Mama und die Wut: was wir gegen die Dauerbelastung tun können

Neulich ist es wieder passiert: ich bin richtig ausgeflippt. Erst war da diese Diskussion mit den Kindern, dann das Gefühl, dass keiner auf mich hört, dann kam Zeitdruck dazu und wumms! Ich habe rumgebrüllt, gedroht und war außer mir. Hinterher hats mir leid getan. Dabei wollte ich es mit den Kindern doch anders machen.

Woher kommt die Wut?

Ich lese die Bücher von Katja Seide und Danielle Graf schon länger und kann beide Wunschkindbücher (Affiliate Link) sowie das Blog sehr empfehlen. Ihre Sicht auf die Kinder, ihre Art und Weise, von Beziehung zu sprechen und Konflikte zwischen Eltern und Kinder zu erklären, finde ich toll. Aus diesem Grund habe ich neulich, als ich ein Problem mit einem meiner Kinder hatte, mit Danielle gesprochen und ihr die Situation geschildert. Im Prinzip ging es da auch um etwas, das mich oft rasend macht. Sie erklärte mir das Verhalten des Kindes und verwies darauf, mich mit meiner Wut auseinander zu setzen. Woher kommt sie denn? Wieso bin ich so schnell außer mir?

Ganz normale Kinder

Sie hatte recht, im Nachhinein betrachtet verhalten sich alle meine Kinder ihrem Alter entsprechend. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass es normal ist, dass ein Siebenjähriger all seine Schulsachen managen kann und immer alles bei sich hat. Oder dass es ein Kind endlich einsieht und auf literweise Ketchup verzichtet: „Mama, du hast ja recht, dieser Zucker tut mir nicht gut.“ Ebenfalls ist mir klar, dass die Vorstellung von Kindern, die mit Messer und Gabel essen und nicht krümeln, zwar sehr schön, aber im Grundschulalter oftmals nicht realistisch ist. Jimmy, Luise und Oskar – sie sind ganz normale Kinder, die trödeln, ab und zu Dreck und Chaos machen, am liebsten Süßigkeiten essen und sich oft zanken. Und die keine Lust haben, abends das Zimmer aufzuräumen und dann runter zum Essen zu kommen, weil sie gerade so schön Looping Louie spielen. Ich erwarte es dennoch und bin oft sehr sauer, weil die Kinder diesen Erwartungen nicht entsprechen wollen und können.

Zu viel um die Ohren

Es macht mich sogar wahnsinnig und das nicht zu knapp. Als ich mir dann mal Gedanken über diese Gefühle gemacht habe, kam ich auf Folgendes: ich habe dieses typische Mutter-Überforderungs-Gefühl. Mental Load heißt es, wenn man sich gedanklich um alles kümmern muss. Ich schreibe dein Einkaufszettel, kümmere mich um den Urlaub. Ich erledige Banktermine oder besorge Theaterkarten und Gummistiefel. Als reiche mir das nicht, fühle ich mich auch noch verantwortlich für Gott und die Welt. Lieber die Wäsche aufhängen als sie in den Trockner zu tun, lieber alles zu Fuß machen, als das Auto zu nehmen. Das schont die Umwelt, aber nicht meine Nerven. Außerdem übernehme ich gerne Verantwortung, engagiere mich im Verein oder mache den Kassenwart. Also habe ich immer ne Menge an der Backe, selbst- oder fremdverschuldet, dazu Halbtagsjob und Kinderbetreuung am Nachmittag. Noch dazu mache ich es gerne allen recht und bin sogar freundlich, wenn mir einer um 18 Uhr telefonisch ein Zeitungs-Abo anbietet.

Und dann kommt es mal wieder, das Gefühl, dass mir alles zu viel wird. Und weil wir unsere Gefühle ja oft bei den uns Liebsten lassen, entlädt sich das dann bei den Kindern. Hätte ich mal lieber diesen unverschämten Zeitungsmenschen angepampt, der zu später Stunde stört. Ich aber meckere mit Jimmy: Wenn nämlich er keine Lust hat, sich ordentlich an den Tisch zu setzen und beim Essen alles auf den Boden fällt, sagt ein kleines Teufelchen in meinem Kopf: aha, du hast schon so viel Hausarbeit, darauf nimmt dein Sohn keine Rücksicht. Er macht sogar alles noch dreckiger – mit Absicht, weil er genau weiß, wie er isst ohne zu krümeln. Du kannst dir vorstellen, wie ich dann reagiere?!

So gehts nicht weiter

Immer mehr erkenne ich den Zusammenhang zwischen meiner Art, wütend auf die Kinder zu sein und meiner Überforderung im Alltag. Und ich erkenne, dass ich da etwas ändern muss. Denn die Kinder können ja nichts dafür, dass ich so viel um die Ohren habe. Sie werden keine ordentlichen, strukturierten kleinen Menschen, die einen Sinn dafür haben, wenn es Mama mal wieder zu viel wird. (Und ehrlich gesagt wäre es gruselig, es wäre so….) Also komme ich immer wieder auf das eine Ergebnis: ich muss mich selbst entlasten, muss für meine eigenen Grenzen eintreten, muss Veranstaltungen und Verabredungen absagen, um Hilfe bitten und so viel Ruhe suchen, wie es mit Job und Kindern eben geht.

Nur so kann ich auch mit den Kindern wieder besser umgehen und daran arbeiten, meine Wut im Zaum zu halten. Im Buch von Katharina Saalfrank, „Kindheit ohne Strafen (Affiliate Link)“, das mittlerweile neben den Wunschkindbüchern zu meinen Lieblingsbüchern gehört, wird auch das Verhalten von Eltern unter die Lupe genommen. Über das Grenzen setzen schreibt sie:

…Vielmehr ist es wichtig, dass wir Erwachsene uns unserer eigenen Grenzen bewusst werden. Das ist wichtig, damit wir selbst wissen, was wir wollen, und damit wir das dann auch vertreten können. (S. 74)

Überforderung mit Ansage

Was ich mir also vorgenommen habe, ist die Krümelei am Esstisch keineswegs zu ignorieren. Aber nicht mehr auszuflippen, auch nicht wegen verlorener Mützen oder Bleistifte. Den Kindern die eigenen Grenzen klar machen, das gehört natürlich dazu. Ich werde nicht müde, Jimmy freundlich darauf hinzuweisen, dass er bitte probiert, mit Messer und Gabel zu essen und sich ordentlich an den Tisch zu setzen. Ihm zu sagen, dass MIR das wichtig ist, wie wir essen. Aber auch Nachsicht haben mit ihm, sehen, dass Tischmanieren nicht überlebenswichtig sind und an mir selber arbeiten und an meiner Überforderung. Das ist nämlich notwendig, sonst wird sich an meiner Art, mich über Krümel aufzuregen, nichts ändern.

Das habe ich auch aus den Müttersprechstunden auf Instagram verstanden: viele Mütter klagten über all das, was sie leisten müssen und sollen. Alles wird zu viel, der Druck zu groß. Saalfrank schreibt übrigens  einer anderen Dreifach-Mutter, die sich in ihrer Überforderung an sie wendet:

Dieser Zustand ist den meisten Eltern sicher vertraut. Sie (Annika) gerät in eine absolute Überforderungssituation und erlebt inneren Stress. Nicht weil sie als Mutter unfähig ist (auch wenn sich das für viele Mütter so anfühlt), sondern weil Überforderung zum Muttersein (zu Familie insgesamt) dazugehört. Für drei kleine Kinder zu sorgen, Verantwortung zu haben und die Bedürfnisse aller im Blick zu behalten ist quasi Überforderung mit Ansage. (S. 105)

Was tun gegen den Druck und die Wut?

Und was machen wir jetzt konkret, damit wir auch besser mit unseren Kindern umgehen können? Katharina Saalfrank rät, sich einmal damit auseinander zu setzen, was zu all dem Stress führt.

  • Was genau stresst mich im Alltag?
  • Woran merke ich, dass ich in Stress gerate?
  • Was passiert dann im Körper?
  • Wie sorge ich für Entspannung im Alltag? (S. 109)

Ich zum Beispiel bekomme bei viel Stress oft Herzrasen, ich werde ärgerlich und empfindlich und das laute Niesen eines Familienmitglieds macht mich schon wahnsinnig. Dann muss ich die Notbremse ziehen und schnell für mich sorgen: raus gehen, Ruhe suchen, um Hilfe bitten, früh ins Bett gehen, Termine absagen.

Für mich gehört übrigens auch unbedingt der Hinweis dazu, dass diese Symptomatik ganz oft Mütter betrifft. Es sind einfach leider meistens sie, die sich um Kinder, Haushalt und Orga kümmern müssen. Diese Mütter flippen dann aus wie ich und dann kommt zu dieser Überforderung das schlechte Gewissen dazu; ich bin nicht gut zu den Kindern. Kein Wunder, dass das alles noch schlimmer macht. Ich möchte zu diesem Thema noch meinen Text zur gleichberechtigten Elternschaft verlinken, den ich auf Edition F veröffentlicht habe und der sich gegen ein veraltetes Mutterbild ausspricht: Ich habe es satt, Frau und Mutter zu sein.

Herrin über meine Zeit

Ich werde mir außerdem mal all die Zeit-Vampire anschauen, die mir meine Zeit rauben. Zu diesem Thema hat mich der Podcast von Madame Moneypenny sehr inspiriert: wie kann ich meine Zeit besser schützen? Hör ihn dir mal an, sie erklärt total gut, wie wertvoll Zeit ist und wie wir das Priorisieren lernen.

Wichtig finde ich auch immer, sich mit dem Partner zusammen zu setzen und zu überlegen, was genau so sehr anstrengt und ob es da nicht Möglichkeiten gibt, sich gegenseitig zu entlasten. Thinking out of the box, heißt es so schön! Beim nächsten Gehaltsgespräch nach mehr Zeit statt mehr Geld fragen, die Tätigkeiten und Orgadinge im Haushalt aufschreiben und aufteilen, ein Betreuungstandem mit der Nachbarin organisieren, eine Mütterkur machen, abends einen Babysitter engagieren und vielleicht in der Zukunft den Vollzeit-Job reduzieren, wenn es sich finanziell machen lässt.

Am Ende geht es doch vor allem um das Zusammenleben mit unseren Kindern, um Zufriedenheit und Glück für die Familie und uns selbst. Ich möchte nicht mehr immer so schnell wütend werden, die Kinder anmeckern oder für ungute Stimmung sorgen. Ich möchte mich als Mutter nicht für alles zuständig fühlen und auch nicht mehr so streng zu mir sein. Deshalb hat bedürfnisorientierte Erziehung und ein achtsamer Umgang mit den Kindern unbedingt auch etwas mit der Überforderung zu tun, die bei vielen Eltern entsteht, ganz besonders bei Müttern!

Bleib fröhlich und unperfekt,

deine Laura

Gesammelte Mama-Power: Komm doch mal rüber auf meinen Instagram-Kanal. Da bequatsche ich live am Montag, Mittwoch und Freitag vormittags um halb zehn (kann man auch noch bis zu 24 Stunden später schauen) mit einer total netten Mütter-Community genau solche Dinge. Wir geben uns gegenseitig Tipps und machen uns Mut. Am Mittwoch haben wir eine Frau, die als Mütter-Coach arbeitet, zu Gast. Der werden wir mal auf den Zahn fühlen.

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