macht und mit dem Kleinsten puzzelt, müssen wir uns unser Dorf irgendwie selbst zusammenbasteln. Im wunderbaren und sehr empfehlenswerten Buch von Philippa Perry, Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen (Affiliate Link), gibt es einen hilfreichen Tipp, mit dem du dir dein Netzwerk aufzeichnen und überlegen kannst, wie du es ausbaust. Nimm dir dafür ein Blatt und male in die Mitte einen großen Kreis, in den du „ich“ schreibst. Drum herum malst du weitere Kreise und schreibst alle Menschen, Vereine, Organisationen, Hilfsstellen hinein, die dir einfallen, die dich schon unterstützen oder künftig unterstützen könnten. Es darf gerne phantasievoll sein: Tagesmutter, Freundinnen, den netten Vater des Kindergartenfreundes, ein Mütternetzwerk, die Nachbarin, deine Hausärztin, deine Verwandten, Organisationen, Vereine, Hilfsangebote, Kirchen-Gemeinde, Vereine, Nachbarschaftshilfe oder Babysitterdienste. Nun zeichnest du einen Pfeil mit durchgezogener Linie zu dir, von wo aus dir Hilfe angeboten wurde, und einen gestrichelten Pfeil, wenn du selbst aktiv um Hilfe bitten musst. So hast du einen guten Überblick über all deine Möglichkeiten und siehst, wie du dich um Unterstützung kümmern kannst. Wenn dir nichts einfällt, frag mal andere Eltern, die du so kennst, und auch im Internet gibt es Foren, in denen man sich als Mutter (oder Vater) wohl fühlen kann und nicht abgekanzelt wird.

Denk daran: die Menschen sind oft dankbar, helfen zu können. Auch ältere Menschen möchten gebraucht werden und werden es eigentlich auch. Aber wir haben in den letzten Jahrzehnten den Eindruck gewonnen, wir müssen alles alleine schaffen. Wer klingelt schon freiwillig bei der Nachbarin und bitte sie, eine halbe Stunde auf das Kind aufzupassen? Keiner, und das ist das Problem. Weil scheinbar alle im Umkreis keine Hilfe benötigen, schämen wir uns, wenn wir es tun, und erledigen dann doch wieder alles alleine. Vor allem für alleinerziehende Eltern ist dieser Anspruch fatal.

Wer um Hilfe bitte, ist die wahre Super-Mom

Kinder groß zu ziehen ist ein krasser Job, der alles von uns abfordert. Wir wollen ihn nicht mehr hergeben, aber wir schaffen es einfach nicht alleine. Wenn es dir dennoch schwer fällt, um Hilfe zu bitten, dann überleg dir, wie dein eigenes Kind später denkt, alles schaffen zu müssen. „Mama und Papa haben es auch hinbekommen, ganz alleine, also sollte ich mich nicht so anstellen.“ Oh jee, ich wünsche mir, dass meine Kinder das später nicht von sich erwarten. Schöner fänd ich es, wenn meine Tochter und meine Söhne von Anfang an wissen, dass wir alle helfenden Hände dankend annehmen: Die Tante, die immer wieder zum Babysitten kommt, die Nachbarin, die Windeln und Zahnpasta aus der Drogerie mitbringt. Die Hausärztin, die tröstet und eine Mutter-Kur verschreibt, die Familienberatungsstelle, die dabei hilft, den Alltag zu strukturieren. Die Tagesmutter, die sich liebevoll um das jüngste Kind kümmert oder die beste Freundin, die mal einen Nachmittag die Rasselbande mit auf den Spielplatz nimmt, damit wir eine Stunde auf dem Sofa lümmeln können – ohne schlechtes Gewissen!

Wir haben oft kein Dorf wie früher, aber wir können es uns bauen. Vielleicht nützt dir dabei mein Geständnis: ich habe es nie alleine geschafft. Immer dann, wenn ich dachte, ich müsste es, saß ich irgendwann heulend auf dem Küchenboden oder habe meine Kinder angeschrien. Erst als ich verstanden habe, dass die Ansprüche zu hoch sind, die ich an mich stelle, die aber auch durch Medien, Bücher und die ganze Gesellschaft transportiert wird, ging es mir wirklich besser. Heute schäme ich mich nicht mehr dafür.

Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura

Beratungsstelle gesucht?

Über die Seite bke-elternberatung.de findest du eine Beratungsstelle in deiner Nähe und sogar eine Online-Sprechstunde (Tipp aus der Zeitschrift Freundin). Beratungen von öffentlichen oder freien Trägern findest du auch über deine Stadt oder deine Gemeinde. Erkundige dich einfach mal im Bürgerbüro oder im Rathaus. Auch Kirchen haben Angebote, die du nutzen kannst, ohne dabei missioniert zu werden. Weitere Tipps für Ein-Eltern-Familien findest du hier.

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