Armutsrisiko Mutter sein

Ganz schön mies eigentlich – da habe ich mir jetzt acht Jahre am Stück förmlich den Allerwertesten aufgerissen und mein Leben lang nie so viel gearbeitet wie jetzt, aber mein Rentenbescheid spuckt eine Zahl aus, die zum Heulen ist. Drei Kinder habe ich bekommen, mich gekümmert, die olle Dreckwäsche gewaschen und Brei gekocht. Nachts gestillt, tagsüber getröstet. War hunderte Mal mit nörgelnden und kränklichen Kindern in Arztpraxen, habe nachmittags auf kleinen Kinderstühlen Laternen gebastelt und Stunde um Stunde auf Spielplätzen rumgehangen. Ziemlich oft habe ich die Stunden genossen, in denen ich meine Kinder um mich hatte, ziemlich oft habe ich die Zeit verflucht, in denen sie müde und kaputt und meine Nerven am Ende waren.

Was würde ich anders machen?

Egal, wie fies die Kollegin oder wie hoch der Zeitdruck im Büro war, so anstrengend wie eine Woche Sommerferien mit drei Kindern, die sich laufend zanken, war mein Job niemals. Ich hatte in meinem Leben nie so wenig Schlaf, so viel zu tun und sah nie so fertig aus, seitdem ich Mutter bin. Ich würde mich zwar immer wieder für Kinder entscheiden, aber eines würde ich so nie wieder machen: mich ohne jede Absprache mit Anton über Rentenvorsorge und Elternzeit, Karriere und Ehevertrag in dieses Abenteuer stürzen. Denn leider kommt da Niemand vorbei, der mir mit positivem Schwangerschaftstest und Mutterpass gleich eine dicke Schwarte in die Hand gibt, die eine lange Warnschrift für werdende Mamas bereithält. All das, was darin stehen sollte, musste ich mir selber erarbeiten.

Ich bin mir nicht sicher, ob es mittlerweile besser geworden ist und Frauen verantwortungsvoller mit ihrer Zukunft umgehen als ich damals. Einerseits höre ich Stimmen, die sich schon vor dem Kinderwunsch mit Job, Elternzeit und Co auseinandersetzen. Manchmal erlebe ich aber auch den großen Backlash, je nachdem, wo ich mich herumtreibe.

Desaströse Umstände

So oder so ist es ein Graus, wenn wir uns mal die Zahlen anschauen. Ich habe in einem Text auf Damengedeck beschrieben, wie groß die Gefahr ist, als Mutter im Alter arm zu sein, wie viele Ehen geschieden werden und wie unglaublich hoch der Frauenanteil an Alleinerziehenden ist. Wie schwierig sich die Jobsuche gestaltet, wenn du weiblich bist und Kinder hast. Und wie gerne Mütter aus Bewerbungsunterlagen aussortiert werden.

Eine gute Rendite

Wäre ich heute noch einmal 27 Jahre alt, verheiratet mit Anton und bereit, eine Familie zu gründen, würden wir uns als erstes Mal an den Tisch setzen. Anton verdient als Angestellter im Personalwesen viel mehr als ich, die gelernte Redakteurin. Es stellte sich dann die Frage, wer mit dem Baby zuhause bleibt. Wir hätten natürlich viel mehr Cash, wenn ich ein Jahr Elternzeit nehme, aber dafür ist meine berufliche Karriere im Eimer. Ich werde sehr hart strampeln müssen, um wieder reinzukommen und da hätten wir uns als Alternative überlegen können, dass Anton zuhause bleibt. Es ist bewiesen, dass Vätern die Elternzeit weniger schadet und sie danach fast nahtlos anknüpfen. Das Geld, das uns dann gefehlt hätte, wäre eine Investition in meine Zukunft gewesen, deren Rendite wohl jede Sparanlage um Vieles übertrifft.

Zuhause bleiben und trotzdem vorsorgen

Nicht jede Mutter kann sich vorstellen, schnell wieder arbeiten zu gehen. Aber auch eine Frau, die länger zuhause beim Kind bleibt oder mehrere Kinder bekommt, kann sich absichern. Mal angenommen, ich hätte zuhause bleiben wollen und Anton nicht. Wir hätten uns an den Tisch gesetzt und mal ausgerechnet, wie viel Geld mir durch die Kinderbetreuungszeiten durch die Lappen gegangen wäre. Auf jeden Fall hätten wir den Rentenbeitrag, der mir fehlen würde, festgehalten und anderweitig investiert. Verzichten wir eben auf den Urlaub und legen für mich und meine Zukunft regelmäßig Geld an. Außerdem hätten wir über den Haushalt sprechen können. Wie hat das Patricia auf ihrem Blog das nuf neulich so schön ausgerechnet?

Kommt der Mann um 19 Uhr von der Arbeit, hat sie 7,5 Überstunden gemacht. Sollte sie dann nicht dringend Feierabend haben und der Mann darf mal ein paar Dinge in dem Haushalt machen, den er sich mit der Frau teilt und v.a. darf er ein bisschen Sorgearbeit mit seinen Kindern übernehmen?

Denn selbst wenn eine Mutter oder ein Vater zuhause bleibt und sich um das Kind oder die Kinder kümmert, ist es nahezu unmöglich, alle Aufgaben zu erledigen. Einer alleine schafft es kaum, ohne auf dem Zahnfleisch zu gehen, Alleinerziehende können das bestätigen.

Burnout im Eigenheim

Auch ich saß immer mal wieder heulend in der Küche, weil ich ackerte wie eine Irre, dafür aber nicht belohnt wurde. Weder mit einem entsprechenden Gehalt noch mit Applaus-Rufen. Autorin und Mutter Melissa Petro schreibt in ihrem Artikel Mein Mann hat mir 13,50 Euro pro Stunde dafür bezahlt, dass ich als Mutter zu Hause bleibe über diese Art von Burnout. Auch sie saß einmal weinend da, nach einem Jahr als Vollzeitmutter, und war völlig verzweifelt. Sie schreibt:

Elterliches Burnout ist laut Experten das Ergebnis eines Ungleichgewichts zwischen Anforderungen und Belohnungen, und eigentlich ähnelt es sehr einem Burnout im Job: ein hohes Stresslevel, das Gefühl, nicht zu genügen, eine emotionale Distanz.

Es ist doch ein gesellschaftliches Unding, dass Mütter mit Mental Load und einer angehenden depressiven Verstimmung verzweifeln und nebenher auch noch ein dickes Risiko tragen, arm zu werden. Übrigens sieht es auf Seiten der Männer nicht so viel rosiger aus, denn auch die Last, alleine für das Familieneinkommen verantwortlich zu sein, ist nicht ohne.

Lass uns reden!

Es muss sich also etwas tun! Wir müssen weiterhin über Mental Load und die Überbelastung von Müttern reden. Diese Woche geht es aber vor allem auch um die finanzielle Seite. Daher lade ich dich ein, auf meinem Instagram-Kanal vorbei zu schauen. Ich erzähle, wie ich

  • mich über meine staatliche Rente erkundigt habe
  • anfing, privat vorzusorgen
  • wir uns gegenseitig besser abgesichert haben
  • endlich Verantwortung für meine finanzielle Zukunft übernahm

Ich freue mich, wenn wir das Thema hoch halten und uns endlich dafür einsetzen, dass Muttersein nicht mehr bedeutet, ein hohes Armutsrisiko tragen zu müssen.

Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura

Dazu empfehle ich dir den Text von Katrin Wilkens in der Zeit (mit Bezahlschranke). Ganz große Liebe für diese Frau und ihre eindringlichen Worte!

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