Neulich bin ich fast senkrecht die Decke hochgegangen. Das passiert mir so alle paar Wochen und die Gründe dafür sind vielfältig. Natürlich hat es meist mit Stress zu tun, viel zu wenig Pausen, um mal zu verschnaufen, mir selbst geht es nicht so gut und alles kommt zusammen. Zum Beispiel habe ich zu besagtem Zeitpunkt schlecht geschlafen und war auch mittags hundemüde. Die Kinder haben über das Essen gemeckert, Jimmy hatte keine Lust auf seine Hausaufgaben, Luise war wütend aus irgendeinem Grund und als ich Oskar von der Tagesmutter holte (das ist bei uns um die Ecke), wollte er nicht mit mit mitkommen. Bis ich ihn überredet hatte, doch noch nach Hause zu gehen, hatte Luise in der Zwischenzeit zuhause in ihrer Wut alle Brotdosen geöfnet und die vom Frühstück übriggebliebenen Brote und Obststücke im Wohnzimmer verteilt.
Die Wut und das schlechte Gewissen
Das war der bekannte letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Ich bin explodiert, packte mir das Fräulein, brüllte sie an und hätte in dem Moment das Mädchen gerne an die Wand genagelt. Mein Herz schlug, in mir kochte die Wut auf alle Kinder, ich sah rot und war außer mir. Immer mal wieder bringen mich die Kinder an meine Grenzen und ich glaube, davon können alle Eltern ein Lied singen. Meinen Drang, dem einen oder anderen mal einen Klaps mitzugeben, kann ich zum Glück zurückhalten. Aber wenig später kommt zu allem Übel das schlechte Gewissen dazu und ich berichtete Anton an jenem Abend, was ich der armen Luise an Worten an den Kopf warf. Ich bin nach so einem Wutausbruch immer ganz verzweifelt, weil ich die Kinder angeschrienen habe und ungerecht zu ihnen war.
Erst neulich habe ich auf Instagram in meiner Elternsprechstunde über die Wut gesprochen und viele Mütter pflichteten mir bei und erzählten, dass es ihnen ähnlich geht. Wir haben also beschlossen, ein paar Ideen zu sammeln für Dinge, die wir ihn diesen speziellen Situationen tun können. Jeder hat da ja so seine Strategie und wenn wir sie teilen, profitieren am Ende alle davon. Denn seien wir mal ehrlich: wenn bringen die über alles geliebten Kindern nicht mal an seine Grenzen?
20 Ideen für Eltern, um sich abzureagieren
Ich zum Beispiel gehe, wenn ich mal wieder rot sehe, in die Gästetoilette und schmeiße mit Klopapier um mich. Denn in meiner Not habe ich schon Dinge kaputt geworfen, um die es mir hinterher leid tat. Anton fragte mal, ob ich wüsste, warum der Fahrradständer von Jimmy abgebrochen sei. Tja, sorry, lieber Anton, das war ich in meiner großen Wut. Habe ich bisher nur nicht zugegeben. Aber hier kommt eine Liste mit Dingen, die wir im Akutfall tun können und vielleicht ab und an helfen, nicht zu ungerecht zu werden. Ansonsten kann ich dir nur mit auf den Weg geben. Es ist ganz normal, auch mal an die Decke zu gehen. Und sicherlich werden wir ab und an ungerecht in unserer Wut. Wichtig ist dann, sich ehrlich bei den Kindern zu entschuldigen und ihnen zu erklären, warum wir uns so geärgert haben. So lernen die Kinder auch noch etwas dabei: es ist nomal, dass jeder Mensch Grenzen hat und auch mal sauer sein darf, wenn diese überschritten werden. Entschuldigen gehört dazu, ist wichtig und auch Erwachsene entschuldigen sich bei den Kleinen. Aber jetzt mal los mit den Tipps, die wir gesammelt haben:
- einen doppelten Espresso trinken
- ein Stück Schokolade essen
- sich in ein Zimmer verziehen
- dort mit Klopapier oder anderen weichen Gegenständen „randalieren“
- auf die Terrasse/den Balkon/in den Garten gehen und tief Luft holen
- die Elefantenatmung machen: Übung aus dem Yoga, hüftbreit aufstellen, die Arme nach unten nehmen, tief einatmen und die Arme dabei weit nach oben reißen, fallen lassen und dabei tief ausatmen. Das Ganze drei mal wiederholen. Die Kinder werden staunen…
- bunte Clownsnase, Tiermaske oder andere verrückte Verkleidungsstücke bereit halten und in der Not aufziehen. Befreit und bringt zum Lachen
- Playlist bereithalten mit Musik. Diese laut anmachen und dazu tanzen, singen oder einfach nur anhören
- Video-Playlist mit den lustigsten Videos der Knallerfrauen zum Thema Kinder
- Die Kinder vor den Fernsehen setzen
- Brause- oder Vitamintabletten lutschen, die stark bitzeln
- Ein Lied singen oder summen oder auf einem Instrument spielen
- Topfdeckel aufeinander schlagen
- die Freundin / den Partner / die Partnerin / die Mutter anrufen und die Wut ablassen
- ein Wuttagebuch schreiben und den Ärger in Worte fassen
- auf einen Boxsack oder ein Kissen hauen
- vier Reihen stricken
- einen Schrei loslassen
- schlimme Schimpfwörter ins Kissen murmeln
- auf dem Kindertrampolin hüpfen
- Ein lustiges Buch übers Kinderhaben aufschlagen und darin lesen
Der Wut vorbeugen
Natürlich kann man auch schon Einiges tun, um es selten oder gar nicht so weit kommen zu lassen. Dafür ist es notwendig, sich selbst genug Pausen zu verschaffen. Denn wer ausgeruht oder weniger gestresst ist, der flippt auch selter aus. Ich weiß, das ist sehr schwer, denn wir Eltern haben alle einen durchgetakteten und vollen Tagesplan. Aber vielleicht lässt sich doch die eine oder andere Pause einbauen. Eine Mutter schrieb mir, dass es helfen kann, eine Mittagsruhe einzuführen. Wenn du also mit den Kindern über Mittag zuhause bist, dann erklär ihnen doch, dass ihr von nun an nach dem Essen ein wenig ruht. Sie müssen sich ja nicht hinlegen, können auch leise spielen oder ein Hörspiel anhören. Aber du legst dich demonstrativ aufs Sofa, machst die Augen zu oder liest etwas. Mit etwas Übung wird es zu eurer Routine werden und auch kleine Kinder können diese Ruhe nach ein paar Tagen akzeptieren, sofern sie nicht sowieso mit einschlafen. Auch für Eltern, die vom Job nach Hause kommen, ist eine Pause nötig. Vielleicht kannst du deinen Kindern sagen, dass du kurz mal 15 Minuten brauchst, bevor du dich ihnen widmen oder das Abendessen machen kannst. Mein Papa hat früher immer erst mal Zeitung gelesen. Oder du kuschelst dich mit den Kindern aufs Sofa, gehst mit einem von ihnen eine Runde um den Block, machst ein, zwei Yogaübungen oder hörst ein bisschen Musik.
Ich überlege gerade auch, wie ich es schaffen könnte, nach meiner Mütterkur Pausen in den Tag einzuplanen. Klar, dafür muss ich Arbeitszeit abknapsen. Aber es ist eine Tatsache: Wir brauchen die Pausen wie Luft zum Atmen. Wenn wir sie uns nicht gestatten, explodieren wir immer öfter oder futtern den Stress in uns hinein, was nicht weniger schlimm ist.
Falls du noch ein paar Ideen hast, schreib mir doch gerne. Ideen teilen und gemeinsam eine Sammlung anlegen, so wie hier auf dem Instagram-Kanal, das ist so wunderbar und hilft uns allen. Ich bin mir sicher, jede(r) von uns findet eine gute Idee für den nächsten Wutanfall, die er oder sie umsetzen kann. Ich jedenfalls habe jetzt immer eine pinke Schaumgumminase in der Schublade und werde sie aufsetzen, sobald mich eines meiner geliebten Kinder künftig wieder in den Wahnsinn treibt. Dann bleibt der Fahrradständer sicher heil.
Bleib fröhlich und unperfekt,
deine Laura