Zickenkrieg Deluxe: Wenn Frauen sich gegenseitig bevormunden

Neulich auf Twitter

FinanceMaster: Drei Tage durchgeackert – fühle mich wie ein Held. Life is good.

Dadoftwo: Wie bitteschön kann man sich gut fühlen, wenn man nur am Ackern ist?

Financemaster: Versteh die Frage nicht

Dadoftwo: Nichts ist doch so erfüllend wie die Zeit mit der Familie

Financemaster: Oh man, gehts noch? Noch son Vaddi mit Tragetuch, oder was?

Dadoftwo: Ja und, Problem damit? Ich bin hier Hausmann und schmeiß den Laden.

Financemaster: Wie naiv bist du denn? Und wenn dich deine Alte verlässt? Dann stehst du da mit nix.

Dadoftwo: Ich habe meine Kinder, die sind für mich alles. Ich will sie aufwachsen sehen und nicht den ganzen Tag ackern.

Financemaster: Oh man, so ein Geheule. Ihr modernen Väter heult in euren Kaffee, wenn euch dann eure Frau verlässt für einen echten Kerl!

Dadoftwo: Und du, hast du Kinder? Wenn ja, dann verpasst du alles. Erste Schritte, erstes Wort, erster Schultag…

Financemaster: Ja, habe Kinder. Und die kriegen mal die beste Ausbildung, weil ihr Vater ranklotzt und Kohle heimbringt. Wie kann man denn nur zuhause rumhocken, staubsaugen und Hirsekringel formen? Was bist denn du für ein Mann?

Ja, so ging es neulich ab in meiner Timeline. Was, du glaubst mir nicht?

Bluff: Das gibts nur unter Frauen

Tja, erwischt. Stimmt, so reden keine Männer. Echt nicht. So reden nur Frauen. Nicht, dass es keine Männer gebe, die grundsätzlich so denken wie Dadoftwo oder Financemaster. Klar, die gibts. Aber Männer quatschen sich nicht so eklatant in des anderen Lebensentwurf rein, denn was Dadoftwo macht, wie er sein Leben gestaltet und ob er arbeitet oder Kinder versorgt, ist Financemaster vom Grundsatz her völlig egal. Das ist jedenfalls meine Erfahrung. Ganz anders die Frauen. Die haben nicht nur zu kämpfen mit schlechterer Bezahlung oder sind am Arbeitsplatz benachteiligt, weil sie theorisch Kinder kriegen könnten und dann Elternzeit nehmen. Sie müssen nicht nur in Sachen „Me too“ auf die Straße gehen, haben ein größeres Armutsrisiko oder ein bescheidenes Rentenpunktekonto, weil meist sie die Kinderbetreuung machen. Nein, sie spucken sich auch noch gegenseitig dauernd in die Suppe, und zwar ganz besonders gerne und häufig in den sozialen Medien.

Auf Mamiblogs wird nur gehäkelt

Da hat zum Beispiel neulich die hundertsiebzigtausendste Dame öffentlich über Mami-Blogs hergezogen, die nichts anders im Sinn hätten, als Tischdecken zu häkeln und ihre Kinder in Wolle-Seidebodys einzuwickeln. Sie förderten mit dem Mutti-Image die konservative Einstellung, Frauen gehörten an den Herd und zeigten auf Instagram eine heile Welt, die nichts mit der Realität zu tun habe. So der Vorwurf, der noch dazu völlig unbegründet ist, denn politisch ist bei den Elternblogs echt was los!

Das Kind verliert das Urvertrauen!

Dann gibts da aber noch die andere Front, die sich gerne in Foren rumtreibt. Bauchzwerg04 wettert da, wie verantwortungslos es sei, Kinder unter drei Jahren „fremdbetreuen“ zu lassen und gibt zu Bedenken, dass das Urvertrauen des Kindes in die Welt damit für immer und alle Ewigkeiten verloren gehe. Familienbett-Missionarinnen beschimpfen Mütter, die gerne alleine und ungestört schlafen und Mamas, die dem Säugling ein Gläschen verabreichen, könnten es ja gleich vergiften, so die einschlägige Meinung in Mama-Foren.

Kinderkriegen ist eine Schnapsidee

Vor allem aber toben Kämpfe zwischen den Frauen, die für die Kinder lange zuhause bleiben und denen, die früh arbeiten gehen. Und tatsächlich, das Thema ist streitbar: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gleicht in vielen Familien einem ewigen Kampf. Kein Wunder, dass sich so manche Mutter das nicht antut und zuhause bleibt, wenn das Geld denn dafür ausreicht. Die Tatsache, dass Kinderkriegen aus finanzieller Sicht eine ziemliche Schnapsidee ist, obwohl Familien das System tragen, führt oft dazu, dass beide Eltern arbeiten müssen. Nachzulesen im Buch Keine Kinder sind auch keine Lösung (Affiliate Link) von Nina Straßner. Und weil Frauen heutzutage immer besser ausgebildet sind und nicht länger nur die Hauswirtschaftsschule besuchen, um dem Mann später ein Hemdchen knitterfrei bügeln zu können, wollen sie in vielen Fällen auch einfach ihren Job machen, weil er Geld bringt und Spaß macht.

 

Geimeinsam auf die Straße!

Wenn wir uns gegenseitig wirklich unterstützen würden, dann quatschten wir uns nicht in unser Leben, sondern gingen gemeinsam dafür auf die Straße, dass Eltern für die Betreuung ihrer kleinen Kinder mal ordentlich Rentenpunkte bekommen. Dass es ihnen außerdem leichter gemacht wird, wieder in ihren Beruf zurückzukehren. Und für den Fall, dass einer mit den Kindern alleine da steht, er oder sie besser abgesichert ist und das Armutsrisiko für Alleinerziehende sinkt.

Wir Frauen stecken in einer ungeheuren Zerreißprobe, darüber habe ich schon einmal geschrieben und eine Menge Zustimmung bekommen. Einerseits steckt in uns etwas Mütterliches und Behütendes, das ist wohl auch durch die Evolution bedingt. So, wie viele kleine Jungs magisch von Holzschwertern angezogen werden und eine Menge Mädchen ihre Püppchen wiegen, so lieben viele Männer die Arbeit am offenen Feuer (heute bekannt als „Grillen“). Beim einen ist das eben mehr ausgeprägt, bei dem anderen weniger. Und auch wenn wir gegen unsere Gene nichts tun können, so wollen und sollen wir alle frei sein. Jungs sollen mit Puppen spielen, wenn sie wollen. Männer dürfen ihre Babys in der Trage tragen, Mädchen mit Schwertern kämpfen und wir Frauen: wir dürfen und können im Beruf alles geben, wenn wir das möchten.

Was heißt Feminismus?

Ich finde, es bringt überhaupt nichts, Frauen dafür anzuklagen, dass sie auf Instagram die behütende Mama geben, die in ihrer Freizeit Wolljacken klöppelt und ihren frisch gebackenen Hefezopf in die Kamera hält. Wenn wir merken, dass es die Frauen ausschließlich zurück an den Herd zieht, dann müssen wir uns fragen, ob es etwas gibt, was ihnen auf dem Arbeitsmarkt vielleicht Angst oder Sorgen macht. Schlechte Bedingungen gibt es für Mütter genug, da muss man sich nur mal verschiedene Texte hier im Netz anschauen. Oder aber wir lassen sie einfach machen, was sie für richtig halten und hauen nicht auf Twitter in die Keule. Feminismus heißt, als Frau frei zu sein in der eigenen Lebensgestaltung. Wenn ich mich als freier Mensch dafür entscheide, Beruf und Karriere aufzugeben und nurmehr für Mann und Kinder da sein möchte, dann trage ich eben ein gewisses finanzielles Risko und kalkuliere das mit ein. Es meckert doch auch keiner, wenn sich Menschen bei der Bank für ein Haus verschulden oder risikoreiche Finanzgeschäfte abschließen. Das würden wir als Bevormundung rügen.

Übrigens finde ich es ebenso falsch, Müttern ihre Mama-Qualitäten abzusprechen, weil sie wieder arbeiten gehen wollen. Und auch das gibts oft genug. Da kloppen sich die Mamas, weil die andere nicht stillt, sondern sechs Wochen nach Geburt wieder an den Schreibtisch rennt. Denn auch wenn das ihr gutes Recht ist, der Vorwurf, sein Kind im Stich zu lassen, ist immer ein Totschlagargument und tut jeder Mutter weh.

Ich plädiere daher dafür, sich nicht mehr gegenseitig abzukanzeln, sondern gemeinsam für bessere Bedingungen für Eltern einzutreten. Unser aller Ziel ist es doch, dass Mütter und Väter ihr Leben so gestalten können, wie sie es für richtig halten. Sie brauchen vernünftige Bedingungen in der Arbeitswelt, bessere Absicherung gegen Armut und mehr Rentenpunkte für Kinderbetreuung, denn der Job zuhause ist hartes Brot, trotz Hefezopf und Klöppelei.

Bleib fröhlich und unperfekt,

deine Laura

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